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Flucht aus dem Harem

Flucht aus dem Harem

Titel: Flucht aus dem Harem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daria Charon
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dahingestellt.
„Es war selbstsüchtig, dich hierher mitzunehmen“, fuhr Anwar leise fort. „Ich hätte dich bei deinem Vater lassen sollen. Wenn du ihn triffst, dann sag ihm …“ Sie brach ab. Die Stille lastete über ihnen und drohte Leila zu ersticken. „Sag ihm, dass es mir leid tut“, flüsterte Anwar schließlich. „Und dass ich dafür bezahlt habe. Mit meinem Körper und meiner Seele.“
Das war also der Abschied. Ihre Mutter schloss die Augen und drehte den Kopf zur Seite. Leila ließ ihre Hand los, aber Anwar protestierte nicht. Leise erhob sie sich und blickte auf die Gestalt auf dem Bett, deren Unförmigkeit durch zahlreiche Lagen dünner Seide gnädig kaschiert wurde.
Vor der Tür stand Saad Aga und blickte ihr entgegen. Seine Miene blieb vollkommen unbewegt, auch als Leila sich zu ihm neigte. „Gib auf sie Acht, wenn ich es nicht mehr kann, Saad Aga“, sagte sie mit fester Stimme.
Die dunklen Augen des Eunuchen sahen sie mit einem wissenden Ausdruck an, dann legte er eine Hand auf sein Herz und verbeugte sich wortlos.

3

Justins Finger krampften sich um die Reling. Sein Blick war auf die Küstenlinie gerichtet, an der die „Sea Witch“ entlangglitt. Er konnte noch immer nicht fassen, was sich innerhalb der letzten Tage ereignet hatte.
Als Daoud Aga ihm gesagt hatte, dass der neue Pascha ihm eine Audienz gewähren wollte, war es ihm schwer gefallen, die Botschaft zu glauben. Aber noch viel unglaublicher war das, was Karim Pascha ihm in wenigen Worten mitteilte: Anlässlich seiner Machtübernahme würde er zum Zeichen seiner großen Güte zahlreiche Gefangene freilassen. Auch Justin gehörte dazu. Und so wurde er mit einigen persönlichen Habseligkeiten auf ein Segelschiff gebracht, das noch am selben Tag Alexandretta verließ.
Justin drehte sich um und lehnte sich mit dem Rücken an die von der Reling zum Mast aufsteigenden Wanten. Der Blick auf die offene See nahm ihm den Atem. Zehn Jahre lang hatte er nicht weiter gesehen, als die Wände seines Zimmers reichten. Fünfzehn Schritte in die eine Richtung, zwanzig in die andere. Die ungewohnte Weite machte ihn schwindelig und brachte ihn dazu, sich verloren und haltlos zu fühlen, als fiele er in einen schwarzen Abgrund. Er schloss die Augen und atmete tief durch. Alles würde sich finden. Jetzt, wo die endlosen Jahre seiner Gefangenschaft vorbei waren. Zwar hatte er noch keine Zeit gehabt, Pläne zu schmieden, aber die kommenden Wochen, bis das Schiff in London anlegen würde, boten genug Raum, sich zu überlegen, wie es weitergehen sollte.
Er öffnete die Augen wieder und blickte in die sich blähenden Segel unter dem azurblauen Himmel. Einige Möwen umkreisten mit schrillem Geschrei den Mast, als wollten sie ihm Geleit geben. Sein Herz wurde weit. Zum ersten Mal begriff er in aller Deutlichkeit, dass er wirklich frei war.
„Mr. Grenville, wenn Sie möchten, lasse ich einen Lehnstuhl an Deck bringen“, sagte James Harris, der Kapitän, neben ihm. „Die „Sea Witch“ ist kein Passagierschiff, wie Sie sicher wissen, aber natürlich werden wir alles tun, um Ihnen die Überfahrt so angenehm wie möglich zu machen. Der Smutje hat sich bereits nach Ihren persönlichen Vorlieben erkundigt.“
Diese Worte bewiesen Justin, dass der Kapitän vom Pascha für seine Dienste reichlich entlohnt worden war. Er fragte sich nur, warum. Wollte man mit seiner Begnadigung tatsächlich nur ein Zeichen setzen um der „guten diplomatischen Beziehungen willen“, wie der Pascha angeführt hatte?
Er wusste nichts von den Beziehungen der britischen Krone zum Osmanischen Reich. In der Tat wusste er so wenig von allem, was in den letzten zehn Jahren passiert war, dass er sich fühlte, als wäre er ohne Kompass auf dem Weg in eine völlig neue Welt.
„Ich brauche keinen Stuhl, Kapitän Harris, aber danke für das Angebot. Dem Smutje können Sie sagen, dass ich keine besonderen Wünsche habe, was die Mahlzeiten betrifft.“ Er hoffte, dass seine Worte freundlich und bestimmt zugleich klangen. Es war lange her, dass er englisch gesprochen hatte. Daoud Aga hatte ihn die osmanische Sprache gelehrt, im Gegenzug hatte er versucht, dem Eunuchen seine Muttersprache beizubringen. Daoud war zwar ein williger, aber kein allzu talentierter Schüler gewesen. Das führte dazu, dass sie sich zumeist in seiner Sprache unterhalten hatten.
„Wie Sie wünschen, Mr. Grenville. Ich stehe jederzeit zu Diensten, falls Sie etwas benötigen.“ Mit diesen Worten entfernte sich der

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