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Flucht aus dem Harem

Flucht aus dem Harem

Titel: Flucht aus dem Harem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daria Charon
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auf die Lippen. Durch eine vorschnelle Erwiderung könnte ihre Zukunft schneller der Vergangenheit angehören, als ihr lieb war. Zweifellos würde sich eine Lösung finden, mit der ihr Großvater und sie selbst leben konnten, wenn sich Lage etwas entspannt hatte.
„Ich danke dir“, sagte sie deshalb so ruhig wie möglich. „Gibt es in der Gegend eine Schneiderin, zu der ich fahren kann?“
Der Earl zuckte mit den Schultern. „Woher soll ich das wissen? Du wirst warten müssen, bis Lady Dexter nach Hayden Manor kommt. Ich werde sie ersuchen, sich um dich zu kümmern, in all diesen Belangen, von denen ich nichts verstehe.“
„Lady Dexter?“ Kate setzte sich dem Earl gegenüber. Die Gelegenheit, sich mit ihm über ein unverfängliches Thema zu unterhalten, würde sie nicht verstreichen lassen.
„Williams Witwe. Er starb vor mehr als zwei Jahren, seitdem kümmerte sie sich ums Haus und die Ländereien. Und sie kommt mehrmals die Woche vorbei, um zu sehen, ob ich noch lebe.“ Er lachte meckernd. „Zwar gibt sie vor, Pasteten, kalten Braten und Apfelkuchen zu bringen, da Baynes ganz fürchterlich kocht …“ Er brach ab und zog die Brauen zusammen. „Kannst du kochen?“
Kate schüttelte den Kopf.
„Natürlich, nicht einmal das“, stellte er herablassend fest, und Kate schluckte die Bemerkung hinunter, dass Lady Katherine Rosscliff wohl kaum in Haushaltsführung unterrichtet worden wäre, auch wenn man sie nicht nach Alexandretta gebracht hätte.
„Wie gesagt, Lady Dexter kommt hin und wieder vorbei, erzählt mir all den Klatsch und Tratsch, den ich nicht hören will und spielt Schach oder Karten mit mir. Dabei säuft sie mir meinen guten französischen Kognak weg und hat nicht einmal den Anstand, mich gewinnen zu lassen.“ Die Stimme des Earls war lebhafter geworden, und Kate wertete das als Zeichen, dass Lady Dexter durchaus in seiner Gunst stand, auch wenn der Alte das niemals zugeben würde. Seine nächsten Worte bekräftigten ihre Vermutung.
„Als sie hier ankam, hielt ich sie für ein verwöhntes Londoner Großstadtpflänzchen.“ Er schnaubte verächtlich. „Das war sie wohl auch. Aber sie hat sich im Lauf der Zeit gut eingefügt. Und sie war William eine perfekte Ehefrau. Ein Jammer, dass sie ihm keinen Erben schenken konnte.“
„Du verstehst es wirklich, mich neugierig zu machen. Ich bin schon gespannt, Lady Dexter kennen zu lernen.“ Das war keine Lüge. Sie konnte sich an Lord Dexter erinnern - als sie mit ihren Eltern auf den Kontinent gereist war, mochte er knapp vierzig Jahre alt gewesen sein. Wie ihr Vater hatte er häufig in London geweilt, allerdings zum Vergnügen und nicht zur Arbeit, wie ihr Großvater immer wieder verächtlich festgestellt hatte. Dexters Besitz grenzte an die Ländereien, von Hayden Manor und wurde von einem tüchtigen Verwalter betreut, so dass die Abwesenheit des Lords keinen größeren Schaden anrichtete.
„Dexter änderte sich während seiner Ehe sehr zu seinem Vorteil. Er blieb nahezu das ganze Jahr lang hier, nur ein oder zweimal fuhr er nach London, und Lady Serena begleitete ihn.“
Der Earl schwieg und schien in Erinnerungen zu schwelgen. Schließlich seufzte er. „Was soll’s, vorbei ist vorbei. Lady Dexter wird dir behilflich sein, dich wieder an die Zivilisation anzupassen. Wenigstens etwas, worüber ich mir keine Sorgen machen muss.“
Kate verschlang die Finger im Schoß, so fest, dass die Knöchel weiß hervortraten. Sie atmete ein paar Mal tief durch, um sich zu beruhigen. Wenn sie jedes Wort ihres Großvaters persönlich nahm, würde sie vermutlich innerhalb weniger Tage an einem Gehirnschlag sterben. Sie sollte sich auf den positiven Teil der Botschaft konzentrieren: sie durfte auf Hayden Manor bleiben, sie würde neue Kleider bekommen, und sie würde Lady Dexter kennen lernen, die sie sich als gemütliche Matrone vorstellte, mit der sie sich vielleicht sogar anfreunden konnte.
Kate lernte Lady Dexter bereits am nächsten Tag kennen, und sie musste ihre Meinung gründlich revidieren, denn die Frau war alles andere eine gemütliche Matrone.
Sie betrat den Salon, in dem Kate mit ihrem Großvater saß, in einem eleganten Kleid aus dunkelgrünem Mousselin. Die Ausstrahlung, die sie umgab, brachte die Luft um sie herum zum Flirren. Das weizenblonde Haar war auf ihrem Kopf zu einer komplizierten Frisur aufgesteckt, an der die Zofe vermutlich lange gearbeitet hatte. Am meisten überraschte Kate allerdings die Tatsache, dass die Frau höchstens zehn

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