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Flucht aus dem Harem

Flucht aus dem Harem

Titel: Flucht aus dem Harem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daria Charon
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Pläne ihrer Mutter gewesen war, die sie einfach bei Nacht und Nebel auf das Schiff des Paschas geschafft hatte. Sie war damals noch ein Kind gewesen und hatte keine Ahnung gehabt, was vorging, denn ihre Mutter hatte immer nur von einem Abenteuer gesprochen, das ihr bestimmt Spaß machen würde.
Ein Spaß, der ihr Leben zerstört, sie gedemütigt und ihr Herz verhärtet hatte. Und jetzt stand sie vor Jocelyn Tregarth, dem sechsten Earl of Rosscliff, der sie ansah wie einer der Reiter der Apokalypse und von ihr eine Rechtfertigung verlangte.
Sie holte zitternd Luft. „Ich bin geflohen. Ich konnte nicht mehr so leben, wie man es von mir verlangte.“
Jocelyn maß sie schweigend, und die Kälte in ihr verstärkte sich. „Ich habe gedacht … gehofft, dass mich meine Familie aufnimmt.“
Ihr Großvater hustete meckernd. „Deine Familie. Von deiner Familie bin nur noch ich übrig; von der Sippschaft deiner Mutter lebt ja keiner mehr.“
Katherine blickte zu Boden. „Ich bin nicht nur Louises Tochter, ich bin auch die Tochter deines Sohnes. In mir fließt dein Blut, Großvater.“
Statt einer Antwort schnaubte er unwillig. „Glaubst du, das weiß ich nicht? Hältst du mich für senil oder verblödet oder beides?“
„Nein, Großvater“, erwiderte Katherine tonlos. Sie fühlte sich am Ende ihrer Kräfte, müde und nicht in der Lage, mit diesem bösartigen alten Mann die Klingen zu kreuzen.
In das Schweigen hinein sagte der Butler: „Ich werde für Miss Katherine ein Zimmer und ein leichtes Abendessen herrichten. Sie ist sicher müde und hungrig. Euer Lordschaft braucht Zeit, sich an die neue Situation zu gewöhnen. Morgen Früh sieht bestimmt alles ganz anders aus.“ Er berührte Katherine am Ellbogen und ließ ihr damit keine Wahl. Sie knickste. „Gute Nacht, Großvater.“
Der alte Mann starrte sie ungnädig an, dann lehnte er sich zurück und schloss wortlos die Augen. Baynes führte sie aus dem Raum. „Er meint es nicht so. Morgen wird er sich bestimmt darauf besinnen, dass Sie sein einziges Enkelkind sind.“
Katherine nickte, allein ihr fehlte der Glaube. Und ihr fehlte die Kraft für Diskussionen. Die Küche, in die der Butler sie führte, war groß wie ein Ballsaal und leer. Um den Herd standen ein paar Töpfe und Pfannen, das restliche Geschirr war in den Schränken verstaut. Sie setzte sich an den Tisch und wartete, während Baynes aus der Speisekammer Käse, Brot und Schinken holte. Er richtete ihr einen Teller an und brachte auch ein Glas Rotwein.
Katherine aß lustlos. Das Brot war für ihren Geschmack zu trocken und zäh, der Käse zu fett, und der Schinken roch so eigenartig, dass sie ihn beiseite schob. Zumindest der Wein schmeckte, und sie hoffte, der Alkohol möge ihr einen tiefen und traumlosen Schlaf schenken. Doch vor allem hoffte sie, am nächsten Morgen aufzuwachen und festzustellen, dass alles nur ein böser Traum gewesen war.
Doch es war kein böser Traum gewesen, das musste Kate am nächsten Morgen erkennen. Sie war aus der Hölle geflohen, um im Fegefeuer aufzuwachen.
In der Küche trank sie Tee, verschmähte die Eier mit Speck, die ihr Baynes anbot, nahm stattdessen zwei trockene Biskuits und machte sich dann auf den Weg zu ihrem Großvater.
Wie am vergangenen Abend saß er aufrecht in seinem Sessel, das Haar gebürstet, das Hemd gewechselt. Seine Miene allerdings war dieselbe – abweisend und grimmig.
Kate beschloss, seine Stimmung zu ignorieren und rief fröhlich: „Guten Morgen, Großvater, was für ein wunderschöner Tag! Ich war schon draußen, die Luft ist wunderbar klar und frisch. Und das Grün der Bäume wirkt so gesund und saftig, ich hatte ganz vergessen, wie schön es hier ist.“
Ohne auf ihre Worte einzugehen, musterte er sie finster. „Du brauchst anständige Kleider, so kannst du hier nicht herumlaufen.“
Kate blickte hinab auf den hellgelben Kaftan und die bronzefarbenen Hosen, die sie angezogen hatte. Sie wusste nicht, was an dem Aufzug unanständig sein sollte, aber sie wollte wegen einer solchen Kleinigkeit auch keinen Streit anfangen. Dass sie in England andere Kleider brauchen würde, war ihr schon auf dem Schiff klar geworden.
„Ich darf also hierbleiben?“, fragte sie stattdessen und lächelte ihn freundlich an.
„Man mag mir Einiges nachsagen, aber nicht, dass ich meine Pflichten der Familie gegenüber vernachlässige“, entgegnete er mürrisch. „Du kannst hierbleiben, und ich werde überlegen, wie sich deine Zukunft gestalten soll.“
Kate biss sich

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