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Flucht aus dem Harem

Flucht aus dem Harem

Titel: Flucht aus dem Harem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daria Charon
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sagen sollte. Serena klang so entschlossen, dass jedes weitere Wort in Bedeutungslosigkeit verpuffen würde.
„Warst du schon einmal verliebt?“
Die Frage traf Kate wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Was sollte sie darauf antworten? Sie sah Serena an und öffnete den Mund, um die Frage zu verneinen. Doch etwas in den Augen der anderen Frau brachte sie dazu, die Wahrheit zu sagen. „Ich weiß es nicht. Ich war nicht lange genug mit ihm zusammen, um mir wirklich über meine Gefühle klar zu werden. Aber als ich ihn verlassen musste …“ Sie hielt inne, holte tief Luft und fügte hinzu: „Fühlte es sich an, als würde mir das Herz herausgerissen.“
Serena drückte Kates Hand. „Eine bessere Antwort hättest du mir und dir nicht geben können.“
Sie wechselte zu einem belanglosen Thema und bohrte nicht weiter.
Der Tag verging in gelöster Stimmung, und erst als Kate abends im Bett lag, dachte sie an die Unterhaltung zurück. Der Schmerz, den sie solange verdrängt hatte, überwältigte sie, und sie rollte sich unter der Decke zusammen.
Sie vermisste Justin so sehr. Vielleicht hätten sie eine Chance gehabt. Vielleicht liebte er sie tatsächlich und nicht nur die Vorstellung, die er von ihr hatte.
Aber darauf würde sie niemals eine Antwort bekommen.
Zwei Wochen später kehrte Kate nach Hayden Manor zurück. In ihrem Gepäck befand sich über ein Dutzend Kleider für alle Gelegenheiten. Drei weitere würde Mrs. Calmy demnächst liefern. Die mit Serena verbrachte Zeit hatte Kate einiges über das Leben gelehrt, das man als erwachsene Frau hierzulande führen musste, darüber hinaus aber war ihr die Freundin wirklich ans Herz gewachsen.
Sie fühlte sich wesentlich besser als an dem Tag, an dem sie Hayden Manor verlassen hatte und konnte es gar nicht erwarten, ihrem Großvater gegenüberzutreten.
Der Earl saß wie erwartet in seinem Lehnstuhl. Im Gegensatz zu Baynes, der sie voller Freude begrüßt hatte, hob er gerade einmal den Kopf und ließ seinen durchdringenden Blick über sie wandern. Kate wusste, dass sie in dem neuen hellgelben Tageskleid hübsch aussah. Nonchalant streifte sie die Handschuhe ab, die sie dem wartenden Butler reichte und zog die beiden Nadeln aus dem kecken Hütchen, das auf ihren hochgesteckten Locken saß. Dann trat sie auf ihren Großvater zu und lächelte ihn an. „Wie geht es dir?“, fragte sie freundlich und reichte ihm die Hand.
Er schwieg, und Kate blieb nichts übrig, als die Hand wieder zurückzuziehen. Sie spürte, wie sich ihre Selbstsicherheit in Luft auflöste. Wut ergriff sie. Er mochte ein alter, verbitterter, vom Leben enttäuschter Mann sein, aber sie trug daran nicht die Schuld. Sie hatte ebenso gelitten, auch sie war ein Opfer, und alles, was ihr von ihrer Familie geblieben war, saß ihr gegenüber und blickte sie an, als wäre sie sein größter Feind. Und nicht seine Enkelin und einzig lebende Verwandte.
Sie öffnete den Mund, um ihm gehörig die Meinung zu sagen, da verzog er die Lippen, was man mit etwas gutem Willen als Lächeln interpretieren konnte. „Lady Serena hat Mrs. Calmy nicht ohne Grund empfohlen. Du siehst tatsächlich aus wie eine englische Lady und nicht wie eine letztklassige Jahrmarktsattraktion. Zwar habe ich die Rechnung für geradezu unverschämt gehalten, aber ich erkenne gute Arbeit, wenn ich sehe. Und was diese Schneiderin an dir vollbracht hat, grenzt an ein Wunder.“
Kates Kopf wurde ganz leer. Sie kämpfte damit, nicht in eine Ohnmacht zu sinken, obwohl das vielleicht die einfachste Lösung gewesen wäre. Ihre Fingernägel gruben sich in die Handflächen, und sie atmete tief durch.
„Es freut mich, dass du für dein Geld bekommen hast, was du wolltest“, sagte sie ruhig. „Darf ich mich zurückziehen? Die Fahrt war anstrengend.“
„Natürlich. Erhole dich. Wir erwarten einen Gast zum Abendessen.“
„Einen Gast?“
„Ja, Sir Richard Vaughn beehrt uns mit seinem Besuch. Das gibt dir Gelegenheit, deine Umgangsformen – die du bei Lady Dexter hoffentlich auf Hochglanz gebracht hast – zu präsentieren.“
Ein Gefühl der Kälte breitete sich in Kate auf. Nicht einmal er konnte so weit gehen, sie kaum drei Wochen nach ihrer Ankunft an einen Mann zu verschachern.
Doch im Verlauf des Abendessens merkte sie, dass ihr Großvater sehr wohl so weit gehen konnte. Ohne mit der Wimper zu zucken stellte er Kate als seine vom Kontinent heimgekehrte Enkelin vor, und der Gast nahm diese Ankündigung widerspruchslos hin. Sir Vaughn war ein

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