Flucht aus dem Harem
beibringen. Und noch so einiges andere.“
Zitternd wandte sich Kate um und sah Sir Vaughn am Türrahmen lehnen. „Morgen werde ich das Aufgebot bestellen, in spätestens drei Wochen bist du meine Frau und wirst mich mit Respekt und Achtung behandeln.“
Ehe sie etwas darauf erwidern konnte, stieß er sich vom Türrahmen ab und ging zurück in den Salon. Seine schweren Schritte hallten im Flur.
Kates Herz raste. Sie musste schnell handeln, ihr Großvater würde mit Sir Vaughn sicher noch den einen oder anderen Kognak trinken. Mehr Zeit brauchte sie nicht. Hastig zerrte sie das Kleid von ihrem Körper, und es war ihr egal, dass der Stoff zerriss und Knöpfe absprangen. Dann schlüpfte sie in ihre Hosen und streifte einen Kaftan über. Die anderen Kleidungsstücke, die sie auf Malta gekauft hatte, raffte sie zu einem Bündel zusammen.
Ihre Finger hatten längst aufgehört zu zittern, als sie eine der Kerzen aus dem Leuchter nahm und ihr Zimmer verließ.
17
„ Kate, um Himmels willen, was ist geschehen?“ Serena eilte die Treppe ins Foyer hinunter und band dabei den Gürtel ihres bunt gemusterten Morgenrocks zu. Aus ihrem zu zwei Zöpfen geflochtenem Haar lösten sich bereits die ersten Strähnen. Die Zofe, die sie geweckt hatte, folgte ihr auf dem Fuße.
Kate sah den beiden Frauen entgegen und umklammerte das Bündel in ihrer Hand. Vergeblich suchte sie nach Worten, um zu erklären, warum sie nicht länger bei ihrem Großvater bleiben konnte.
Mittlerweile hatte Serena sie erreicht und sah sie prüfend an. „Jane, Sie dürfen gehen, wir kommen zurecht.“ Die Zofe knickste gehorsam.
Serena schien zu spüren, dass Kate völlig außer sich war, denn sie zog das Mädchen ohne Umschweife in die Arme. „Sag mir, was passiert ist, keine Sorge, du kannst hierbleiben, so lange, wie du willst.“
Serenas sanfte Stimme und die Wärme, die sie umfing, lösten Kates Anspannung. Sie begann zu weinen, und die Worte sprudelten förmlich aus ihr heraus. Schluchzend berichtete sie, was vorgefallen war.
„Und dann bist du einfach in den Stall gerannt und hast dir ein Pferd geschnappt?“, fragte Serena schließlich ungläubig, während sie weiterhin beruhigend Kates Rücken streichelte.
„Ja. Glücklicherweise hatten wir vor ein paar Tagen Vollmond, sonst hätte ich den Weg hierher nie gefunden.“ Kate hob den Kopf und blickte Serena aus tränennassen Augen an. „Ich darf wirklich bleiben? Du schickst mich nicht wieder zurück?“
„Nein, natürlich nicht.“
„Und wenn mich Großvater holen kommt? Oder Sir Vaughn?“ Kates Unterlippe begann zu beben.
„Selbst wenn Beelzebub persönlich auf meiner Schwelle stünde, ich gäbe dich nicht heraus, Kate, verlass dich darauf.“
Beelzebub schien anderweitig beschäftigt zu sein, doch er schickte schon am nächsten Morgen seine Vertretung in Gestalt von Sir Richard Vaughn. Kate, die mit Serena gerade beim Frühstück saß, fing prompt an zu zittern, sobald der Butler den Besucher ankündigte.
„Du bleibst hier, ich werde schon mit ihm fertig.“ Serena erhob sich und ging in den Salon, wo Sir Vaughn wartete.
„Lady Dexter.“ Er fletschte die Zähne zu einem Lächeln und hob Serenas Hand andeutungsweise an die Lippen.
„Sir Vaughn, nehmen Sie doch Platz.“ Sie deutete auf das Sofa.
„Danke, ich stehe lieber.“ Sir Vaughn verschränkte die Hände hinter dem Rücken und fixierte Serena mit seinen dunklen Augen. „Ich will Sie nicht unnötig aufhalten, Lady Dexter und mache es deshalb kurz: Ich komme im Auftrag des Earl of Rosscliff. Seine Enkelin ist heute Nacht im Zustand geistiger Verwirrung aus dem Haus geflüchtet. Es besteht Grund zur Annahme, dass sie sich bei Ihnen aufhält. Schließlich sind Sie die einzige Person, die sie hier kennt.“
Serena hob die Brauen. „Ach, was war denn der Grund für ihre Flucht? Oder sollte ich besser sagen, für ihre Verwirrung? Gestern Nachmittag, als sie mich verließ, war sie nämlich noch gänzlich unverwirrt und frohen Mutes.“
Sir Vaughn räusperte sich. „Nun, man weiß natürlich nie, was in einem jungen Mädchen vorgeht, das gerade die beglückende Botschaft erhalten hat, sich verheiraten zu dürfen.“
„Auch diese Neuigkeit überrascht mich, Sir Vaughn. Wer ist denn der Glückliche?“
„Der Earl hat mir die Freude erwiesen, meinen Antrag anzunehmen.“ Er strich sich mit der flachen Hand über das schüttere Haar, durch das bereits die Kopfhaut schimmerte.
„Der Earl? Demnach hat man Kate in dieser Angelegenheit also
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