Flucht aus der Zukunft
Wisnack winkte resigniert ab. »Ich weiß nicht. Bud sprach über solche Dinge nie mit mir. Aber ich hörte ihn über Lanoy diskutieren. Es war ein dauerndes Geflüster. Kurz bevor er ging, sprach er nur noch von ihm. Ich habe meine Theorie über Lanoy. Willst du sie hören?«
»Natürlich.«
Lächelnd sagte Beth: »Ich glaube, daß Lanoy der Mann ist, der die Zeitreisen organisiert.«
Helaine hatte auch schon daran gedacht. Aber sie war hergekommen, um das Gegenteil zu erfahren, nicht um ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt zu sehen. Mit zitternden Händen glättete sie ihre Tunika, drehte sich herum und sagte: »Du glaubst wirklich? Hast du irgendeinen Grund dazu?«
»Bud sprach die ganze Woche über Lanoy. Dann verschwand er. Er hat über irgend etwas gebrütet, und es hatte mit Lanoy zu tun. Ich wußte ja nicht, worum es ging. Aber ich habe meine Theorien. Bud traf diesen Lanoy irgendwo. Sie machten ein Geschäft. Und – und ...« Wieder brach der Haß durch. »Und dann verschwand Bud.« Sie sah Helaine an. »Weshalb fragst du?«
»Ich fand einen Zettel in Norms Kleidern«, sagte Helaine. »Eine Art Anzeige. Keine Arbeit? Fragen Sie nach Lanoy. Ich wollte wissen, was das bedeutete, und er wurde sehr verlegen. Er nahm mir den Zettel weg und versuchte mir weiszumachen, daß es eine Art Arbeitsvermittlung sei oder etwas Ähnliches. Ich konnte sehen, daß er log. Er verbarg mir etwas. Aber ich weiß nicht, was.«
»Du solltest dich um die Sache kümmern, Helaine.«
»Glaubst du, daß es so schlimm ist?«
»Ich glaube, daß es das gleiche wie bei Bud ist. Norm steht in Verbindung mit ihnen. Wahrscheinlich versucht er irgendwo das Geld aufzutreiben. Und dann schicken sie ihn zurück. Pfft! Verschwunden. Kein Mann mehr. Die Witwe Pomrath. Zwei unmündige Kinder.« Beth Wisnacks Augen hatten einen merkwürdigen Glanz angenommen. Die Aussicht, daß Helaines Mann unter die Zeitreisenden gehen könnte, schien sie nicht unglücklich zu machen. Elend ruft nach Gleichgesinnten. Helaine wußte das. Sollte jeder Ehemann in der Vergangenheit verschwinden! Vielleicht konnte Beth sich dann wieder freuen.
Helaine zwang sich zur Ruhe.
»Hast du diesen Lanoy erwähnt, als dich die Polizei wegen Buds Verschwinden verhörte?« fragte sie.
»Ja, ich habe ihn genannt. Sie wollten wissen, ob Bud vor seinem Verschwinden unbekannte Leute getroffen hätte, und ich sagte, ich wüßte es nicht, aber er habe einige Male den Namen Lanoy erwähnt. Sie schrieben es auf. Ich weiß nicht, was sie damit anfingen. Bud können sie mir auf keinen Fall zurückbringen. Man kann nämlich nur in eine Richtung reisen. In die Vergangenheit. Sie haben keine Maschinen, um die Leute wieder hierherzusenden. Wer einmal weg ist, kommt nicht wieder. Wenn Norm also geht ...«
»Er geht nicht«, sagte Helaine.
»Aber er trifft sich doch mit diesem Lanoy?« fragte Beth.
»Er hatte nur diesen kleinen Zettel. Es stand nicht mal eine Adresse darauf. Er sagte, er wüßte nicht, wo Lanoy zu finden sei. Und sicher sind wir schließlich auch nicht, ob der Mann etwas mit den Zeitreisen zu tun hat.«
Beths Augen blitzten. »Die Lanoy-Leute sind in Kontakt mit ihm. Das heißt, daß sie ihn jederzeit erreichen können. Also kann auch er sie erreichen. Und sie werden ihn in die Vergangenheit schicken. Er macht den Sprung, Helaine. Du kannst es mir glauben.«
*
Ein Schnellboot brachte sie zu dem prachtvollen Gebäude, in dem sich das Kriminalsekretariat befand. Durch ihre Hartnäckigkeit in den unteren Büros erfuhr Helaine, daß sich ihr Bruder heute im Dienst befand. Schließlich teilte man ihr mit, daß er sie sprechen würde, wenn sie sich ein Weilchen gedulden könnte. Die Maschine verlangte ihren Daumenabdruck, und sie gab ihn ab, und dann saß sie in einem nüchternen Vorraum mit purpurfarbenen Möbeln.
Helaine war die Welt der Geschäftsräume und Roboter nicht gewöhnt. Sie blieb in der Nähe ihres Hauses und besorgte die meisten Einkäufe per Fernbedienung. »Die Stadt« – die Welt am Ende der Schnellbootrampen – jagte ihr Angst ein. Sie zwang sich, kühl zu bleiben. Bei einer so ernsten Angelegenheit mußte sie ihrem Bruder ruhig gegenübersitzen.
»Der Kriminalsekretär möchte Sie sprechen«, verkündete eine ruhige, unpersönliche Stimme.
Sie wurde vor ihren Bruder gebracht. Quellen erhob sich, warf ihr ein kurzes, verlegenes Lächeln zu und bot ihr einen Sessel an. Der Sessel nahm sie auf und begann ihre Rückenmuskeln zu
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