Flucht aus Katmandu
Maschine gewechselt.« Nathan und Sarah schauten nicht besonders glücklich drein, als sie das hörten.
Der Vorgesetzte des Vorgesetzten kam zu unserem Gespräch hinzu, ein weiterer ernster, schlanker Hindu. »Der Flug ist abgesagt«, sagte er. »Politische Gründe.«
Ich schüttelte den Kopf. »RNAC-Piloten bestreiken nur die Flüge nach Lukla und Pokhara – das sind die einzigen, die genug Passagiere haben, damit der Streik was ausmacht.« Meine Befürchtungen über den wirklichen Grund der Absage bestätigten sich langsam. »Wieviele Passagiere hat dieser Flug?«
Alle drei zuckten die Achseln. »Der Flug ist abgesagt«, sagte der erste Vorgesetzte. »Versuchen Sie es morgen.«
Und ich wußte, daß ich recht hatte. Die Maschine war nicht einmal zur Hälfte gebucht, und sie wollten bis morgen warten, um sie voll zu bekommen. (Oder übervoll, aber wen interessiert das schon?) Ich erklärte Nathan und Sarah und Buddha die Lage, und Nathan stürmte zum Abfertigungsschalter und verlangte, daß der Flug planmäßig durchgeführt wurde, und die Aufseher runzelten die Stirnen, als würden sie sich wirklich noch ein Späßchen aus dieser Sache machen können, doch ich zerrte ihn davon. Während ich meinen Freund im Reisebüro anrief, erklärte ich ihm, daß die asiatischen Bürokraten einen Sport (oder vielleicht auch eine Kunstform) daraus gemacht hatten, wütende Kunden vollends auf die Palme zu bringen. Nach drei Versuchen bekam ich eine Verbindung mit dem Reisebüro meines Freundes. Die Telefonistin hob ab und sagte »Yeti Travels!«, was mich zusammenfahren ließ; ich hatte den Namen der Firma vergessen. Dann kam Bill an den Apparat, und ich erklärte ihm die Lage. »Sie wollen mal wieder die Maschine vollbekommen, was?« Er lachte. »Ich rufe die sechs Tickets ab, die wir gestern ›verkauft‹ haben, und ihr müßtet starten.«
»Danke, Bill.« Ich ließ ihm fünfzehn Minuten Zeit, während denen Sarah und ich Nathan beruhigten und Buddha am Fenster stand und die startenden und landenden Flugzeuge beobachtete. »Wir müssen heute noch hier raus!« wiederholt Nathan immer wieder. »Ein zweites Mal fallen sie nicht drauf rein!«
»Das wissen wir bereits, Nathan.«
Ich kehrte zum Abfertigungsschalter zurück. Die beiden Vorgesetzten standen hinter einer Konsole und mieden beflissen meinen Blick. Normalerweise hätte ich es nicht getan, doch mit der Last auf mir, Buddha fortzuschaffen, war ich ein wenig bissig geworden. Als ich die Bordkarten in der Hand hielt, sagte ich zu der Angestellten, laut genug, daß ihre Vorgesetzten es hören konnten: »Der Flug ist wohl nicht mehr abgesagt, was?«
»Abgesagt?«
Ich gab es auf.
16
Natürlich ist eine Bordkarte nur ein Stück Papier, und als nur acht Passagiere die kleine zweimotorige Maschine bestiegen, wurde ich wieder nervös; doch wir starteten planmäßig, Als das Flugzeug vom Boden abhob, sackte ich in meinem Stuhl zurück, und die Erleichterung durchströmte mich wie der Luftzug der Propeller. Bis zu diesem Augenblick hatte ich nicht gewußt, wie nervös ich war. Nathan und Sarah hielten auf den Sitzen vor uns Händchen und grinsten, und Buddha saß neben mir auf dem Fenstersitz und sah auf das Katmandu-Tal hinaus oder auf den flatternden grauen Kreis des Propellers, ich konnte es nicht genau sagen. Ein erstaunlicher Bursche, dieser Buddha.
Wir erhoben uns aus dem grünen Katmandu-Tal und flogen über die Berge in Richtung Norden, hinauf ins Land des Schnees. Die anderen Passagiere, vier Engländer, sahen aus ihren Fenstern, begeisterten sich über den erhabenen Anblick und scherten sich nicht die Bohne darum, daß einer ihrer Mitreisenden doch ein sehr seltsam aussehender Bursche war. In dieser Hinsicht gab es kein Problem. Nachdem die Maschine die normale Flughöhe erreicht hatte, kam einer der beiden Stewards den Gang entlang und bot uns kleine eingepackte Süßigkeiten an, genau, wie andere Fluggesellschaften Getränke oder Mahlzeiten anbieten. Es war unglaublich niedlich, fast wie Kinder, die spielten, eine Fluggesellschaft zu führen, aber der Gedanke war nur solange niedlich, bis man sich daran erinnerte, daß man mit diesen Typen in fünftausend Metern Höhe weilte und sie einen bald über die höchsten Berge der Erde fliegen würden, um dann auf einem winzigen Behelfsflugplatz zu landen. Dann war es gar nicht mehr niedlich, und man ertappte sich dabei, wie man schwer schluckte und versuchte, nicht an Fallströme, Lebensversicherungen,
Weitere Kostenlose Bücher