Flucht aus Oxford
nicht.«
»Trink deinen Kaffee. Natürlich existieren hier die gleichen unschönen Dinge wie in der Stadt. Du musst immer daran denken, dass wir nur wenige Kilometer von Oxford entfernt sind. Wenn du hinter dem Haus auf den Hügel steigst, siehst du die Stadt sogar: die Umgehungsstraße, die Fabriken, Geschäfte, Colleges. Drogen, Alkoholismus und Verbrechen sind nicht fern.«
»Und ich dachte, ich wäre all dem entkommen.«
»Niemand kann diesen Dingen entkommen. Soll ich dir ein Müsli machen?«
»Danke.« Langsam wurde Kate ruhiger. In einer Krise half es fast immer, etwas zu essen. Nach einer Weile sagte sie: »Hattest du nicht vorgeschlagen, wir sollten einen Plan machen?«
»Leider bietet sich nichts besonders Aufregendes an. Wir können nicht losreiten und gegen Drachen kämpfen.« Roz räumte ab und stellte das Geschirr ins Spülbecken.
»Lass mich das machen«, sagte Kate.
»Gut, dann trockne ich ab.« Ihre Mutter nickte.
Sie arbeiteten schweigend und in Gedanken versunken.
»Es handelt sich nicht um deinen Freund Andrew«, sagte Roz. »Dieses Mal nicht.«
»Ich weiß. Aber das Gefühl ist das gleiche. Die furchtbaren Gedanken und Gefühle nach seinem Tod kommen wieder hoch und überfluten mich geradezu. Es ist zu viel, und es ist vor allen Dingen zu früh.«
»Sind wir fertig mit Spülen?«
»Ja.«
»Gut, dann denken wir jetzt darüber nach, was wir tun können. Vielleicht hilft das. Jedenfalls ist jede Art von Aktivität besser, als hier herumzusitzen und zu grübeln.«
»Ich hole Papier und Bleistift«, sagte Kate. »Listen zu erstellen hat mir immer geholfen.«
»Wenigstens etwas, was du von mir geerbt hast«, stellte ihre Mutter zufrieden fest. »Ich hatte bereits befürchtet, dass es zwischen uns keinerlei Ähnlichkeit gibt.«
»Gut«, erklärte Kate, als beide ein Notizbuch und einen Stift vor sich liegen hatten, »am besten fangen wir mit den einfachen Dingen an.«
»Wir wollen wissen, was genau passiert ist«, sagte Roz. »Wie können wir es erfahren?«.
»Dorfzeitung. Klatsch im Laden. Klatsch im Pub.«
»Hm. Was ist mit der Polizei?«
»Leute wie wir bekommen keine Informationen.«
»Schade, dass wir uns keinen netten Polizisten an Land gezogen haben, sondern nur einen Pfarrer«, knurrte Roz.
Kate antwortete nicht sofort, als müsse sie sich besinnen. »Da magst du recht haben«, sagte sie schließlich.
»Dann also das Krankenhaus. Sie ist bestimmt in die Notaufnahme gebracht worden.«
»Wir könnten versuchen, dort anzurufen. Wir sagen einfach, wir wären verwandt.«
»Wenn sie allerdings schon tot war, hat man sie gleich ins Leichenschauhaus gebracht.«
»Dann also der Coroner. Schließlich muss es eine gerichtliche Untersuchung der Todesursache geben.«
»Aber frühestens in ein paar Wochen. In der Zwischenzeit können wir höchstens Tim Widdows fragen. Und natürlich Alison und Ken Fanning.«
»Das wäre wirklich zu viel des Guten«, erklärte Kate. »Dabei hoffst du nur, dass ich sie vergesse, nicht wahr? Schließlich habe ich sie nur ein einziges Mal gesehen. Aber wir haben zusammen beim Tee gesessen und über den Sinn des Lebens diskutiert. Donna war mir sehr sympathisch. Ich fand ihre Ansichten ausgesprochen originell. Sie liebte es, Dinge wachsen zu sehen; Zerstörungswut war ihr fremd. Außerdem wusste sie, wie man Callies Büschen mit der Astschere zu Leibe rückt.«
»Okay«, sagte Roz. »Aber wir wollen beide wissen, was geschehen ist. Ich habe Donna schließlich auch kennengelernt, vergiss das nicht. Wir könnten zum Beispiel damit anfangen, dass wir heute Mittag in den Pub gehen und hören, was die Leute so reden. Anschließend kaufen wir die Dorfzeitung. Dann wissen wir wenigstens das, was alle anderen auch wissen.«
»Hört sich vernünftig an. Traust du dich in die Saloon Bar mit den schweigenden Bauern?«
»Ich denke, wir versuchen es lieber noch einmal in der Buttery, meinst du nicht auch?«
»Gute Idee.«
»Wir sind uns wirklich ähnlich«, sagte Roz etwas später. »Wir können über alles reden, außer über unsere Gefühle. Tief in mir drin gibt es ein schwarzes Loch, in dem ich mich verkrieche und verstecke, sobald sich unbequeme Gefühle anmelden. Bei dir ist es wahrscheinlich genauso.«
»Ich schließe Fenster und Türen hinter mir ab und lege alle Riegel vor«, bestätigte Kate.
»Inzwischen ist es uns so sehr zur Gewohnheit geworden, dass wir es gar nicht mehr bemerken«, konstatierte Roz.
»Aber für die Menschen, die uns
Weitere Kostenlose Bücher