Flucht aus Oxford
Widdows und machte sich auf den Weg den Hügel hinauf. Die Dorfbewohner zerstreuten sich schnell.
9
Gegen Abend frischte der Wind auf. Die ganze Nacht hindurch heulte er um die Schornsteine und rüttelte an Glasscheiben in alten Fensterrahmen. Regen prasselte nieder. Die Blumentöpfe auf den Fenstersimsen schwankten gefährlich und sahen aus, als wollten sie in Richtung London davonfliegen.
»Heute können wir nicht spazieren gehen«, stellte Roz am nächsten Morgen mit Blick auf die durchweichten Wiesen, die tief treibenden Wolken und den grauen Dauerregen fest. »Was um alles in der Welt macht man auf dem Land bei einem solchem Wetter?«
»Lesen. Stricken. Einen Vortrag für den Landfrauenbund vorbereiten.«
»Es muss doch noch etwas anderes geben!«
»In ein heißes Land auswandern.«
Doch Roz reagierte nicht auf den Vorschlag. Was mochte geschehen sein, dachte Kate, dass sie nicht nur nach England, sondern sogar zu ihrer Tochter zurückgekehrt ist?
»Haben wir ein Radio?«, fragte Roz. »Wenn wir schon hier in diesem gottverlassenen Kaff versauern, brauchen wir wenigstens ein paar menschliche Stimmen um uns. Du machst Kaffee, und ich laufe schnell ins Dorf und hole eine Zeitung. In der wahren Welt da draußen passieren Dinge, von denen wir hier nichts mitbekommen.«
Während sich ihre Mutter in den Regen wagte, beschäftigte sich Kate mit der Kaffeemaschine und deckte den Tisch mit Tassen und Schüsseln für die Frühstücksflocken. Roz blieb länger fort als erwartet. Als sie schließlich zurückkehrte, trat sie so zögerlich ein, dass Kate sich umwandte und sie ansah.
»Stimmt etwas nicht?«, fragte sie. Der Gesichtsausdruck ihrer Mutter war außergewöhnlich ernst. Sie schien nicht einmal recht zu wissen, was sie sagen sollte.
»Es gibt leider sehr schlechte Nachrichten«, begann sie vorsichtig.
»In der Zeitung?« Kate hasste es, wenn ihre Mutter unsicher wirkte.
»Keine Ahnung. Ich habe noch nicht nachgesehen.«
»Was ist es dann? Nun rede doch endlich. Bitte!«
»Im Dorfladen gab es kein anderes Thema. Anscheinend haben wir die Krankenwagen und Polizeiautos verpasst, als wir gestern Morgen in Oxford waren.«
» Was ist los? «, schrie Kate sie förmlich an. »Hör auf, herumzustottern, und erzähl mir endlich, was passiert ist.«
»Es muss auch in den Nachrichten des lokalen Fernsehsenders gekommen sein, während wir uns die Krimiserie auf dem anderen Kanal angesehen haben. Unten in Gatts Farm ist eine Leiche gefunden worden.«
»Oh! Weiß man schon, wer es ist? Vielleicht ein Landstreicher?« Bitte , bitte , lass es jemand Namenloses und Unbekanntes sein . Jemand , den ich bedauern und innerhalb weniger Stunden vergessen kann . Lass es niemanden sein , mit dem ich gesprochen habe oder den ich mochte .
»Nein, kein Landstreicher. Es war eine junge Frau.«
Kate stand wie angewurzelt da. Sie wusste, was ihre Mutter als Nächstes sagen würde.
»Es war Donna«, fuhr Roz fort. »Es tut mir so leid um sie.«
»Wie ist sie gestorben? Ein Unfall?« Dies hier war ein Dorf. Vielleicht war das Leben hier manchmal langweilig, aber doch nicht schlecht!
»Im Laden wurden natürlich eine Menge wüster Geschichten und gewagter Theorien verbreitet, aber ich glaube, zurzeit weiß noch niemand etwas Sicheres. Die Dorfzeitung erscheint erst heute Nachmittag. Mal sehen, was drinsteht.«
»Auf die Zeitung darfst du dich nie verlassen. Die Leute schreiben, was ihnen gerade einfällt. Gibt es niemanden, den wir anrufen können? Alison Fanning zum Beispiel. Oder Tim Widdows.« Kate lief wie ein eingesperrtes Tier im Zimmer auf und ab. Ihre Stimme klang fast hysterisch.
»Die wissen bestimmt auch nicht mehr als wir.«
»Ich kann jetzt nicht einfach hierbleiben und die Hände in den Schoß legen. Warum gehen wir nicht zu Gatts Farm hinunter und fragen nach? Ich muss wissen, was passiert ist.«
»Erst einmal schenke ich dir Kaffee ein. Du hast noch nicht gefrühstückt. Iss etwas. Ich glaube kaum, dass man sich über unseren Besuch freuen würde – wir kennen die Leute von Gatts Farm doch überhaupt nicht!«
»Aber ich muss etwas tun. Irgendetwas!«
»Gut, wir machen einen Plan. Aber erst musst du dich beruhigen. Du bist in einem Zustand, der jedem schaden würde.«
»Was mag ihr nur passiert sein? Sie war so stark und so gesund! Für einen Herzinfarkt war sie viel zu jung.«
»Hier auf dem Land wird ganz schön forsch gefahren. Vielleicht war es ein Verkehrsunfall.«
»Das glaube ich
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