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Flucht - Ein Kay-Scarpetta-Roman

Titel: Flucht - Ein Kay-Scarpetta-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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dass er letzte Nacht, als sie es in der Auffahrt abgestellt habe, die Antenne abgebrochen habe. In der Anzeige ist festgehalten, dass ihr Auto wirklich in dieser Nacht in der Auffahrt geparkt war, und als sie an diesem Dienstagmorgen das Haus verließ, hatte sie die abgebrochene Antenne bemerkt. Sie befand sich noch am Wagen, war aber so stark nach hinten abgeknickt, dass sie unbrauchbar war. Der Officer ging nach draußen, sah sich den Wagen an und fand die Antenne in genau dem in der Anzeige beschriebenen Zustand.«
    »Was hat Officer Reed unternommen?«, fragte ich.
    Marino schlug die zweite Seite auf und sagte: »Er riet ihr, von nun an den Wagen in die Garage zu stellen. Sie entgegnete, dass sie die Garage nie benutze, weil sie vorhabe, sie in ein Büro umzuwandeln. Dann schlug er vor, sie solle die Nachbarn bitten, auf fremde Fahrzeuge in der Nähe ihres Hauses oder auf Personen, die ihr Grundstück betraten, zu achten. Er schreibt in diesem Bericht auch, dass sie ihn gefragt habe, ob sie sich eine Handfeuerwaffe zulegen solle.«
    »Ist das alles?«, fragte ich. »Was ist mit den Aufzeichnungen, die zu führen Reed ihr geraten hatte? Steht über die irgendetwas in dem Bericht?«
    »Nein. Reed notierte im internen teil des Berichts: ›Die Reaktion der Klägerin auf die abgebrochene Antenne erschien übertrieben. Sie erregte sich außerordentlich und beschimpfte den aufnehmenden Beamten.‹« Marino schaute auf. »Das heißt im Klartext, Reed hat ihr nicht geglaubt. Vielleicht, dass sie die Antenne selbst abgebrochen und sich die Geschichte mit den Drohanrufen aus den Fingern gesogen hätte.«
    »O Gott«, murmelte ich angeekelt.
    »Hey. Wissen Sie eigentlich, wie viele Knallköpfe regelmäßig mit so einer Scheiße daherkommen? Dauernd rufen irgendwelche Frauen an, die Schnitte oder Kratzer haben, und behaupten, sie seien vergewaltigt worden. Manche von ihnen haben sich dieGeschichte einfach ausgedacht. Die haben eine Schraube locker und wollen, dass man sich um sie kümmert ...«
    Ich wusste alles über eingebildete Krankheiten und Verletzungen, über phantastische Lügengeschichten, Milieustörungen und Psychosen, die Menschen dazu bringen, dem eigenen Körper schreckliche Krankheiten und Verletzungen zu wünschen und sogar zuzufügen. Ich brauchte keine Belehrungen von Marino.
    »Weiter«, drängte ich, »was geschah dann?«
    Er legte den zweiten Bericht auf Wesleys Tisch und nahm den dritten zur Hand: »Beryl rief Reed wieder an, diesmal am 1. Juni, einem Samstag, um Viertel nach elf am Vormittag. Er kam um vier Uhr nachmittags desselben Tages zu ihr und traf die Klägerin in einer verstörten und feindseligen Stimmung an ...«
    »Das kann ich mir vorstellen«, sagte ich trocken, »sie hat fünf verdammte Stunden auf ihn gewartet.«
    »Miss Madison«, Marino ignorierte mich und las Wort für Wort vor, »erklärte, sie habe um elf Uhr vormittags von demselben Mann einen Anruf erhalten mit folgendem Wortlaut: ›Vermisst du mich immer noch? Bald, Beryl, bald. Ich war in der vergangenen Nacht bei dir. Du warst nicht zu Hause. Bleichst du deine Haare? Ich hoffe nicht.‹ An dieser Stelle, sagte Miss Madison, die blond ist, habe sie versucht, mit ihm zu reden. Sie flehte ihn an, sie in Ruhe zu lassen, fragte ihn, wer er sei und warum er ihr das antue. Sie sagte, er habe nicht geantwortet und aufgelegt. Sie bestätigte, dass sie in der vergangenen Nacht, in der der Anrufer bei ihrem Haus gewesen sein wollte, ausgegangen war. Auf die Frage des Officer, wo sie gewesen sei, wich sie aus und erklärte lediglich, sie sei nicht in der Stadt gewesen.«
    »Und was tat Officer Reed dieses Mal, um einer Frau in Not zu helfen?«, fragte ich.
    Marino lächelte mild. »Er riet ihr, sich einen Hund anzuschaffen, und sie meinte, dass sie eine Hundeallergie habe.«
    Wesley öffnete einen Aktendeckel. »Kay, Sie sehen das im Rückblick, im Licht eines schrecklichen Verbrechens, das bereits begangen wurde. Aber Reed musste die Sache vom anderen Endeher beurteilen. Betrachten Sie das Ganze einmal von seiner Warte. Da ist diese junge Frau, die allein lebt. Sie wird hysterisch. Reed tut alles für sie, was er nur kann – gibt ihr sogar die Nummer seines Pagers. Er meldet sich prompt, zumindest beim ersten Mal. Aber sie weicht seinen gezielten Fragen aus. Außerdem hat sie keine Beweise. Jeder Officer wäre da skeptisch geworden.«
    »Ich an seiner Stelle«, pflichtete Marino bei, »hätte mir auch gedacht, dass die Frau einfach

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