Flucht in die Arme des Maharadschas
Düster starrte sie durch die Seitenscheibe nach draußen.
Obwohl sie schon ziemlich viel gereist war, kannte sie weder Mumbai noch war sie überhaupt jemals in Indien gewesen. Mechanisch nahm sie die farbenfrohe, fremdländische Umgebung in sich auf und merkte kaum, wie sich ihre gedrückte Stimmung angesichts der neuen Eindrücke erhellte. „Hier ist alles so … bunt und vibrierend vor Leben“, stellte sie mit wachsendem Interesse fest.
In dem Moment stockte der Verkehr, und vor der Limousine tauchte ein kleiner Junge mit einem Eimer Wasser in der Hand auf. Breit grinsend machte er sich daran, die Scheiben zu säubern. Als er merkte, wie fasziniert Sophia ihn beobachtete, blitzte es in den dunklen Augen auf, und er eilte auf ihre Wagenseite.
Ash, der sah, wie Sophia in ihrer Handtasche kramte, spürte einen seltsamen Druck in der Brust. Nasreen hatte nichts für die Armen des Landes übriggehabt und aus ihrer Abneigung auch nie einen Hehl gemacht.
„Hier …“ Er zog ein paar Münzen aus der eigenen Tasche und drückte sie Sophia in die Hand, wohl wissend, dass sie kein indisches Geld bei sich hatte.
Genau in diesem Moment fuhr die Limousine an. „Oh, nein! Sag ihm, er soll halten!“ Sofort gab Ash ihre Bitte an den Fahrer weiter, und Sophia reichte dem strahlenden Jungen die Münzen. Dann wandte sie sich an Ash. „Danke“, flüsterte sie mit einem Lächeln, das ebenso warm war wie das, das sie dem kleinen Kerl zum Abschied geschenkt hatte.
Wie leicht wäre es, sich von diesem Lächeln einlullen zu lassen, dachte Ash entschlossener denn je, seine Selbstkontrolle zu bewahren.
Nur wenige Straßen weiter kamen sie in einen Stadtteil, der unglaublich modern und teuer wirkte. Sophia war kein bisschen überrascht, als die Limousine vor dem höchsten und exklusivsten Hochhaus stoppte.
„Mein Koffer“, erinnerte sie Ash und schlug seine Hand aus, die er ihr beim Aussteigen entgegenhielt. Ihn noch einmal zu berühren, erschien ihr viel zu gefährlich.
„Der Fahrer wird dafür sorgen, dass dein Gepäck gleich ins Apartment gebracht wird“, versprach Ash mit einem kurzen Blick auf seine Uhr. Es sollte möglich sein, für Sophia einen baldigen Rückflug nach London zu organisieren. Natürlich hätte er ihr das auch selbst überlassen können, aber das war einfach nicht seine Art. Verantwortungsbewusstsein und Fürsorge anderen Menschen gegenüber waren nun mal vorrangige Charakterzüge eines Maharadschas.
Und sollte er einmal Kinder haben, würde er auch in ihnen das Verständnis für die Pflichten wecken, die mit ihrer privilegierten Stellung und dem damit verbundenen Reichtum einhergingen. Doch auf keinen Fall wollte er sie damit überfordern. Kinder sollten immer noch Kinder bleiben dürfen und sich neben allem gebotenen Respekt auch der Liebe ihrer Eltern sicher sein können.
Als Frühwaise war ihm das leider verwehrt geblieben. Doch Eltern zu haben, war auch keine Garantie für spürbare Liebe, wie man bei Sophia sah.
Sophia! Sofort stand ihm die Szene mit dem Straßenjungen vor Augen. Erneut hatte sie es mit einer kleinen, unerwarteten Geste geschafft, seinen Widerstand zu brechen. Hinter sich hörte Ash das Klackern ihrer Absätze auf dem teuren Marmorboden und schaute sich kurz um. Das dunkle Haar war zerzaust, ihr blasses Gesicht ungeschminkt, die Lippen leicht geöffnet, während sie mit großen Augen die fremde Umgebung in sich aufnahm.
Ein heftiges Ziehen in den Lenden ließ seinen Atem stocken. Er musste unbedingt seine gewohnte Selbstkontrolle zurückgewinnen!
„Zum Lift geht es hier entlang.“
Sophia wäre immer noch am liebsten auf der Stelle umgekehrt, nickte aber nur angesichts seiner harten Miene. Wie das ganze Gebäude erwies sich auch der Lift als technisches Highlight aus Glas und Stahl. Er brachte sie nahezu mit Überschallgeschwindigkeit direkt ins oberste Stockwerk und damit in Ashs privates Penthouse. Der großzügige Wohnraum war nur durch eine Glaswand von der riesigen Dachterrasse getrennt, die einen grandiosen Ausblick über Mumbai bot.
„Setz dich. Ich organisiere uns etwas zum Frühstück.“
„Ich bin nicht hungrig. Am liebsten würde ich gleich wieder zum Flughafen zurückfahren und …“ Ihre Stimme verebbte, als sie merkte, dass sie mit sich selbst sprach. Ash hatte den Raum längst verlassen. Seufzend zog sie ihr Handy aus der Tasche und las mit gerunzelter Stirn eine SMS von Carlotta.
Was hast du dir dabei gedacht, Schwesterherz? Die gesamte
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