Flucht ins Glück: Das Geheimnis von Baxter Hall: Von den Eltern verstoßen (Frauenschicksale im 19. Jahrhundert) (German Edition)
wäre gut, wenn du dich für längere Zeit um deinen Besitz in Wales kümmern würdest."
"Ich hatte sowieso vor, für einige Wochen nach Wales zu fahren, Edward", erwiderte Lord Frederic. "Wie ich dir sagte, ich habe mich in Miss Curtis verliebt und ich möchte mir in Wales darüber klarwerden, wie es zwischen uns weitergehen soll."
Lord Denham schnappte nach Luft. "Heißt das, du denkst nicht nur an eine Liaison mit Miss Curtis, sondern an eine Ehe? Bist du denn von allen guten Geistern verlassen, Frederic? Ihre Familie ist absolut inakzeptabel. Nur ihrem wohlhabenden Vormund hatte es Miss Curtis zu verdanken, daß sie eine gute Schule besuchen konnte. Willst du aus der Gesellschaft ausgestoßen werden?"
"Weil ich eine Liebesehe eingehen möchte? Es sind schon Ehen unter schlechteren Voraussetzungen geschlossen worden, Edward."
Lord Denham beugte sich seinem Schwager zu. "Ich kann dir nur raten, gründlich über deine Entscheidung nachzudenken, Frederic." Er richtete sich auf. "Es ist nicht so, daß ich dich nicht verstehen könnte. Wie gesagt, Miss Curtis ist eine sehr liebenswerte junge Frau, aber Leute unseres Standes müssen in erster Linie an die Familie denken, wenn sie eine Ehe eingehen. Schon im Interesse deiner zukünftigen Kinder bitte ich dich, alle Konsequenzen deines Tuns in Betracht zu ziehen."
"Sei unbesorgt, das werde ich", versprach Lord Frederic. Er hatte vor, sein Herz gründlich zu prüfen, bevor er Anabel Curtis einen Heiratsantrag machte.
Sein Schwager erhob sich. "Versprich mir, schon morgen nach Wales abzureisen, Frederic. Es ist momentan nicht gut für dich, auch nur einen Tag länger in Cornwall zu bleiben."
Frederic begleitete seinen Schwager zum Wagen. Er trug ihm auf, Violette und Elizabeth von ihm zu grüßen. "Sag Violette, daß ich ihr von Wales aus schreiben werde."
"Das werde ich tun, Frederic", versprach Lord Denham. "Ich wünsche dir eine gute Reise."
Lord Duncan blieb bei der Haustür stehen, bis sein Schwager abgefahren war, dann bat er seinen Butler, dem Verwalter auszurichten, daß er ihn nach dem Dinner zu sprechen wünschte. Immerhin hatte er nicht damit gerechnet, sobald nach Wales abzureisen. Seine baldige Abreise lag auch in Anabels Interesse. Solange er sich ihr nicht erklärt hatte, mußte sie ihre Stelle auf Denham Manor behalten. Danach konnte sie ohnehin nicht mehr als Elizabeths Gouvernante arbeiten.
Frederic verbrachte die Zeit bis zum Dinner mit den Vorbereitungen für seine Reise. Danach gab er seinem Verwalter genaue Anweisungen für die Zeit seiner Abwesenheit. Er wußte aus
Erfahrung, daß er sich auf den Mann hundertprozentig verlassen konnte.
Es war schon spät, als er in sein Schlafzimmer hinaufging und sich rasch umkleidete. Auch wenn sein Schwager von ihm erwartete, daß er ohne Abschied von Anabel nach Wales fuhr, das brachte er nicht fertig. Er wollte ihr sagen, weshalb er sich so plötzlich für diese Reise entschieden hatte. Sie hatte ein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren.
In den Stallungen hatte er bereits Anweisung gegeben, ihm sein Pferd zu satteln. Im nördlichen Teil des Parks gab es schon seit Jahrzehnten eine Lücke in der alten Mauer, die den Besitz der Denhams umspannte. So konnte er ungesehen vom Pförtner den Park betreten.
Darcey lag schlaflos in ihrem Bett. Noch immer glaubte sie Frederics Kuß auf ihren Lippen zu fühlen. Nie zuvor war sie glücklicher gewesen als in jenem Augenblick, in dem er sie geküßt hatte. Wenn sie die Augen schloß, sah sie sich mit Frederic in den Ruinen der Kapelle. "Ich liebe dich", hatte er gesagt. "Ich liebe dich."
Weder sein Kuß noch seine Worte hatten ihr gegolten. Er liebte die Frau, die er in ihr sah, nicht Darcey Marlow, die es fertiggebracht hatte, die Identität einer Toten anzunehmen. Sie war sich sicher, daß ihr Frederic diese Lüge niemals verzeihen würde.
Unsere Liebe ist aussichtslos, dachte sie verzweifelt. Selbst wenn sie ihn im Ungewissen darüber ließ, wer sie wirklich war, konnte er sie nicht heiraten. Seine Familie würde niemals zulassen, daß er eine Ehe soweit unter seinem Stand einging. Wenn er sie als Anabel Curtis heiratete, machte er sich in der Gesellschaft unmöglich. Und wie sollte eine Ehe Bestand haben, die nicht einmal unter dem richtigen Namen geschlossen worden war?
Etwas flog gegen ihr Fenster. Sie hörte ein deutliches 'klack... klack... klack...'
Darcey zündete die Kerze auf ihrem Nachttisch an, stand auf und lief barfuß über den weichen
Weitere Kostenlose Bücher