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Flucht vor den Desperados

Flucht vor den Desperados

Titel: Flucht vor den Desperados Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Lawrence
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Colt’s Baby Dragoon Revolver, wie ihn meine indianische Ma früher getragen hatte, nur dass dieser einen Griff aus Elfenbein hatte. So eine Waffe, dachte ich, könnte sich noch als nützlich erweisen. Ich überprüfte, ob sie ungeladen war & probierte sie aus, aber der Hahn war kaputt und sie feuerte nicht. Ich schob sie zurück in ihr Halfter.
    Ich dachte, ich würde gern mal ein Stück mit all diesen Figuren sehen.
    Dann fand ich hinter einem der großen Regale das Beste von allem: Es war ein kleineres Regal mit Kinderkleidung.
    Als ich die Kostüme durchsah, kam mir bei einem von ihnen eine Idee. Es war ein Kleid mit langen Ärmeln aus rotem Baumwollstoff mit kleinen weißen Blumen darauf, sodass es einem, wenn man es von Weitem sah, rosa vorkam. Es war am Hals & an den Ärmelsäumen mit weißen Spitzenrüschen verziert. Ebenfalls auf dem Bügel hing eine dazu passende Haube, & es gab auch weiße Strümpfe & Damenunterhosen und kleine weiße Stiefelchen wie die von Belle Donne. Außerdem waren zwei kleine Frauenperücken vorhanden. Eine mit blonden Ringellöckchen und eine mit dunklen Löckchen.
    Ich streckte die Hand aus & strich mir über den Kopf. Ich habe glattes schwarzes Haar. Es war kurz, weil ich letzten Monat Läuse gehabt & mir Ma Evangeline dasHaar mit Terpentin gewaschen hatte. Und als die Ungeziefer damit immer noch nicht ausgerottet waren, hatte sie mir den Kopf kahl geschoren.
    Ich setzte die blonde Perücke auf und nahm mich in einem hohen & schmalen Spiegel an der Wand in Augenschein. Die goldenen Locken sahen zu meiner matten Gesichtsfarbe & den dunklen Augen falsch aus. Die dunkle Perücke mit ihren herabbaumelnden Löckchen dagegen verwandelte mich völlig.
    Ich zog meinen Wildlederaufzug aus, zog Strumpfhosen an & Unterwäsche & ein Unterhemd & einen weißen Unterrock & darüber das Baumwollkleid. Der Spitzenkragen pikste auf der Haut. Als Nächstes probierte ich die weißen Stiefeletten. Sie passten gerade so. Es dauerte lange, all die kleinen Knöpfe mit einem Knopfhaken zu schließen. Die Perücke und die Haube rundeten die Sache ab. Sich als Mädchen anzukleiden war zeitraubend und ermüdend, als ich aber endlich die Bänder der Haube unter meinem Kinn zusammenband, fand ich, dass sich der ganze Aufwand doch gelohnt hatte. Ich zweifelte, dass eine meiner Mas mich erkannt hätte.
    Jetzt war ich »getarnt«, wie all die Detektive, von denen ich gelesen hatte.
    Ping hatte mir gesagt, dass ich hierbleiben solle, aber ich war zu kribbelig, um zu schlafen, also dachte ich darüber nach, was ich tun konnte.
    Ich erinnerte mich, dass Ping von seinem Onkel bei einer Zeitung erzählt hatte und dass dessen Boss mir vielleicht helfen würde. Außerdem fiel mir ein, wie Belle gesagt hatte, das Recorder’s Office befände sich auf derA Street gegenüber von einer Zeitung. Vielleicht hatte der Boss von Pings Onkel da oben Unterlagen und Karten und kannte womöglich sogar Belle Donne. Ich würde zuerst dorthin gehen, um als Detektiv einige Ermittlungen anzustellen & um Spuren zu finden, die mich zu Belle führen würden. Ich würde meinen Brief zurückholen & ihn zum Recorder’s Office bringen & mein Vermögen kassieren.
    Dann würde ich die Postkutschenfahrkarte nach Chicago kaufen & ein Detektiv werden wie mein Pa.
    Das war mein Plan.
    Ich hängte mir meinen Medizinbeutel um den Hals und stopfte ihn unter den Kragen des Baumwollkleides. Die Glocke läutete, als ich auf die B Street hinaustrat. Ich schloss die Tür hinter mir ab, ließ den Schlüssel in meinen Medizinbeutel gleiten & hielt mich nördlich. Es war schon dunkel, und der Himmel hatte die dunkelblaue Farbe angenommen, die man manchmal an bewölkten Abenden sieht. Es war kalt, und obwohl es noch nicht einmal Oktober war, roch es nach Schnee. Ich überlegte, ob ich zurückgehen und mir einen Schal holen sollte, aber dann entschied ich, keine Zeit zu verschwenden. Ich überquerte ohne weiteren Zwischenfall die Taylor Street und ging in nördlicher Richtung die B Street hinunter.
    Lebhafte Geigenmusik drang aus den Saloons auf beiden Seiten der Straße. Ich versuchte, nicht wieder in diese Benommenheit zu verfallen. Als ich mich einem der Saloons näherte, flogen die hölzernen Schwingtüren auf & eine von beiden knallte mir beinahe ins Gesicht. Ich trat zurück & wartete auf Pistolenschüsse, aber es tauchten nur zwei Männer mit Zigarren auf. Sie setzten sich insüdlicher Richtung auf dem Gehsteig in Bewegung. Während die Türen des

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