Flucht vor den Desperados

an, und plötzlich hielt mich eine Frau mit gelben Ringellöckchen und einem tief ausgeschnittenen pinkfarbenem Mieder am Arm fest und drehte mich zu sich um.
    »Oh, seht euch das an«, sagte sie. »Ein süßer kleiner Indianerjunge, ganz in Fransen und Wildleder. Ist der nicht niedlich?«
    Der Mann neben ihr spuckte Tabaksaft direkt neben meine Füße auf den Gehsteig.
    Ping hatte recht: Ich fiel auf wie eine Grille in einer Schale Reis.
    Ping winkte mir zu, damit ich ihm folgte. Er sprang vom Gehsteig auf die breite & staubige Straße und überquerte sie in der Lücke zwischen zwei sich langsam fortbewegenden Holzwagen.
    Als ich unter dem Vordach hervortrat, erblickte ich ein großes Backsteingebäude auf der anderen Straßenseite. Es war das eleganteste Haus, das ich je gesehen hatte. Es hatte drei Stockwerke, beherbergte Geschäfte im Erdgeschoss und verfügte über Säulen, die einen Balkon stützten, der um die gesamte Front und die mit gewölbten Fenstern besetzten Seiten herumlief. Ein vornehmes Schild unter dem Dach des Gebäudes verriet, dass es sich um das INTERNATIONAL HOTEL handelte. Auf einem anderen Schild an der Straßenecke stand: BÜRO CAL. STAGE Co. Hier muss die Postkutsche nach Chicago halten, dachte ich.
    Das Knallen einer Peitsche und ein saftiger Fluch rissen mich aus meinen Gedanken. Gerade noch rechtzeitig schaffte ich es, einem Paar Ochsen auszuweichen und nicht zu Brei zertrampelt zu werden. Nachdem ich in beide Richtungen geschaut hatte, eilte ich über die staubige Straße Ping hinterher. Er stand oben auf dem Gehsteig und sprach mit einem Chinesen, der einen Anzug trug wie ein Bankier. Ich sprang ebenfalls dort hinauf und wartete.
    Ping und sein Freund schienen in irgendeine tiefgreifende Auseinandersetzung verwickelt zu sein, also schlenderte ich hinüber, um mir ein Schild vor dem International Hotel anzuschauen. Zeig mir etwas, und ich werde es nie wieder vergessen. Folgendes stand auf dem Schild:
    Die Eigentümer des neuen
    INTERNATIONAL HOTEL
    A. S. Paul & I. Bateman
    freuen sich, die Eröffnung des
    BESTEN HOTELS IM GESAMTEN TERRITORIUM
    mitzuteilen.
    Hierzu gehören ein Salon von 5 mal 6 Metern, sowie 10 Schlafzimmer, die so arrangiert wurden, dass zwei von ihnen zu Schlafzimmer und Salon für eine Familie verbunden werden können.
    Vom Dach des Hauses, das von einer etwa 1 Meter hohen Brandschutzmauer umgeben ist, ergibt sich ein fantastischer Blick auf Virginia City & das Land der Umgebung.
    Ein Flaggenmast, 12 Meter hoch, ist dort ebenfalls angebracht.
    Das Gebäude ist vollständig brandgeschützt.
    Allein die Schmiedearbeiten des Hauses kosteten über 4 000 $ .
    Die Gesamtkosten dieses neuen Gebäudes, das Mobiliar abgerechnet, beliefen sich auf 14 000 $ .
    (Das alte Gebäude auf der B Street wird immer noch als Zweigstelle des Hotels weitergeführt & in Kürze durch einen Anbau des neuen Gebäudes ersetzt.)
    Vom INTERNATIONAL HOTEL gehen jeden Tag POSTKUTSCHEN ab, die eine Verbindung mit allen herausragenden Orten in Kalifornien & dem Nevada-Territorium herstellen. Die BAR ist mit den erlesensten WEINEN, SPIRITUOSEN UND ZIGARREN ausgestattet.
    Außerdem werden moderne Verbesserungen kontinuierlich vorgenommen. Deshalb ist klar: Dies ist
    DAS BESTE HOTEL DES TERRITORIUMS.
    Nachdem ich das Schild gelesen hatte, sah ich mir das Schaufenster von Wassermans Warenhaus an und bewunderte eine bemalte Gipsstatue, die einen Mann darstellte und vor einem Schießstand stand.
    Ping diskutierte noch immer, also schlenderte ich zum Büro der Postkutsche hinüber, wobei ich die Augen nach Walt & seinen Männern, aber auch nach Belle offenhielt.
    Als ich dort ankam, verriet mir ein grob gemaltes Straßenschild, dass ich mich an der Ecke C Street und Union Street befand. Die C Street verlief ebenmäßig, aber die Union Street war die steilste Seitenstraße, die ich hier bisher gesehen hatte.
    Dann fand ich, was ich gesucht hatte. An der Außenwand des Gebäudes der Cal Stage Company hing eine Liste der Postkutschenziele & Fahrpreise. Ich ließ meinen Finger daran heruntergleiten, bis ich den Preis von Virginia City nach Chicago gefunden hatte.
    Er betrug 100 Dollar .
    Das kam mir wie ein gewaltiges Vermögen vor.
    Ich musste Belle finden und meinen Brief zurückbekommen. Dann konnte ich mir eine Fahrkarte nach Chicago kaufen und aus diesem Ort verschwinden, wo jeder Mensch und jedes Tier es anscheinend darauf abgesehen hatte, mich umzubringen.
    Ich wollte mich gerade umdrehen und nachsehen,