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Flucht vor den Desperados

Flucht vor den Desperados

Titel: Flucht vor den Desperados Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Lawrence
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auf. »Also, P. K.«, sagte er, »ich bin mir nicht sicher, aber wenn dein Brief echt ist und du ihn wiederbekommen kannst, dann steht dir vielleicht ein Teil von Mount Davidson zu. Damit würdestdu zum Besitzer von der Hälfte aller Minen werden, die wir hier in Virginia haben. Du könntest Millionär sein.«
    Sam Clemens verschluckte sich, und etwas Milchpunsch spritzte ihm aus der Nase. Dan De Quille klopfte ihm auf den Rücken, sodass eine Wolke aus blassgelbem Alkalistaub aufstieg. »Sam«, sagte er. »Jetzt nimm mal ein Bad. Deine Heuwagen-Story wird für heute genügen, denke ich.«
    »Ein Millionär?«, wiederholte Sam Clemens und tupfte sich mit seinem staubigen Taschentuch das Gesicht ab. »Dieser Indianer im Baumwollkleid könnte ein Millionär sein?«
    »Das Badehaus von Selfridge & Bach unten auf der B Street ist gut«, sagte Dan De Quille. »Das Wasser bei denen ist heiß und wird ziemlich regelmäßig ausgetauscht. Sie haben bis Mitternacht geöffnet. Sag Bach, er soll die Sachen verbrennen, die du jetzt anhast.«
    Sam Clemens schaute auf seine staubigen Glieder hinab. Dann kratzte er sich unter den Achseln. »Du hast vermutlich recht. Ich glaube tatsächlich, ich bin verlaust. Aber ich habe keine anderen Sachen.« Er schaute mich an. »Vielleicht leiht mir ja der Millionär einen Dollar oder zwei?«
    Dan De Quille seufzte. Er stand auf, griff in seine Tasche & schnippte Sam Clemens eine Goldmünze zu. »Da hast du zwanzig Dollar«, sagte er. »Bach wird dir was zum Anziehen geben. Reservier dir ein Stockbett im Schuppen nebenan. Du kannst mir das Geld zurückzahlen, wenn du deinen ersten Wochenlohn bekommen hast.«
    Sam Clemens nickte. »Das ist ein guter Plan.« Er steckte sich seine Pfeife in den Mund & schlenderte auf seinen langen Beinen Richtung Tür.
    Kurz bevor er hinaustrat, drehte er sich um & sagte mir: »Ich hoffe, du hast Erfolg, P. K. Ich bete selten, aber ich glaube, in deinem Fall werde ich eine Ausnahme machen.«
    »Danke schön, Sir«, sagte ich. »Und danke für die Smith & Wesson.«
    Als sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, wandte sich Dan De Quille zu mir um. »Smith & Wesson?«
    »Ja, Sir. Mr Clemens war so nett, mir seine siebenschüssige Smith & Wesson Nr. 1 zu geben. Das ist das neueste Modell, bei dem Kugel, Pulver und Zündkappe direkt in der Patronenhülse stecken.«
    »Weißt du denn, wie man mit einer Feuerwaffe umgeht?«
    »Ja, Sir. Ich weiß, wie man mit einer Pistole schießt.«
    »Dann ist es wohl keine schlechte Idee«, sagte Dan De Quille. »Jeder hier in der Stadt hat die eine oder andere Waffe dabei.« Er tätschelte den Colt’s Navy Revolver an seinem eigenen Gürtel. Dann setzte er sich & studierte noch einmal meinen Brief. »P. K.«, fragte er, »hast du jemals den Namen Grosh gehört?«
    »Nein, Sir«, sagte ich. Doch dann kam mir ein Gedanke. »Glauben Sie, das könnte der Nachname des Mannes sein, der den Brief geschrieben hat? Dessen Unterschrift ich nicht entziffern konnte?«
    »Ja, das glaube ich«, sagte Dan De Quille. »Hier in Virginia ist der Name Grosh legendär. Hosea Ballou Grosh undEthan Allen Grosh waren Brüder. Sie hatten ursprünglich drüben in Kalifornien in einem Ort namens Volcano gelebt. Es waren Minenfachleute, die vor etwa zehn Jahren hierherkamen, um nach Silber zu suchen. Silber, verstehst du? Nicht Gold.«
    »Silber«, wiederholte ich.
    »Ganz genau«, sagte Dan De Quille. »Hier waren schon einige Leute, die ihr Glück versucht haben. Sie waren vom großen kalifornischen Goldrausch anno ’49 übrig geblieben. Sie brachten ein bisschen was zusammen, indem sie Gold wuschen, aber beim Graben holten sie nur schweren blauen Schlamm ans Tageslicht. Diese Leute konnten nichts damit anfangen, aber die Grosh-Brüder erkannten, dass der blaue Schlamm Silber enthielt. 1856 schrieben sie ihrem Vater drüben im Osten, dass sie oben im Gold Canyon reichhaltige Silberadern gefunden hatten und dass eine davon ein ›perfektes Monster‹ war.«
    »Ist das gut?«, fragte ich.
    »Das ist sehr gut«, sagte Dan De Quille. »Die Grosh-Brüder standen kurz davor, sagenhaft reich zu werden. Aber sie starben, bevor sie sich ihren Claim sichern konnten.«
    In diesem Moment schwang die Tür der
Territorial Enterprise
mit einem Knall auf, der so laut war wie ein Pistolenschuss. Dan und ich schraken beide aus unseren Stühlen hoch.
    Aber nicht Walt, der Schnitzer, stand in der Tür, sondern ein lächelnder Chinese in weiten blauen Pumphosen und einem

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