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Flucht vor den Desperados

Flucht vor den Desperados

Titel: Flucht vor den Desperados Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Lawrence
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Besitzer und Geschäftsführer, Mr Titus Jepson.«
    Einen Augenblick später kehrte er zurück. »Mr Jepson sagt, jeder Freund von Belle sei auch sein Freund. Was möchtest du gerne essen?«
    »Ich habe gerade gegessen«, sagte ich. »Aber ich habe eine Schwäche für schwarzen Kaffee.«
    Der Kellner nickte. »Kommt sofort.«
    Während ich wartete, musterte ich die Leute. Die Mitgliederder blonden Familie unterhielten sich in einer fremden Sprache. Sie sahen aus & hörten sich an wie Olaf, der Schläger aus Temperance. Ich kombinierte also, dass es Schweden waren. Sie waren kräftig gebaut & ihre Köpfe hatten die Form von Würfeln.
    Die Frau in der Ecke erinnerte mich an meine Lehrerin in Dayton, Miss Marlowe. Aber Miss Marlowe ist hübsch, und diese Dame war nun wirklich keine Schönheit. Als sie zu mir herübersah, rümpfte sie die Nase und ließ Gesichtsausdruck Nr. 3 erkennen: Abscheu.
    Die Küchentür ging auf, ein rothaariger Mann steckte den Kopf heraus & schaute mich eine Weile an. Dann verschwand er wieder.
    Einige Minuten später tauchte er mit einem Stück Schokoladentorte mit weißem Überzug und einem dicken Porzellanbecher mit schwarzem Kaffee wieder auf. Er stellte beides auf den Tisch und nahm mir gegenüber Platz.
    »Ich bin Titus Jepson«, sagte er, »Besitzer und Geschäftsführer dieses Etablissements.«
    Er war füllig und trug eine fettige weiße Schürze. Daraus kombinierte ich, dass er außerdem auch Küchenchef war. »Gus sagt mir, du seist Amerikaner«, sagte er. »Trotz deiner Aufmachung. Und dass du Belle kennst?«
    Ich nickte und schaute auf das Stück Torte.
    Es sah gut aus.
    Es erinnerte mich an die Torte, die noch zu Hause stand. Die Torte mit dem Schokoladenüberzug & der Lakritzschrift, die Ma Evangeline gebacken hatte. Meine Geburtstagstorte, die niemand essen würde. Ich konnte kaum glauben, dass ich noch immer Geburtstag hatte. Inden vergangenen vier Stunden hatte ich den Tod meiner Pflegeeltern miterlebt, war auf dem Dach einer Postkutsche gefahren, hatte mich unter dem Rock einer gefallenen Taube versteckt, war ausgeraubt worden, & man hatte auf mich geschossen.
    »Na los, greif zu«, sagte Titus Jepson. »Die Torte geht aufs Haus. Wie ich Gus schon gesagt habe: Ein Freund von Belle ist auch mein Freund.«
    Ich nahm mit der Gabel einen Bissen und führte ihn zu meinem Mund. Dann zögerte ich.
    Was, wenn Titus Jepson mit Walt unter einer Decke steckte und wusste, wer ich war?
    Was, wenn die Torte vergiftet war?
    Hatte ich denn gar nichts gelernt aus meinen vier Stunden auf dem Spielplatz des Satans?
    Ich ließ meine Gabel sinken.
    »Magst du keine Schokolade?«, fragte Titus Jepson.
    »Ich liebe Schokolade.«
    »Warum isst du denn dann nichts?«
    Ich sagte: »Ich habe Angst, dass sie vergiftet ist.«
    Titus Jepson kicherte. »Die Torte ist nicht vergiftet, und ich werd’s dir beweisen.« Er zwackte ein Stück ab und aß es. »Das ist meine Comstock-Spezial-Schichttorte. Schokolade mit einer extra Schicht Silber.« Er grinste & offenbarte einen fehlenden Vorderzahn. »Natürlich ist die Glasur nicht wirklich aus Silber. Es ist Zuckerguss mit Vanillegeschmack, darauf kannst du wetten.«
    Ich nahm einen Bissen.
    Es war köstlich.
    Vielleicht sogar noch besser als Ma Evangelines Torte.
    Titus Jepson sagte: »Die Glasur soll für das Silber im Berginneren stehen. Du kannst dir wohl denken, dass ich zu den Ein-Ader-Verfechtern gehöre.«
    »Wie bitte?«
    Er sagte: »Ein Ein-Ader-Verfechter ist jemand, der an die eine Ader glaubt.«
    »Alle reden hier von Adern«, sagte ich und nahm noch einen weiteren Bissen. »Aber ich verstehe gar nicht, was damit gemeint sein soll.«
    »Nun, es ist eine Stelle, wo Silber vorkommt – eigentlich eher eine Art Platte als eine Ader. Einige der Leute hier hängen an der Vorstellung fest, es gäbe viele Adern – so als würden ein paar Pfannkuchen verstreut herumliegen. Aber die meisten von uns sind der Überzeugung, dass nur eine einzige Ader unter unserer Stadt existiert, wie die Glasur deiner Torte.« Titus Jepson deutete mit einem dicken Finger auf mein Tortenstück & sagte: »Darf ich?«
    Ich wusste nicht, was er meinte, also sagte ich: »Ja.«
    Titus Jepson ballte seine rechte Hand zur Faust & drückte meine Schokoladentorte platt.
    Bestürzt blickte ich auf meine zerstörte Torte. Sie hatte mir so gut geschmeckt.
    »Sie haben meine Torte plattgedrückt.«
    Titus Jepson erwiderte: »Stell dir vor, deine Torte ist der Berg. Mount Davidson.«
    Ich

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