Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flucht vor den Desperados

Flucht vor den Desperados

Titel: Flucht vor den Desperados Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Lawrence
Vom Netzwerk:
glänzenden Messingaschenbecher. »Die Füße lügen nicht, P. K. Als Stonewall dich hier hereingebracht hat, konnte ich an deinem Gesicht nicht erkennen, dass du Angst hattest, aber an deinen Füßen. Sie zeigten von mir weg. Als du dich hingesetzt hast, hast du deine Füße um die Stuhlbeine gelegt & dich vorn auf die Kante gesetzt. Du hast deine Hände an deiner Kaffeetasse gewärmt. Wenn wir Angst haben, bekommen wir kalte Hände. Aber jetzt deuten deine Füße in meine Richtung, nicht wahr?«
    Ich schaute zu meinen Füßen runter. Tatsächlich richteten sie sich auf Jace. Woher wusste er das?
    »Woher wissen Sie das?«, fragte ich. »Sie können meine Füße durch den Tisch nicht sehen.«
    »Vor einem kleinen Moment habe ich ganz leicht deine Schuhe mit der Spitze meines Stiefels berührt. Hast du es gemerkt?«
    Ich sagte: »Ja. Aber ich dachte, Sie hätten Ihre Füße einfach bloß anders hingestellt. Was bedeutet es denn, wenn meine Füße auf Sie gerichtet sind?«
    Jace lächelte beinahe. »Es zeigt, dass du Interesse an dem hast, was ich sage.«
    Ich starrte auf meine Füße hinab, die immer noch geradewegs auf ihn zeigten.
    Jace hatte recht. Ich war interessiert.
    Ich war mehr als interessiert.
    Wenn er mir dabei helfen konnte, Menschen zu verstehen, konnte ich möglicherweise meinen Stachel überwinden, ein guter Detektiv werden & in die Fußstapfen meines Vaters treten.
    Ich schaute wieder zu ihm auf.
    Plötzlich lehnte sich Jace dicht zu mir herüber, so dicht, dass ich den Geruch des Kaffees und des Zigarrenrauchs in seinem Atem riechen konnte.
    »Das andere Zeichen, das du gerade gibst«, sagte er, »ist, dass der schwarze Teil deines Auges soeben ein wenig größer geworden ist.« Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück & schaute mich unter seiner Hutkrempe hinweg an. »Das ist etwas, das die Menschen nicht kontrollieren können. Wenn jemand sich freut oder aufgeregt ist, werden seine Pupillen etwas größer. Wenn jemand etwas sieht, das ihm nicht gefällt, schrumpfen seine Pupillen. Den meisten Menschen fallen solche winzige Hinweise nicht auf. Aber mir schon.«
    Mir kam eine Idee. »Wollten Sie deshalb, dass ich gegenüber vom Fenster sitze?«, fragte ich. »Damit mein Gesicht beleuchtet ist?«
    Er sagte: »Bravo, P. K. Mit ein bisschen Übung kann ich dir beibringen, andere Menschen genauso leicht zu durchschauen wie ich.«
    Ich sagte: »Aber ich habe meiner Ma versprochen, dass ich nicht spielen würde. Es war ihr Sterbewunsch.«
    Jace nahm seine Zigarre auf & zog daran. »Das hast du mir bereits erzählt«, sagte er. »Und das passt mir gut. Es bedeutet, dass ich keine Konkurrenz bekomme.« Er blies Rauch gegen die Decke. »Aber wie wäre es, wenn du mir bloß helfen würdest? Glaubst du, deine tote Ma hätte etwas dagegen?«
    Ich ließ mir das eine Weile durch den Kopf gehen. »Nein«, sagte ich schließlich und rieb mir den Nacken. »Ich glaube, das würde ihr nichts ausmachen.«
    Jace lächelte. »Wenn sich jemand den Nacken reibt, so wie du gerade«, sagte er, »bedeutet das oft, dass er nicht die volle Wahrheit sagt.«
    Ich starrte ihn an. Er hatte recht. Ma Evangeline würde es
ganz bestimmt
etwas ausmachen, wenn ich jemandem beim Glücksspiel helfen würde. Ich hatte mir das noch nicht einmal selbst eingestanden, und doch hatte er es bemerkt. Ich war baff vor Bewunderung.
    Jace paffte an seiner Zigarre. »Es gibt vielleicht so etwas wie ein Pokerface«, sagte er, »aber das lässt sich nicht auf den ganzen Körper ausweiten. Ein Beispiel. Siehst du die Dame dort drüben? Sie sagt ›ja‹, schüttelt aber den Kopf. Was, glaubst du, meint sie wirklich?«
    Ich sagte: »Nein?«
    »Korrekt. Ihr Mund lügt, aber ihr Körper sagt die Wahrheit.«
    Jace legte seine Füße auf den Tisch, schlug sie übereinander & schob seinen Stuhl zurück, sodass er mit den Schultern an der Wand lehnen konnte. Er legte die Hände hinter den Kopf und streckte die Ellbogen von sich.
    »Dies«, sagte er, »ist die Haltung eines selbstbewussten Chefs. Und dies«– er schob sich den Hut über die Augen –»dies ist die Haltung eines entspannten Mannes, der gerade ein Nickerchen hält. In Wirklichkeit aber beobachte ich alles.«
    Ich nickte. Er sah wirklich aus, als würde er ein Nickerchen machen, aber von Nahem konnte ich sehen, wie seine schmalen schwarzen Augen den Raum abtasteten.
    »Hol deinen Stuhl hier herüber, P. K. Setz dich neben mich«, sagte er. »Ich werde unsere erste Lektion hier und jetzt

Weitere Kostenlose Bücher