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Flucht vor den Desperados

Flucht vor den Desperados

Titel: Flucht vor den Desperados Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Lawrence
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hatte mich endlich für eine Antwort entschieden. »Es gibt einen Vers im Paulusbrief an die Galater«, begann ich.
    Doch Jace hob seine Hand, um mich aufzuhalten. »Komm mir nicht mit einem Bibelzitat. Stonewall erträgt das vielleicht, ich aber nicht.«
    Stonewall schien zu lächeln, nahm seine Gabel & steckte sie in sein Tortenstück.
    Jace tat es ihm gleich.
    Eine Weile kaute er gedankenvoll.
    Dann zwinkerte er mir zu. »Du bist vielleicht ein Unfall der Natur, P. K. Aber ein Unfall, der uns beiden jede Menge Geld einbringen wird.«
    Ich dachte: Geld ist gut. Aber was du mir beibringen kannst, ist mehr wert als alles Gold & Silber im ganzen Comstock-Gebiet.

KONTOBUCHBLATT 36

    Später an diesem Abend nahm mich Poker Face Jace mit ins New International Hotel, wo er eine Suite mit mehreren Räumen bewohnte. Wir nahmen den Eingang auf der B Street und kamen direkt am Notar vorbei, der bereits geschlossen hatte.
    In der Lobby des International Hotels gab es Perserteppiche, Topfpflanzen & polierte Messingspucknäpfe & an den Wänden Petroleumlampen mit Milchglas. Ich war froh, dass ich meine elegante Feiner-Pinkel-Aufmachung samt Gehrock & Bowler trug.
    An der Rezeption bat Jace den Portier, drei Mal Abendessen zu seiner Suite hinaufzuschicken. Während er bestellte, fiel mein Blick auf eine große Standuhr & ich traute meinen Augen nicht. Es war beinahe elf Uhr abends. Die Stunden waren geradezu verflogen.
    In dem Hotelzimmer brannten sämtliche Lampen. Jace nahm Hut & Jackett ab & hängte sie an die Haken direkt an der Tür. Es war das erste Mal, dass ich ihn ohne Hut sah. Sein Haar war an den Schläfen grau & wurde obendünner. Mir wurde klar, dass er sogar noch älter sein musste als Pa Emmet, der im vergangenen Jahr vierzig geworden war.
    Dies war einer der hübschesten Räume, die ich je gesehen hatte. Ich ließ die roten Samtvorhänge & die gestreiften Tapeten & die gemusterten Teppiche auf dem Boden auf mich wirken. Es gab polierte Holztische & mit Samt gepolsterte Stühle, einen Marmorkamin & einen Spucknapf aus Messing. Ein Balkon ragte östlich über die C Street. Für einen Moment trat ich hinaus, aber der heulende Wind pustete mich beinahe in die Tiefe. Wenn es hell gewesen wäre, hätte ich von hier aus einen fantastischen Blick auf Virginia City & seine Umgebung gehabt. Es gab zwei Schlafzimmer, und durch die geöffnete Tür erblickte ich in einem von ihnen einen Kleiderschrank, in dessen Spiegel ein Himmelbett zu sehen war.
    »Siehst du, was man mit Geld alles kaufen kann?«, fragte Jace. Er hatte aus einer Kanne etwas Wasser in eine Waschschüssel geschüttet & spritzte es sich ins Gesicht.
    Ich sagte: »Ich glaube, in diesem Haus müssen allein die Schmiedearbeiten über 4000 Dollar gekostet haben.«
    Er tupfte sich das Gesicht mit einem Leinenhandtuch trocken & nickte. »Dahinter sind sie alle her.«
    Ein leichtes Klopfen war an der Tür zu hören, & Stonewall machte auf. Ein Chinese mit makellos weißer Schürze schob auf einem kleinen Rollwagen unser Abendessen ins Zimmer. Er entfaltete ein weißes Stofftuch & breitete es auf einem viereckigen Kartentisch beim Kamin aus. Dann legte er silbernes Besteck darauf & ganz zum Schluss die mit Speisen gefüllten Teller. Es gab Schweinekoteletts,Kartoffelbrei & Gemüse, außerdem Gebäck & Butter. Haare waren keine in der Butter.
    Zu dritt saßen wir beim warmen Feuer und aßen. Anschließend gab es noch Apfelkuchen & Käse und schwarzen Kaffee. Ich hatte Hunger, und es schmeckte gut. Wir aßen schweigend, und das verschaffte mir Gelegenheit, mich im Raum umzusehen & all die schönen Dinge zu entdecken, die man mit Geld kaufen kann. Die Suite von Jace war größer als unsere gesamte Kiefernholzhütte in Temperance.
    Nachdem wir unseren Kuchen aufgegessen hatten, schickte Jace Stonewall mit meinem Schlüssel zu Isaiah Coffins Studio.
    Als sich die Tür geschlossen hatte, lehnte sich Jace in seinem Stuhl zurück & zündete sich eine Zigarre an. »Was führt dich nach Virginia, P. K.?«, fragte er.
    Ich dachte einen Moment nach und fragte mich, ob ich ihm die Wahrheit sagen sollte oder nicht. Aber seine Kenntnisse wollte ich dringender als ich je etwas anderes gewollt hatte, also sagte ich: »Meine Pflegeeltern wurden gestern umgebracht, und die Killer sind jetzt hinter mir her.«
    Seine Augenbrauen hoben sich. »Wer sind diese Killer?«
    »Walt, der Schnitzer, und zwei seiner Kumpane.«
    »Das sind beunruhigende Neuigkeiten.« Jace lehnte sich zur Seite,

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