Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flucht vor den Desperados

Flucht vor den Desperados

Titel: Flucht vor den Desperados Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Lawrence
Vom Netzwerk:
ich mich so weit fort von Walt wie möglich. Dann nahm ich den Revolver in meine linke Hand, fand mit der rechten ein Streichholz & entzündete es.
    Das Licht zeigte mir meine letzte Kerze auf der Kiste. Ich zündete sie mit zitternder Hand an & nahm dann rasch die große Pistole wieder in meine rechte Hand.
    »Gottverd … mt, das hat wehgetan!«, fluchte Walt. Er hielt sein verletztes Handgelenk umklammert. »Ich bin meilenweit durch diese verd … mte Höllengrube gewandert und finde dich in der letzten Ecke. Ein eingefettetes Wiesel gleitet einem weniger leicht durch die Finger als du. Außerdem hast du mir das Handgelenk gebrochen.«
    »Bewegen Sie sich nicht, sonst schieß ich Ihnen die Kniescheiben weg!«, sagte ich, nahm den Revolver in beide Hände und streckte ihn ihm entgegen. »Was wollen Sie?«
    »Du weißt, was ich will«, sagte er. »Ich will den Brief.«
    »Tja, den kriegen Sie aber nicht«, entgegnete ich. »Zur Hölle mit Ihnen. Verzeihen Sie mein Temperament.«
    Walt machte einen Schritt auf mich zu.
    Ich nahm beide Daumen zu Hilfe, um den Hahn des großen Colts zurückzuziehen. »Glauben Sie ja nicht, ich würde es nicht tun.«
    »Whoa!«, sagte Walt. Er hielt seine unverletzte Hand hoch, die verletzte baumelte nutzlos herab. »Tu nichts Überstürztes.« Ich sah, wie seine Blicke in der Höhle umherschossen, als suche er nach einer Waffe oder etwas anderem, das ihm weiterhelfen würde.
    Dann tat er etwas, das mich überraschte: Er lächelte.
    Im schummrigen Licht der Kerze konnte ich nicht erkennen, ob es ein echtes Lächeln war oder ein falsches.
    »Ich mag dich, Pinky«, sagte er durch seine zu einem Grinsen geschlossenen Zähne. »Und ich will dir nichts tun.«
    »Wenn Sie mir nichts tun wollen, warum haben Sie dann auf mich geschossen?«, fragte ich.
    Er zuckte mit den Schultern & ließ seine unverletzte Hand ein Stück sinken. »Ich habe nur ein paar Warnschüsse abgegeben«, sagte er. »Wenn ich dich wirklich hätte treffen wollen, hätte ich das auch getan. Genaugenommen bin ich hier heruntergekommen, um dich einzuladen, meiner Bande beizutreten.« Er grinste & rieb sich mit seiner unverletzten Hand den Nacken.
    »Sie wollen, dass ich Ihrer Bande beitrete?«
    »Du musst mir nur den Brief geben«, sagte er und kaute dann wieder auf seinem Tabak herum. »Wir gehen zusammen zum Recorder’s Office und zeigen den Brief vor, dann teilen wir den Gewinn und du kannst bei mir in einer großen Villa oben auf der A Street leben. Bis zum Ende des Jahres hab ich die ganze Stadt in der Tasche.«
    »Warum sollten Sie mich in Ihrer Bande haben wollen?«, fragte ich.
    Walt kaute auf seinem Tabak. »Deine Ma war eine Squaw der Lakota namens Die-auf-einem-Baumstumpf-hockt.Sie hat dich hinter einem Busch zur Welt gebracht, in der Nähe einer Stadt namens Hard Luck, nicht weit vom Mount Disappointment entfernt. Hab ich recht?«
    Ich starrte ihn an. Woher wusste er das?
    Walt sagte: »Du glaubst, dein Vater sei Robert Pinkerton. Aber das stimmt nicht.«
    Von dem schweren Revolver taten mir die Arme weh, aber ich hielt ihn weiter auf ihn gerichtet. Ich sagte: »Doch, das ist er. Robert Pinkerton ist mein Pa. Er hat mir einen Knopf von seiner Rail-Road-Detective-Jacke hinterlassen. Und meiner Ma hat er den Brief geschickt, damit wir reich werden.«
    »Nein, hat er nicht«, sagte Walt. »Der Brief ist eine raffinierte Fälschung. Ich weiß das, weil ich ihn selbst geschrieben habe.«
    Ich senkte den Revolver, ließ ihn aber entsichert. »Was?«
    »Ich und deine Ma, wir haben den Plan gemeinsam ausgeheckt«, sagte er. »Aber dann hat eine Horde Shoshonen sie erwischt, und ich habe den Brief lange Zeit gesucht. Es ist eine gute Fälschung. Jeder Richter im ganzen Territorium wird darauf reinfallen.«
    »Aber er wurde von meinem Pa bezeugt, von Robert Pinkerton.«
    Walt lachte. »Robert Pinkerton ist nicht dein Pa. Und der Knopf gehörte auch nicht ihm. Den Knopf hab ich damals, im Jahr ’52, einem Rail-Road-Detective abgeknöpft.«
    Ich fühlte mich, als hätte man mir in den Bauch geboxt.
    »Was wollen Sie damit sagen?«, fragte ich.
    Walt, der Schnitzer, lächelte mich an. »Ich will damit sagen, dass ich dein Pa bin.«

KONTOBUCHBLATT 44

    Ich konnte es nicht glauben.
    Walt, der Schnitzer – der sadistischste & meistgehasste Desperado im ganzen Comstock-Gebiet –, behauptete, mein Vater zu sein.
    Es war so heiß & stickig, dass ich keine Luft bekam.
    Ich murmelte: »Sie sind nicht mein Pa.«
    Walt sagte:

Weitere Kostenlose Bücher