Fluchtpunkt Atlantis
mehr.
Einen kleinen Schritt ging ich zurück. Erst mal tief durchatmen, denn die letzten Sekunden hatten mich erschüttert. Es war nur der Selbstmord eines Vogels gewesen, doch mir war es vorgekommen, als hätte sich ein Mensch in den Tod gestürzt.
Ich ging noch weiter zurück. Mit dem Rücken lehnte ich mich gegen den harten Widerstand. In meinem Kopf brauste es. Es war für mich schwer, die Gedanken unter Kontrolle zu bekommen, aber irgendwie schaffte ich es, mich wieder in der Realität zurechtzufinden. Mein Blick glitt über den Vorsprung hinweg in die düstere Kulisse hinein. Ich sah sie, aber ich sah sie trotzdem nicht. Äußerlich hatte sich nichts verändert, und doch war etwas Entscheidendes geschehen. Dabei war Sedonia die Hauptperson.
Konnte man einem Lebewesen die Augen nehmen und sie sich selbst einsetzen? Ohne ärztliche Betreuung, ohne Operation? Es war normalerweise nicht möglich, aber in diesem Land mit dem Namen Atlantis liefen die Uhren anders.
Hier gab es Gesetze, die nur mit dem Begriff Magie erklärt werden konnten.
Ich drehte mich mit schwerfälligen Bewegungen um. Es hatte keinen Sinn, wenn ich hier draußen stehen blieb und nachdachte. Ich musste alles so nehmen wie es kam.
Ich wollte hineingehen, als mich der leise Ruf der Frauenstimme erschreckte.
»John… bist du da?«
»Sicher.«
»Ich sehe dich nicht!«
Sehe, hatte sie gesagt. Ich wollte jetzt endlich wissen, wie sie es gemeint hatte. So rasch wie möglich drückte ich mich wieder in die Höhle hinein. Im ersten Moment sah ich nichts. Dann jedoch löste sich die Gestalt aus dem dunklen Hintergrund und kam auf mich zu. Schritt für Schritt, und immer deutlicher malte sie sich ab.
Ich war nicht mehr weitergegangen und ließ Sedonia kommen. Sie schälte sich noch besser aus ihrer Umgebung hervor, und meine Augen weiteten sich, als ich sie endgültig sah…
***
Die drei Entführten standen noch immer bei ihrem Wagen. Keiner hatte sich getraut, sich in den Volvo zu setzen. Es schien so zu sein, als warteten sie auf bestimmte Ereignisse, die einfach zwangsläufig folgen mussten. Sie schauten sich an. Sie blieben auch stumm. Niemand wollte reden. Aus Angst, etwas Falsches sagen zu können.
Schließlich hielt es Patty nicht mehr aus. Sie setzte sich auf die Motorhaube und flüsterte: »Wer immer dieses Wesen auch sein mag, als Feind sehe ich es nicht. Er hätte uns schon längst töten können. Ich bin auch sicher, dass er nicht aus Fleisch und Blut besteht. Das ist etwas ganz anderes.« Sie zog ihren Mund kraus. »Genaues weiß ich nicht. Auch wenn ihr lacht, mir kam er vor wie jemand aus einem schweren Metall.« Danach schwieg sie, auch weil sie die Meinung ihrer Freunde hören wollte.
Kevin Kenbrock sagte nichts. Er spielte mit seiner Waffe. Sie in den Händen zu halten, schien ihm wohl einen letzten Rest an Sicherheit zu geben. Ansonsten hielt er sich aus allem heraus.
»Was meinst du denn, Arthur?« fragte Patty. Clifton zuckte die Achseln.
»Viel ist das auch nicht.«
»Ich weiß es doch nicht.«
»Du hast doch so viel über fremde Welten gelesen und hast immer an Atlantis geglaubt. Jetzt sind wir drin. Überleg mal. Wir sind da, verflucht.«
»Weiß ich.«
»Und du sagst nichts.«
»Das war doch alles geschrieben.«
»Klar, aber du hast es geglaubt.« Sie ließ nicht locker, und Clifton warf ihr einen schrägen Blick zu. »He, willst du nicht antworten, Arthur?«
»Nein.«
»Das ist blöd.«
»Ich lasse mich hier nicht festnageln!« schrie er. »Ob man etwas glaubt ist anders, als würde man es selbst erleben. Beim Glauben kann man träumen, seinen Gedanken freien Lauf lassen, aber das ist hier nicht möglich, verdammt noch mal. Ich will dir auch sagen, warum das so ist. Das hier ist echt, versteht ihr? Das sind keine Träume, verflucht noch mal. Das ist alles Scheiße, und wir sitzen drin.«
Patty Prentiss stellte ihm eine spöttische Frage. »Haben denn die Helden in deinen Büchern immer einen Weg gefunden, um aus dem Land zu entkommen? Oder sind sie getötet und für alle Zeiten dort begraben worden?«
»Nein, die kannten sich aus. Die… die konnten zaubern oder so. Die beherrschten die Magie.«
Patty lachte laut und beugte sich dabei zurück. »Das ist stark, echt stark. Na ja, zaubern können wir nicht. Zumindest ich nicht. Oder vielleicht du, Kevin?«
Kenbrock spuckte nur aus.
»Toll, echt. Du bist ein Held! Wo ist denn deine große Schnauze geblieben, he?« Sie reckte ihr Kinn vor. »Hast dich
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