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Fluchtpunkt Atlantis

Fluchtpunkt Atlantis

Titel: Fluchtpunkt Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Lampe, der ab und zu auch ihr Gesicht erreichte, so dass ich das glückliche Lächeln um ihren Mund herum sah.
    Mit irgendwelchen Kommentaren hielt sie sich zurück, aber sie wusste genau, was sie tat, denn zielsicher näherte sie sich wieder dem Eingang.
    Ich befürchtete schon, dass sie die Höhle verlassen wollte, aber sie stoppte vor dem schmalen Eingang. Instinktiv spürte ich, dass es jetzt nicht der richtige Zeitpunkt war, um sie zu fragen, was sie vorhatte. Sie wartete für einen Moment, hob langsam ihre Arme und führte die Hände von zwei Seiten dem Mund entgegen.
    Mir war klar, dass sie etwas vorhatte. Diese Haltung nahmen zumeist Menschen ein, die einen Ruf oder Schrei ausstoßen wollten. So war es auch bei ihr. Nur schrie sie nicht, sondern spitzte die Lippen und stieß Pfiffe aus.
    Ich hörte zu. Nein, das war kein normales Pfeifen oder Flöten. Sedonia trällerte ihre Botschaft hinein in die Leere der Bergwelt. Wir beiden lauschten dabei den Echos nach, die sich überschnitten und dieses Jodeln als Echos zurückbrachten.
    Ich verhielt mich still. Erinnerte mich daran, dass sich das Volk der Basken über weite Entfernungen in den Bergen ähnlich verständigte.
    Auch es hatte eine Art von Vogelsprache entwickelt. Sie gaben genaue Botschaften ab, konnten sich wunderbar verständigen, und Sedonia tat im Prinzip nichts anderes.
    Ich war sicher, dass sie ihren Freund, den Adler, locken wollte. Auch früher musste sie sich mit ihm auf diese Art und Weise verständigt haben. Jetzt hoffte sie, dass ihr Freund sie hörte.
    Wie lange sie ihren Ruf in die Bergwelt hineingeschickt hatte, wusste ich nicht. Es kam allerdings der Zeitpunkt, an dem sie sich umdrehte und nicht mehr pfiff. Dafür atmete sie schwer, denn die Pfeiferei hatte sie angestrengt.
    »Und?« fragte ich. »Glaubst du an einen Erfolg?«
    »Ja. Wenn er da ist, dann hat er mich gehört. Er kennt mich. Ich habe von ihm gelernt und auch von den Vogelmenschen. Es kann sein, dass auch sie hier erscheinen werden. Vergiss nicht, dass wir uns in der Zeit vor dem Untergang befinden. Ob einige von ihnen überlebt haben, weiß ich leider nicht.«
    Wir warteten. Obwohl Sedonia blind war, hatte sie sich gedreht und sich dem Eingang zugewandt. Sie rechnete sicherlich damit, dass sie ihren Freund hören würde, wenn er anflog. Ich gönnte es ihr. Ich wünschte sehnlichst für sie, dass sie ihr Augenlicht zurückerhielt.
    Noch passierte nichts. Wenn es Geräusche gab, dann waren sie vom leichten Wind verursacht worden, der über die Felsen hinwegstreifte und seinen Weg auch in die Täler fand. Aber auch er brachte uns keine Botschaft.
    »Auch wenn du skeptisch bist, John, ich weiß, dass er mich gehört hat und kommen wird.«
    »Himmel, ich habe nichts gesagt.«
    Sie konnte sogar hell lachen. »Vergiss nie, dass ich sehr sensibel bin. Ich spüre die Dinge.«
    »Lassen wir uns überraschen.«
    Den Satz hatte ich noch nicht ganz ausgesprochen, als sich Sedonias Haltung veränderte. Sie bewegte sich nicht mehr. Sie stand starr auf der Stelle. Bildlich gesprochen, schienen ihre Ohren um das Doppelte anzuwachsen.
    Ich wollte fragen. Sie kam mir zuvor und flüsterte, während sie sich drehte. »Er ist unterwegs, John. Er hat mich gehört. Wunderbar. Ich kann mich noch immer auf ihn verlassen.«
    Selbst hörte und sah ich zwar nichts, aber ich glaubte ihr und blieb auch in ihrer Nähe, um sie notfalls festhalten zu können, wenn sie überschwenglich reagierte.
    Über Sedonias Kopf hinweg schaute ich in die graue Düsternis der Bergwelt. Diese Landschaft kam mir vor wie ein riesiges, stilles Gemälde, das sich nicht bewegte.
    Und doch entdeckte ich die Bewegung.
    In der Luft. Über den Bergspitzen oder in gleicher Höhe. Es war nicht genau festzustellen, aber ich wusste auch, dass es sich nur um einen Vogel handeln konnte. Denn wer, abgesehen vom Eisernen Engel, bewegte sich schon so geschmeidig durch die Luft.
    Sedonia klatschte in die Hände. »Er kommt!« rief sie. »Er hat mich nicht im Stich gelassen. Ich.. ich… finde es einfach wunderbar, John. Die Zeichen stehen gut. Endlich kann ich wieder mehr Hoffnung schöpfen.« Sedonia war zu einer völlig fremden Person für mich geworden. So wie sie reagierte ein Kind, wenn es eine große Überraschung erwartete.
    Der Vogel kam näher. Er wuchs. Er wurde größer. Ich staunte über die gewaltige Spannweite seiner Schwingen. Das musste einfach ein Adler oder ein noch größerer Vogel sein.
    Sedonia konnte es nicht erwarten.

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