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Fluchtpunkt Mosel

Titel: Fluchtpunkt Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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Kinnhöhe zusammengelegt, preschte sie mit langen Schritten, soweit es ihr Rock zuließ, zwischen den Besuchern hindurch. Ihre Handtasche verhakte sich in einer Plastiktüte. Der Beutel riss und der Inhalt ergoss sich mit lautem Klirren auf den Boden. Der flüchtende Mann vor ihr blickte zurück. Sie war bis auf wenige Meter an ihn herangekommen.
    »François!«, brüllte Gabi. »Stehen bleiben, Polizei!«
    Wenn es noch jemanden in der Halle gab, der nicht mitbekommen hatte, was sich ereignete, wurde spätestens jetzt aufmerksam.
    Der flüchtende Mann hatte den letzten Stand erreicht. Bis zum Ausgang musste er nur noch ein paar Stehtische umrunden, an denen Kaffee und auch schon der ein oder andere Frühschoppen getrunken wurde.
     
    Auf Gabis Rufen hin drehte sich auch Walde um. Er sah seine Kollegin, die einen Mann in dunkler Jacke verfolgte, und registrierte, wie sich auf der anderen Seite der Halle auch Grabbe dem Geschehen zuwandte.
    Der gewaltige Ruck an der Leine riss Walde mit. Quintus war losgesaust, und Walde stolperte hinter ihm her, kam fast zu Fall, konnte sich gerade noch fangen und den Hund bremsen, als vor ihm mit Riesengetöse ein mehrere Meter langer Tisch in den Gang stürzte.
    Besucher sprangen schimpfend zurück, einige stürzten und rissen andere mit, Kisten krachten zu Boden, Glas ging zu Bruch, Münzen rollten und hüpften herum, Keramikgefäße zerbrachen. Gabi war ebenfalls gestürzt.
    Walde entschied sich, kehrtzumachen. Besucher rannten ihm entgegen. Er drängte sich zwischen ihnen hindurch und bog nach links ab. Dieser Gang war nicht blockiert. Hier standen die Leute, reckten die Hälse, manche schrieen durcheinander und wedelten mit den Armen.
    Im Halleneingang versuchte Walde, den Hund wieder zu bremsen. Er streifte sich die Jacke über.
    Vor ihm lag ein leerer Schulhof. Rundum Hecken, dazwischen Treppen. Eine führte zur Straße, die andere zu einem tiefer liegenden Trakt der Schule. Nichts war von dem Flüchtenden zu sehen.
    Grabbe und Gabi stoppten neben ihm.
    »Wo ist er hin?«, keuchte Gabi. Sie hob ihr rechtes Knie an und rieb sich das Schienbein. Ihr Strumpf war zerrissen und blutig.
    »Los, Quintus, fass!« Gabi klinkte die Leine vom Halsband, und Quintus sauste los, sie hinterher.
    »Hey«, rief Walde ihr nach und wandte sich dann an Grabbe: »Ruf Verstärkung!«
    Der hatte sein Mobiltelefon bereits in der Hand. »Grabbe hier, schickt alles, was ihr zur Verfügung habt, zum Schulzentrum Konz!«
    Walde lief in die Richtung, in die Gabi verschwunden war. Es knallte. Das war ein Schuss, kein Fastnachtsböller.
     
    Quintus verschwand über die rechte Treppe zwischen den Hecken. Als Gabi die Stufen erreichte, war der Hund bereits außer Sichtweite. Ihre Hand glitt an dem kalten Metallgeländer entlang, während sie immer drei der breiten Stufen auf einmal nahm. Manche der Waschbetonplatten hatten sich gelockert und gaben ein hohles Klacken von sich. Die Treppe endete unten an der Straße. Beide Seiten waren lückenlos zugeparkt. Ein Wagen mit Reisebox auf dem Dachgepäckträger fuhr langsam an Gabi vorbei. Rechts von ihr ragte ein graues Gebäude in die Höhe. Sie sah hinüber zu einer breiten Treppe, die hinunter zum großen Parkplatz zwischen Schwimmbad und Sportplatz führte.
    Ein Knurren ließ Gabi aufhorchen. Es kam von rechts. Ihre Sohlen scharrten über den Asphalt. Sie verlangsamte ihr Tempo, als sie einen garagenähnlichen Raum unter dem Gebäude erreichte, der zur Straße hin nur von einer Reihe Betonsäulen begrenzt wurde. Im gleichen Moment knallte ein ohrenbetäubend lauter Schuss. Sie zuckte zusammen, blieb stehen und duckte sich instinktiv. Vor ihr war eine Art offener Fahrradkeller, in dem Zweiräder standen. Gleichzeitig ertastete sie die Waffe in ihrer Tasche. Sie schaute sich um. Von ihren Kollegen war nichts zu sehen. Mit entsicherter Pistole schlich sie auf den Keller zu.
    Quintus lag hinter einer Säule auf der Seite, die Beine von sich gestreckt. Sein ganzer Körper zuckte. Das helle Fell auf der Brust färbte sich rot. Beißender Pulverdampf lag in der Luft. Der Schuss musste aus der Nähe abgegeben worden sein.
    Gabi kniete sich neben Quintus. Er hatte die Augen geschlossen. Die Zunge hing ihm aus dem Maul. Das Zittern ließ nach.
    Ganz in der Nähe wurde der Anlasser eines Motorrads getreten. Gabi fuhr hoch und sah, wie nur wenige Meter entfernt der Mann, den sie verfolgte, sein Visier herunterklappte. Dann heulte der Motor auf, und die Maschine sauste aus

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