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Flügel aus Asche

Flügel aus Asche

Titel: Flügel aus Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaja Evert
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vielleicht nicht überstehen. Das Papier ist empfindlich.«
    »Mach schon, oder willst du, dass der Regen die Zauber ganz wegspült? Sei eben so vorsichtig wie möglich.«
    Adeen öffnete den Mund zu einem weiteren Protest, doch dann sah er ein, dass es sinnlos war. Fliehen mussten sie so oder so, und ihnen blieb nur die Wahl, Zauber in schlechtem Zustand mitzunehmen oder gar keine. Also schob er eine Schriftrolle nach der anderen in die Kapseln, bis ihm das Knirschen der geleimten Stellen verriet, dass sie auseinanderzubrechen drohten. Erst dann verschloss er sie und reichte sie Nemiz, der sie in seinem Rucksack verstaute.
    »Los jetzt!« Nemiz griff nach seinem Stock und stieß die Tür auf. Unterhalb des Turms hatten sich die Rebellen bereits versammelt. Aus der regennassen Dämmerung drang Stimmengewirr zu ihnen hinauf.
    Sie kletterten hinab, und sofort drängten sich die Männer und Frauen um Nemiz.
    Die Rebellen wirkten weniger verängstigt und verwirrt, als Adeen befürchtet hatte, eher so, als hätten sie lange auf diesen Moment gewartet. Niemand war unbewaffnet gekommen, und die meisten trugen Rucksäcke. In der Menge bemerkte er Yoluan, der ihm zunickte – zumindest ein vertrautes Gesicht.
    »Der Herrscher kennt unsere Pläne«, sagte Nemiz. »Wir müssen auf der Stelle nach Gabta aufbrechen.«
    »Aber jetzt werden sie uns dort schon erwarten!«, rief eine Frau aus der Menge.
    Nemiz wirkte fast gelassen, wie er dastand, eine Hand in die Hüfte gestemmt und mit der anderen auf seinen Stock gestützt. Es schien, dass ihn die Ereignisse nicht entmutigten, sondern ihm erst recht Kraft gaben. »Das ist nicht gesagt. Auch wenn die Regierung bereits einen Botenreiter nach Gabta geschickt hat, bleibt den Magiern dort nicht viel Zeit, Vorkehrungen zu treffen und uns abzuwehren. Die meisten Truppen sind momentan in Rashija stationiert, um die Stadt während der Landung zu schützen. Die Magier werden allerdings harte Gegner abgeben, das will ich nicht schönreden. Aber wenn wir geschickt sind, können wir sie überwältigen, ehe sie dazu kommen, ihre Magie zu nutzen. Schließlich haben auch wir nun Schriftmagie.«
    »Was, wenn sie berittene Truppen hinter uns herschicken?« Die Frau wirkte keineswegs überzeugt, und in den Gesichtern der anderen spiegelten sich Zweifel. »Wir werden erst gar nicht bis nach Gabta gelangen.«
    »Deshalb müssen wir uns beeilen. Wir halten uns in den Hecken und Waldstücken. Wenn du nicht mit uns kommen willst, Assim, bitte – lauf doch an den Rand der Hauptinsel und spring hinunter! Dann wirst du ja sehen, ob das ein Fluchtweg ist.«
    Anklagend wies die Frau auf Adeen. »Er sollte Schwebezauber für uns schreiben!«
    »Kein Schwebezauber würde lange genug wirken, dass du aus dieser Höhe sicher auf den Boden gelangst«, sagte Nemiz. »Wir brauchen Gabta. Wir müssen die Insel steuern, so, wie wir es ursprünglich geplant haben, und dem Boden so nahe wie möglich kommen, ehe wir die Schwebezauber benutzen können. Wenn sie uns dazu zwingen, werden wir kämpfen. Entscheidet euch, ob ihr es wagen wollt. Es geht nur heute Nacht.«
    Die Frau erwiderte nichts mehr, und Nemiz sagte: »Zuerst müssen wir Talanna finden, bevor die Wache sie findet. Adeen, wohin ist sie aufgebrochen?«
    »Ich weiß nicht genau, aber zuletzt gesehen habe ich sie beim Museum.«
    Sie rannten durch den Regen, und flüchtig wunderte sich Adeen über die Geräuschlosigkeit, mit der sich die Gruppe bewegte. Der Aufprall ihrer nackten Füße, Stiefel und Fußlumpen auf dem Pflaster wurde fast vollständig vom Rauschen des Regens übertönt. Adeen umklammerte seinen Dolch, die Zähne zusammengebissen. Hoffentlich war Talanna noch am Leben, wenn sie zu ihr stießen!
    Qualmgestank drang in seine Nase. Schon aus der Ferne hörten sie das wütende Zischen der Glut, die gegen die Nässe ankämpfte, und sahen den aufsteigenden Rauch. Flammen leckten aus dem Dach des Museums und spiegelten sich zusammen mit dem Licht eines düsteren Sonnenaufgangs in den Pfützen. Erschrocken starrte Adeen auf die schwarz versengten Dachbalken, die offen lagen wie die Knochen eines Skeletts. Hatten Charral und seine Leute das Feuer gelegt? Eben hatte er sich noch unter diesem Dach aufgehalten – was wäre aus ihm geworden, wenn Talanna ihn nicht rechtzeitig gewarnt hätte?
    Die Straßen waren leer, nirgends zeigten sich Wachen. Auch Talanna war nicht zu sehen. Mit knappen Worten und Gesten gab Nemiz Anweisungen, und seine Leute begannen

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