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Flügel aus Asche

Flügel aus Asche

Titel: Flügel aus Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaja Evert
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dass ihm ohne Talanna und Nemiz niemals die Flucht aus Rashija gelingen würde. Aber nun war Nemiz tot, Talanna litt an einer sonderbaren Krankheit, und er war hier, atmete die Luft mit ihrem Geruch nach Frost und Erneuerung und ließ die Gedanken treiben.
    Bedeutete das Freiheit?
    Er stieg einen Hügel hinauf, setzte sich auf den Stamm eines umgestürzten Baumes und blickte den Hang hinab. Der Himmel färbte sich bereits heller, und mit dem Licht kamen die Farben. Adeen nahm sie in sich auf, das Rot und Braun des Herbstes, das Gelb, das allmählich zu Gold wurde. Über alldem bildete der Nebel feine Muster.
    »He, schläfst du?«
    Überrascht hob er den Kopf. Hinter ihm stand der alte Mann, der gestern Keyla begleitet hatte – Schwärmer hieß er, wenn Adeen sich recht erinnerte. Er musste sich lautlos angeschlichen haben.
    »Was wollt Ihr?«, fragte Adeen misstrauisch.
    »Mich nur ein bisschen unterhalten, wenn’s recht ist.« Schwärmer schwenkte einen Krug. »Willst du etwas hiervon? Das hält warm.« Ohne Adeens Antwort abzuwarten, setzte er sich neben ihn auf den Stamm und hielt ihm den Krug hin, nachdem er daraus getrunken hatte. Adeen beschloss, höflich zu sein und das Angebot anzunehmen. Das Getränk enthielt Alkohol. Es schmeckte bitter und sauer zugleich, so dass er sich zwingen musste, es zu schlucken, doch der Nachgeschmack war erstaunlich fruchtig und sanft.
    »Das ist Wein«, sagte Schwärmer. »Kennt man nicht mal Wein da oben?« Mit dem Daumen wies er zu den Baumkronen empor, über denen Rashija wahrscheinlich schwebte.
    Adeen schüttelte den Kopf. »In Rashija stellt man Bier aus Felsbrot her und Schnaps aus Rakashwurzeln, aber so etwas habe ich noch nie getrunken.«
    Schwärmer musterte ihn voller Neugier. Selbst im Sitzen reichte er Adeen nur bis zur Schulter. Er hatte ein breites, braunes Gesicht mit platter Nase, und seine Haut war gesprenkelt von vielen winzigen dunklen Flecken. Um den Kopf hatte er sich ein Tuch gewickelt. Wenn man von seinem Bart absah, schien er nur noch sehr wenige Haare zu haben.
    »Du bist also der Sprecher dieser Leute«, sagte Schwärmer, »wie war noch dein Name? Adeen, nicht wahr?«
    »Ja, so heiße ich. Aber ich spreche für niemanden. Wenn unser Anführer noch am Leben wäre, würde er alles besser erklären, als ich es kann.«
    Der alte Mann streckte die Beine von sich und wippte mit den Zehen. »Nach allem, was du von diesem Anführer erzählt hast, hast du vielleicht sogar Glück, dass er tot ist.«
    »Nemiz hat alles dafür getan, damit wir frei sind.«
    »Ja, ich weiß schon – und für die Gerechtigkeit hat er gekämpft, oder für das, was er dafür gehalten hat. Sehr löblich. Nun ja, unsere Keyla kämpft auch von früh bis spät für die Gerechtigkeit. Zum Glück macht sie manchmal eine Pause und hört mir zu, und manchmal höre ich auch auf sie.«
    »Wer seid Ihr?«, fragte Adeen.
    »Nicht so förmlich, für dich bin ich einfach Schwärmer genau wie für die anderen hier. Frag lieber, wer ich war, ehe die Truppen des Himmelsherrschers hier in Seyk einfielen.«
    Er schien das Gespräch zu genießen, daher tat ihm Adeen den Gefallen. »Also, wer wart … wer warst du?«
    »Ich war ein Schüler der Mysterien, immer auf der Suche nach der Wahrheit. Aber das ist vorbei. Unsereins wird hier jetzt nicht mehr gern gesehen. Der Himmelsherrscher fürchtet die Wahrheit. Er hat zu viele verrückte Gedanken, die ihr nicht standhalten, und so hat er unseren Orden aufgelöst.«
    »Hat er auch hier unten die Malerei verboten, so wie in Rashija?«
    »Ja, und das Publizieren von Schriften. Sogar das Diskutieren auf der Straße und in den Tavernen.« Schwärmer schnitt eine Grimasse, als träfe ihn der letzte Punkt besonders hart. »Sogar unsere Sprache hat er uns weggenommen. Nun reden wir wie die Besatzer. Überall sind seine Magier. Und in letzter Zeit bereiten sie sich offenbar darauf vor, Verstärkung zu bekommen. Weißt du zufällig etwas darüber?«
    Wahrscheinlich hat Keyla ihn geschickt, um mich auszuhorchen.
Doch obwohl Adeen Keyla nicht mochte, konnte kein Zweifel daran bestehen, dass diese Leute keine Freunde von Rashija waren. Es machte ihm nichts aus, seine Informationen mit ihnen zu teilen. »Rashija wird bald landen, und dann werden weitere Magier auf den Boden geschickt. Mehr weiß ich nicht.«
    Der alte Mann stieß einen Pfiff aus. »Dann stimmen unsere Vermutungen also.«
    »Was vermutet ihr denn?«
    »Darüber sprichst du besser mit Keyla

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