Fluegel der Dunkelheit
in den Augenwinkeln schmiegte sie ihre Wange an seine und
genoss den Moment der richtigen Entscheidung, des Vorankommens.
Kurz danach kam die
Nachtschwester ins Zimmer. Liana konnte sich ihrem Befehl, sich
hinzulegen, nicht widersetzen. Zu müde und erschöpft fühlte sich
Liana. Ja, sie brauchte wirklich einen Augenblick Ruhe. Sie schlief
tatsächlich fest ein, erwachte erst gegen 19:00 Uhr.
Zuerst musste sie zu
Traian. Es tat unglaublich gut, ihn ohne die ganze Technik zu sehen,
vor allem aber schenkte ihr dieser humane Anblick Hoffnung, dass
Traian bald zu sich kommen würde. Seine Pupillen waren noch immer
extrem geweitet. Seine selbständige Atmung, sein regelmäßiger
Herzschlag stimmte sie dennoch zufrieden. Sogar seine roten
Augenringe begannen zu verblassen. Ein paar Minuten später musste
sich Liana vor Prof. Dr. Silvanus rechtfertigen, warum sie nicht nach
Hause fuhr und die Ruhezeiten einhielt. Die Verantwortung für völlig
übermüdete Ärzte, die eine Gehirnoperation gewissenhaft ausführen
sollten, wäre nicht tragbar. Liana konnte diesmal nicht
widersprechen und versprach, noch heute Nacht nach Hause zu fahren,
um sich auszuschlafen.
Wendung
L iana saß in
der Cafeteria, vor ihr auf einem Teller ein belegtes Brötchen. Sie
musste etwas essen, auch wenn sie gar keinen Appetit verspürte.
Solange Traian im Koma lag, konnte noch viel passieren. Eigentlich
sollte sie ihn nicht so lange allein lassen. Als sie aufsah, erkannte
sie Victor in der Eingangshalle und winkte ihn zu sich.
»Es tut mir
unendlich leid«, begann Victor mit der Begrüßung. »Ich habe mich
gestern ziemlich töricht benommen.«
Liana dachte zurück,
an das, was ihr seither noch so gelungen war. »Ach was! Ich habe
vermutlich wirklich keine Ahnung, wenn es um die medizinische
Versorgung von Vampiren geht. Inzwischen habe ich versucht
dazuzulernen und Traian dazu gebracht, sich von einigen Dingen zu
trennen, du wirst staunen.«
Victor runzelte die
Stirn, er schien ihre Worte nicht zu verstehen.
»Traian macht
großartige Fortschritte.« Liana sah in Victors Gesicht, um eine
Reaktion zu erkennen. Nichts dergleichen passierte.
»Heute früh hat
die Polizei einen Verdächtigen festgenommen. Er soll Sergius Kanzlei
in Brand gesteckt, die Leiche dort hingeschafft und den Autounfall
verschuldet haben. Er wurde mit Prof. Dr. Ivor Jurischenkow zusammen
gesehen. Nun stell dir mal vor, wer es ist?«
Liana zuckte mit den
Schultern, ob Victor ihr überhaupt zugehört hatte?
»Mario Lehmburger.«
Seine Stimme bekam einen sarkastischen Tonfall. »Man unterstellt
doch dem armen Mann, er habe Jurischenkow entführt. Dabei beteuert
Mario seine Unschuld. Er würde niemanden mit diesem Namen kennen. Da
aber die Unterlagen belegen, dass Mario mit Ivor vor längere Zeit
zusammengearbeitet hat, sieht es für Mario gar nicht gut aus.«
Irgendetwas stimmte
mit Victor nicht. Er war doch sonst zugänglich und höflich, ihre
Aussage zu übergehen, passte nicht zu ihm. Sie überlegte, wie sie
mit dieser Situation umgehen sollte. Ihr Blick schweifte zum Eingang
des Krankenhauses.
»Mario Lehmburger
ist der Letzte, über den ich mir Gedanken mache.« Ein schmaler,
kleiner Mann in einem dunklen Anzug betrat die Klinik. Er sah sich
um, blickte dabei einen winzigen Augenblick in Lianas Richtung.
Sofort lief ihr ein kalter Schauer den Rücken hinunter. Der Kerl
hatte einen Blick, der Regentropfen in Eis verwandelte.
»Ich finde es
großartig, dass man diesen Scheißkerl einsperrt«, murmelte Victor.
Liana beobachtete
den unsympathischen Kerl. Ständig schaute er sich um, steuerte dabei
auf den Fahrstuhl zu. Hatte der Kerl vielleicht ein schlechtes
Gewissen? Sie musste an einen Film denken, wo so ein Widerling wie
der, einen gewissenlosen Gauner spielte.
»Du hörst mir
überhaupt nicht zu.« Victor packte ihre Hand.
»Entschuldige. Der
Kerl da am mittleren Fahrstuhl kommt mir komisch vor.«
Victor drehte sich
um, blickte zu den Aufzügen. In diesem Moment trat der Mann in die
Fahrstuhlkabine, verschwand aus ihrem Blickfeld.
Liana rieb sich über
das Gesicht. »Entschuldige Victor, was sagtest du gerade?« Sie
hatte ihm tatsächlich nicht zugehört.
»Ich wollte von dir
wissen, ob Klingberger wieder arbeitsfähig ist?«
Sie strich sich eine
widerspenstige Strähne von der Stirn. »Klingberger?« Sie lachte
kurz. »Nein. Seine Behandlung wird sich sicherlich noch eine Weile
hinziehen.« Sie drehte das Brötchen auf dem Teller. »Wenn das
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