Fluegel der Dunkelheit
seine Hände zu bekommen.«
Seine Worte klangen
trocken. »Für wen arbeiten Sie?«
Gleich einem
Faustschlag wurde Liana klar, was hinter dieser Frage steckte. Hitze
stieg ihr ins Gesicht. Glaube er vielleicht, sie wäre der Handlanger
für ein solches Scheusal? »Ich arbeite für niemanden!« Ihr
energischer Ton hörte sich wirklich überzeugend an.
Ein Schmunzeln
erschien auf Traians Lippen. »Sie sehen niedlich aus, wenn Sie
wütend werden.«
Liana spürte, wie
sie die Augen aufriss, sie musste schlucken. »Was?« Dieser
plötzliche Stimmungswechsel irritierte sie.
»Was genau haben
Sie auf dem verlassenen Gelände gesucht? Woher wissen Sie von dem
Keller?« Er zog ein Taschentuch hervor, kniete sich vor sie hin und
tupfte ihre Stirn ab. Das zwickte ein bisschen, aber das wollte sie
natürlich nicht zeigen. Sein Gesicht war ganz nah. Obwohl er den
Eindruck von unendlicher Kraft und Stärke vermittelte, verspürte
sie jetzt keine Angst mehr vor ihm.
»Ich …« Liana
musste tief durchatmen. »Seit einiger Zeit sehe ich Dinge, die nicht
da sind oder sein sollten.« Wie schräg das klang.
»Zum Beispiel?« Er
wischte das heruntergelaufene Blut aus ihrem Gesicht. Vorsichtig,
sogar zärtlich war er.
»Ich möchte nicht
unhöflich sein, aber Veit wartet.« Sie stand auf. Auch Traian erhob
sich, ergriff dabei ihre Hand.
Sehr leise sagte er:
»Ich habe erst geglaubt, du wärst eine von ihnen. Bitte verzeih
mir, ich wollte dich nicht verletzten. Das war wirklich nicht meine
Absicht.« Plötzlich schaute er sich um, wirkte nervös, als müsse
er etwas fürchten. »Ich muss gehen.« Mit diesen Worten sprang er
hastig ins Gebüsch und verschwand im Unterholz.
Verdutzt über seine
abruptes Verschwinden blieb Liana zurück.
»Dr. Majewski? Sind
Sie hier?«, rief jemand. Sie wusste zunächst diese Stimme nicht
einzuordnen.
Veit. Es wurde aber
höchste Zeit zu ihm zu gehen. Vermutlich ängstigte er sich zu Tode.
»Dr. Majewski?«
Victor. Es war Victor, der nach ihr rief.
»Ich bin hier«,
antwortete sie, ging ihm derweil entgegen.
»Das tut aber gut,
Sie zu sehen.« Victor schaute sie an, begutachtete gleich ihre
Kopfverletzung. »Was ist passiert?«
»Ich ...«, sie
zweifelte augenblicklich, ob sie Victor von Traian erzählen sollte,
»ich, habe wohl einen Ast übersehen.«
Victor runzelte die
Stirn. Plötzlich verschwand er hinter einer Nebelwolke. Liana
spürte, wie ihr Magen sich zusammenzog und ihre Knie versagten.
»Sie wird eine
Gehirnerschütterung haben«, vernahm Liana eine leise Stimme, die
wie aus einer anderen Welt zu ihr drang. »Fahr sie nach Hause. Ich
sehe mich hier noch mal um.« Das klang nach Victor. Sie musste
schlucken, ihr Mund war wie ausgedörrt.
»Veit?«, hörte
sie sich nuscheln. Ihre Augenlider waren ungewöhnlich schwer. Sie
benötigte mehrere Versuche, um sie zu öffnen, bis sie endlich den
Himmel eines Autos erkannte.
»Alles in Ordnung.
Veit ist hier«, sagte Bucuresti. Liana bemerkte erst jetzt, dass sie
mit angewinkelten Beinen auf dem Rücksitz ihres Wagens lag. Der
Rechtsanwalt saß auf dem Fahrersitz. Er hatte sich zu ihr umgedreht,
seine Hand lag auf ihrem Arm.
»Keine Sorge, ich
fahre Sie besser nach Hause.« Als er den Motor startete, rappelte
sich Liana auf. Schwindel und ein heftiger Kopfschmerz machten ihr zu
schaffen.
»Warten Sie.« Es
reichte ihr nicht zu hören, dass es Veit gut ging, sie musste ihn
sehen, sich überzeugen, ob mit ihm alles in Ordnung war.
»Doamne Dumnezeule,
allmächtiger Gott, so bleiben Sie doch liegen.« Zwischen den
Vordersitzen beugte sich Liana nach vorn. Ihr Magen rebellierte, das
Gefühl verschwand zum Glück aber schnell. Veit drehte den Kopf zur
Seite und sah sie an.
»Lia.« Es klang so
vorwurfsvoll, als wolle er fragen: »Wo warst du?« Liana
begutachtete seine Hautfarbe, fühlte nach seiner Körpertemperatur
und tastete nach seinem Puls. Veit hatte nicht die geringsten
Anzeichen einer akuten Anämie. Konnte es wirklich an seiner blutigen
Mahlzeit liegen? Ihr Verstand begann, gegen die Tatsachen zu
verlieren.
»Glauben Sie mir,
es ist alles in bester Ordnung.« Liana rutsche auf die Rückbank
zurück.
Bucuresti drehte
sich zu ihr um, betrachtete auffallend ihre Stirn. »Das muss aber
ein ziemlich großer Ast gewesen sein.« Er schmunzelte, sah wieder
nach vorn, um loszufahren. Liana war klar, dass weder Victor noch der
Anwalt ihr diese Lüge abgekauft hatten. Er schaute in den
Rückspiegel, nahm Blickkontakt zu ihr auf. »Ist
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