Fluegel der Dunkelheit
vorsichtig an
sich.
»Oh, Traian. Ich
kann nicht mehr ohne dich sein.« Ihre Stimme wirkte beruhigend auf
ihn. Sie klang so aufrichtig, doch in den nächsten Worten lag eine
merkwürdige Anspannung. »Ich muss mit dir reden.« Er löste die
Umarmung. Das hörte sich ernst an. Interessiert sah er ihr ins
Gesicht.
»Heute in der
Zeitung – standen Einzelheiten zu den drei Opfern, die von den
Fledermäusen gebissen wurden.«
Das war ihm so was
von egal. »Ja und?« Sie hatten das bekommen, was sie verdient
hatten.
»Traian! Versteh
doch. Die ganze Gegend ist in Aufruhr wegen dieser Vampirfledermäuse.
Die Polizei geht den Spuren gewissenhaft nach. Es ist nur eine Frage
der Zeit, bis sie dahinter kommen, dass all diese Opfer etwas
gemeinsam haben.«
Verdammt! Traian
fühlte sich geohrfeigt, beschloss aber, vorerst nichts zu zugeben.
Ihm blieb es rätselhaft, woher Liana Kenntnis von seinen Taten, von
der Verbindung zu den Opfern hatte. Was kapierte er hier eigentlich
nicht? Sollte Liana in der Lage sein, seine Gedanken zu lesen? Lag
seine Seele offen, wie ein aufgeschlagenes Buch vor ihr? Die
Überlegung ließ ihn zurückschrecken.
»Nein!« Fest
ergriff sie sein Handgelenk. »Diesmal läufst du nicht davon. Du
wirst mir jetzt zuhören.«
Für ihn wäre es
ein Leichtes gewesen, sich zu befreien, einfach zu verschwinden. Doch
Liana wollte er nicht ständig vor den Kopf stoßen. Das verdiente
sie nicht.
»Ich habe in einer
Vision erlebt, wie sie dich damals angeschossen, dir die Milz
verletzt und dich gefangen genommen haben. Ich weiß von diesen
schändlichen Versuchen.« Lianas energischer Tonfall ließ ihn
innehalten. »Gott, Traian, ich kann deinen Hass auf diese Menschen
verstehen.« Ihr flehender Blick berührte sein Inneres. »Aber damit
bringst du dich selbst in Gefahr. Diesmal werden es keine Ärzte,
sondern Polizisten sein, die dich einsperren.« Sie schluckte. »Ich
habe Angst um dich, Traian.«
Es war unglaublich,
woher diese Frau das alles wusste. Er bemühte sich, ein Lächeln
aufzulegen. »Meinst du nicht, dass du mich mit jemandem
verwechselst?«
Leichte Röte stieg
ihr ins Gesicht. »Verflucht noch mal, das ist nicht komisch.« Wenn
Liana wütend wurde, war sie einfach zum Anbeißen. Traian konnte
sich nicht zurückhalten. Er beugte sich zu ihr, näherte sich mit
seinen Lippen ihrem Mund. Er wollte ihr zeigen, wie sehr auch er sie
begehrte. Er entwaffnete damit Liana, das war ihm bewusst, doch in
dieser Situation schwelgte er förmlich in seiner Überlegenheit. Er
spürte dieses herrliche Kribbeln in seinem Gesicht, wie es einen
Rücken herunter strömte. Ihm war, als würden winzig kleine Ameisen
über seinen Hintern krabbeln, bis nach vorn, wo alle Nervenenden des
Glücks ihr Gegenstück suchten. Traian verlor das Gefühl, im Hier
und Jetzt zu sein. Erst, als er etwas über seinem Kopf bemerkte,
kehrte er in die Wirklichkeit zurück.
Er versuchte seine
eifersüchtigen Freunde mit einer Handbewegung zu verscheuchen, was
aber nur dazu führte, dass Liana sich von dem Kuss, von ihm löste.
Demonstrativ hängten sich die drei Fledermäuse an seinen Ärmel.
Lianas Blick wechselte zwischen Traians Gesicht sowie den Tieren hin
und her.
Er war ertappt,
spürte leichte Hitze in sich aufsteigen. Heftig schüttelte er
seinen Arm, um seine Freunde zum Fliegen zu zwingen. Sie gaben ein
leises Quietschen von sich, als wollten sie ihm etwas mitteilen.
Liana schaute ihn
bitterernst an. »Bitte Traian. Warte eine Weile, bis Gras drüber
gewachsen ist.«
Jetzt half nur noch,
sich den Tatsachen zu stellen. »Sag mir, woher du so viel über mich
weißt.« Er spürte auch ein wenig Erleichterung. Liana verurteilte
seine Taten nicht.
»Ich habe Visionen.
Eigentlich erst seit kurzem. Sie zeigen mir alles Mögliche über
dich. Ich weiß, welche Qualen hinter dir liegen«, sie nahm seine
beiden Hände, »ich möchte dir helfen, Traian. Lass mich dich
untersuchen. Bitte.«
Untersuchen???
Eine merkwürdige
Enge breitete sich in seinem Hals aus. Ihm schien die Luft zum Atmen
zu fehlen.
Niemals!!!
Seine Blackouts,
seine Kopfschmerzen fielen ihm ein. Tatsächlich musste er eventuell
eines Tages jemanden aufsuchen, der ihm helfen konnte und wenn dieser
Tag kommen sollte, dann käme nur Liana dafür in Frage. Seine
Beschwerden hatten mit Sicherheit irgendwo eine Ursache. Darüber
hatte er bisher aber noch nie nachgedacht: Zuerst sollte er sich
langsam mit dem Gedanken einer möglichen Untersuchung
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