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Fluegellos

Fluegellos

Titel: Fluegellos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Cardinal
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nachdenklich. »Oder meinst du im lebenden Zustand?«, fragte er nach einiger Zeit.
    Ich nickte. »Ich meine, dass man den Körper verlassen kann, wann man will.«
    Er rückte unruhig hin und her, bis er sich letztlich mit beiden Unterarmen auf den Oberschenkeln abstützte. »Das ist kein Wissen, was ich dir jetzt geben kann, okay? Das sind Theorien. Theorien, die ich für sehr plausibel halte.«
    »Damit kannst du mir mehr geben, als jeder andere«, erwiderte ich, spitzte die Ohren und rückte ihm nun selbst näher. Das klang vielversprechend. Anscheinend hatte Valentin einen sehr guten Riecher, was das anging.
    »Okay.« Er sah geradeaus und setzte sich mit seinem Blick irgendwo an der gegenüberliegenden Tür fest. »Es ist im Grunde so, dass Seele und Körper zwei verschiedene Dinge sind, zwar verbunden, aber nicht zwangsweise. Der Unterschied ist, dass die Seele ohne den Körper existieren kann, allerdings nicht umgekehrt. Verstanden?« Diesmal fuhr er nicht direkt fort, sondern warf mir einen seitlichen Blick zu und wartete auf meine Antwort.
    Ich nickte schnell.
    »Für gewöhnlich trennt sich beides durch den Tod. Dann gibt es keine Verbindung mehr, als würdest du ein Kabel zerschneiden. Der Strom kommt nicht mehr durch und die Glühbirne kann nicht mehr leuchten. Der Körper ist tot und die Seele irrt umher. Alles klar?«
    Ich nickte erneut. »Die Glühbirne ist die Seele, oder?«, fragte ich. »Funktioniert immer noch, obwohl der Körper – also das Kabel – kaputt ist.«
    Alex lächelte. »Genau so. Das Kabel ist unbrauchbar, außer du reparierst es, indem du die Drähte wieder zusammenlötest. Dann hast du wieder ein funktionierendes System und die Birne leuchtet wieder, auch, wenn sie mit dem ehemals kaputten Kabel verbunden ist.«
    Ich runzelte die Stirn. »Wie repariert man einen Menschen?«
    »Indem du ihn wiederbelebst.«
    Ich erstarrte. Wiederbelebung. Der Sanitäter, der mich aus dem Wasser gefischt und beatmet hatte, bis ich wieder am Leben gewesen war. Das ergab alles einen Sinn. Mein Körper war kaputt gewesen, und durch die Wiederbelebung wieder mit meiner Seele verbunden worden. »Okay«, flüsterte ich. Anspannung stieg in mir auf. »Sprich weiter.«
    Er beobachtete mich kurz, fuhr dann aber fort. »Es ist dem Zufall überlassen, ob es klappt. Manchmal sind die beiden Drähte nicht wirklich gut verbunden und es kommt zu einem Wackelkontakt.«
    Ich schluckte und nickte.
    »Jetzt entsteht das Szenario, das du dir gewünscht hast. Die Verbindung zwischen Seele und Körper ist fehlerhaft und ab und an können sich beide sogar kurz voneinander lösen, aber nicht vollständig. Ergo die Seele verlässt den Körper. Ergibt das einen Sinn für dich?«
    »Ja«, murmelte ich und spürte, wie ich zu zittern begann. »Kann es sein, dass eine Seele in diesem Zustand die Gedanken anderer Seelen mitbekommt?«
    Alex überlegte kurz. »Vielleicht, aber darüber habe ich noch nicht wirklich nachgedacht. Möglich wäre es schon, aber dann wahrscheinlich nur einen Bruchteil. Die gesamten Gedanken würde man nur mitbekommen, wenn beide Seelen vom Körper gelöst sind und die Gedanken so nicht mehr in der fleischlichen Hülle eingesperrt sind.«
    Ich verkrampfte meine Hand in meinem Oberschenkel. Scheiße. Das ergab Sinn. Dann gab es eigentlich nur noch eine Frage, die ich stellen musste. Aber mir war, als kannte ich die Antwort darauf selbst schon. »Wie repariert man diese Verbindung?«, wollte ich wissen.
    »Darf ich ein zweites Beispiel einbringen?«
    Ich nickte.
    »Stell dir vor, du brichst dir den Arm, gehst aber nicht ins Krankenhaus und lässt ihn ohne Operation heilen. Sehr oft wächst der Knochen falsch wieder zusammen. Was tust du also?«
    »Ich gehe ins Krankenhaus und lasse ihn richten«, murmelte ich.
    »Genau. Die Ärzte brechen deinen Arm wieder und operieren ihn, damit er diesmal richtig zusammenwächst.«
    Mir wurde schwindelig. »Hast du ein Glas Wasser für mich?«, fragte ich leise und rieb mir über die Schläfen. Ein nervtötendes Piepen breitete sich aus.
    Alex bejahte, stand auf und verschwand wieder in Richtung Küche. Ich hörte dumpf den Wasserhahn, das Gluckern eines sich füllenden Glases und dann wieder seine Schritte, die sich mir näherten.
    »Danke«, murmelte ich und nahm das Wasser entgegen, das er mir reichte. Es war mir egal, dass es leicht trüb war und nicht zu definierende Krümel innen umher trieben. Ich brauchte Wasser. Mit einem einzigen Schluck leerte ich das ganze

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