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Fluegelschlag

Titel: Fluegelschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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ihn an seinem ersten Abend im Kasino eine Handvoll Jetons gekostet hatte, kam herein. Fasziniert bewunderte er ihren Hüftschwung. Bei dem Gedanken daran, wie sie ihre langen Beine auf seine Schultern gelegt hatte, wurde er sofort hart. Das Luder hatte gestöhnt, seinen Namen geschrien und geschworen, dass es ihr noch nie jemand so gut besorgt hätte wie John.
    Heute allerdings würdigte sie ihn keines Blickes, fast so, als habe sie ihn noch nie gesehen. Sie nahm den Scheck entgegen und entschwebte mit dem Versprechen, so schnell wie möglich zurück zu sein.
    »Du bleibst hier, bis ich weiß, ob er gedeckt ist.«

    »Wenn du mir nicht glaubst!« John warf sich in einen ledernen Sessel und schlug ein Bein über das andere. »Ich hoffe, deine Kleine kommt heute auch so schnell«, sagte er anzüglich und freute sich, als er sah, wie sich die Fäuste des Boxers unwillkürlich schlossen.
    Es waren riesige Fäuste - der Mann trug seinen Beinamen nicht ohne Grund. Offenbar fiel es ihm nicht so leicht, sein Pferdchen zu teilen. Gut zu wissen.
    Als Babette tatsächlich kurz darauf zurückkehrte, verging ihm allerdings das Lachen.
    »Nicht gedeckt«, sagte sie lapidar und zerriss den Scheck vor seinen Augen.
    »Das ist nicht wahr!« Im Nu war er bei ihr und umfasste ihren Arm, bis sich seine Finger tief in das weiße Fleisch bohrten. Sie log. Noch vor einer halben Stunde hatte er die Zahlen auf seinem Kontoauszug mit eigenen Augen gesehen. Nur weil die Bank noch geschlossen war, hatte er das Geld nicht sofort abgehoben, wie er es beim letzten Mal getan hatte. Außerdem spuckte ein Geldautomat solche Summen nicht aus. Welches Spiel spielte Nácar da mit ihm?
    »Lass sie los!«
    John sah auf und blickte direkt in die Mündung einer 44er Magnum. Scheiße! Doch anstatt dem Befehl zu folgen, zog er Babette blitzschnell zu sich heran und drehte ihr den Arm auf den Rücken, so dass sie vor Schmerz aufschrie. Die Hand an ihrem Hals, schob er sie als Schutzschild zwischen sich und die Waffe.
    »Du kommst hier nicht raus, bevor ich mein Geld zurückhabe!«, drohte der Boxer, bewegte sich aber nicht weiter auf ihn zu, um seine Geliebte nicht zu gefährden. »Mäuschen, bleib ganz ruhig!«, warnte er.

    Vergebens. Sie trat John mit ihrem spitzen Absatz auf den Fuß und biss ihm gleichzeitig in den Unterarm. Mehr vor Überraschung als vor Schmerz stieß er einen Schrei aus und verpasste ihr einen kräftigen Stoß. Sie stolperte nach vorn, direkt in die Arme ihres Geliebten. Als der sie auffangen wollte, geschah es: Ein Schuss löste sich.
    Im ersten Augenblick konnte John nur denken, dass das Geräusch viel lauter war, als er es aus den einschlägigen Krimis kannte. In seinen Ohren pfiff es schrill, und er sah - nun beinahe taub - fassungslos zu, wie sie quälend langsam zu Boden glitt, als wäre die Zeit ebenfalls von diesem unerhörten Vorfall beeinflusst worden. Die Hand auf den Leib gepresst, einen erstaunten Ausdruck im Gesicht, krümmte sie sich schließlich wie ein Neugeborenes in ihrem Blut. Der Schütze stand regungslos da und ließ es geschehen.
    Der Schock , dachte John. Das ist der Schock, und gleich bricht hier die Hölle los. Ein stechender Schmerz breitete sich in seinem Kopf aus, fast so, als würde etwas in ihn eindringen wollen. Sein Körper wehrte sich vergeblich. Doch als er der fremdartigen Energie schließlich erlaubte, sich in seinem Bewusstsein auszubreiten, verschwand der Schmerz so rasch, wie er gekommen war. Es blieb ihm keine Zeit, darüber nachzudenken. Panisch blickte er sich um - da sah er ihn.
    Regungslos stand der Schutzengel am Fenster und betrachtete den zusammengesunkenen Körper. Gleichsam distanziert schien er Babettes Sterben zu beobachten, als warte er darauf, dass diese unangenehme Angelegenheit vorüberginge, damit er sie auf ihrem vorerst letzten Weg begleiten und sie später einem Todesengel übergeben konnte.

    »Tu doch was!«, brüllte John, der schlagartig aus seiner Schockstarre erwacht war. »Warum stehst du da nur rum? Du musst sie retten, verdammt nochmal. Das ist dein Job!«
    Der Engel sah zu ihm herüber und betrachtete ihn ausdruckslos. Ich kann nichts tun. Ihre Zeit ist gekommen .
    Er sah jung aus, kaum älter als sechzehn oder siebzehn. Was wusste so einer schon vom Sterben? John stürzte nach vorn und ergriff die Pistole, die dem Boxer aus der Hand zu gleiten drohte.
    Ein zweiter Schutzengel erschien. Er erfasste die Situation mit einem Blick, schob den Boxer aus der Schussrichtung

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