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Flüsterherz

Flüsterherz

Titel: Flüsterherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debora Zachariasse
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für Januar, kein weiterer Kuss, kein Regenbogen.
    Auf dem Nachhauseweg drehte sich mein Magen fast schneller als die Pedale. Bei dem Gedanken, dass ich mir vielleicht gerade die Chance meines Lebens verbaut hatte, wurde mir beinahe schlecht. Sollte ich besser doch zur Christmas-Party gehen?
    Ach, warum sind Jungs nur so furchtbar kompliziert?
    Beim Abendessen wagte ich einen Vorstoß.
    »Am Freitagabend bin ich bei Tibby. Bisschen chillen und vielleicht gehen wir noch aus.« Ich hatte kein gutes Gefühl bei der Sache. »Tibby hat vorgeschlagen, dass ich bei ihr übernachte. Ich komm dann am Samstagmorgen wieder.«
    »Gut«, sagte Pa. »Freitag bei Tibby übernachten: ja. Ausgehen oder Weihnachtsparty: nein.«
    Verdammt! Warum wusste er das mit der Party noch? Ich hätte Sam verfluchen können. Und ich blöde Kuh machte immer treu und brav, was meine Eltern wollten. Ich dachte an das Gespräch mit Easy am Nachmittag, als ich mich urplötzlich wie meine Eltern angehört hatte. Wenn ich nicht bald was dagegen unternahm, wurde ich noch genauso spießig wie sie.
    Mir blieb nur eine Möglichkeit: Ich lächelte gehorsam, und nach dem Essen rannte ich sofort in mein Zimmer, um Tibby zu simsen, dass ich doch mitginge. Danach durchwühlte ich den Kleiderschrank nach einem coolen Outfit.
    Ich hatte gerade ein paar Sachen auf dem Bett ausgebreitet, da brummte es hinter mir: »Sag mal, was machst du da?«
    Pa!
    Das Herz sprang mir fast aus der Brust.
    Erst stand ich da wie versteinert, dann drehte ich mich um. Langsam, schuldbewusst.
    Es war gar nicht Pa. Es war Sam, und er begann, wie ein Irrer zu lachen. So sehr, dass er sich die Seiten halten musste.
    »Du Arsch!«, fauchte ich. »Wenn du …« Leider konnte ich nicht schreien, denn dann würden Ma und Pa alles mitkriegen. Ich versuchte zu flüstern, aber heraus kam eher eine Art Zischen, wie von einer fiesen Giftschlange. »Wenn du deinblödes Maul gehalten hättest, müsste ich jetzt nicht heimlich davonschleichen!«
    »Welche Rede, mein Kind, ist deinen Lippen entflohen?«, säuselte er und wieherte wieder los.
    »Halt den Mund!«
    »Du bleibst besser schön brav zu Hause, Schwesterherz.«
    »Hör auf, mich zu belehren! Ich weiß selber, was ich tue!«, sagte ich pampig.
    Sam nickte mir väterlich zu. »Darf ich dann vielleicht hoffen, dass Madame sich in Bälde bequemen, meinen Becher zu kleben?«
    »Wozu die Eile?«, fragte ich.
    »Och, man weiß ja nie. Nicht dass ich mich noch aus Versehen verplappere.«
    Das war eine Drohung, eindeutig. Klar, ich hätte den blöden Autogramm-Becher längst kleben sollen, aber mich damit zu erpressen, das war echt eine Gemeinheit. Nie und nimmer hätte ich Sam das zugetraut.

8
    Am Freitagabend machte ich mich nach dem Essen auf den Weg zu Tibby.
    »Bis morgen früh dann«, sagte ich und nahm Sam scharf ins Visier. Die letzten Tage hatte er immer wieder Anspielungen gemacht, obwohl ich seinen Becher repariert hatte, zähneknirschendwohlgemerkt. Mit stechendem Blick versuchte ich, ihm klarzumachen, dass er mich besser nicht verpfiff. Andernfalls könnte er seinen Ajax-Becher vergessen und das kindische Elmo-Teil gleich dazu.
    Keine Ahnung, ob er meinen Gesichtsausdruck richtig deutete, jedenfalls verzog er keine Miene. »Viel Vergnügen«, sagte er nur.
    »Ja, viel Spaß bei Tibby«, sagte Ma.
    »Und denk dran: Ich verlass mich auf dich«, sagte Pa. »Bleib nicht bis in die Puppen wach, sonst bekommst du morgen die Augen nicht auf.«
    Ufff. Mit vor Nervosität schlotternden Knien radelte ich los. Und der Inhalt meiner Tasche schlotterte mit: die neuen Stiefel, Rock, Schlafanzug, Schlafsack und Kulturbeutel.
    »Reiß dich zusammen«, ermahnte ich mich selbst. Dann hielt ich kurz, rief Tibby an und sagte ihr, dass ich auf dem Weg sei.
    Ich ging durch die Hintertür in die Wohnküche und stolperte fast über Schnaps, der einer Spinne hinterherjagte. Bacardi sprang von Sharimas Schoß, als ich reinkam.
    »Hi, Anna, wie geht’s?«, begrüßte sie mich. Sie sah mal wieder blendend aus: enge schwarz-gelb gestreifte Leggins, braune Tunika, knallrotes Tuch im Haar, supertolle Ohrringe und coole knallgelbe Schuhe mit so hohen Stöckeln, dass man sie glatt als Stricknadeln hätte benutzen können.
    »Gut, danke«, sagte ich und lächelte.
    Sharima nickte, und ich überlegte gerade, was ich noch sagen könnte, da rief Tibby auch schon: »Bin oben!«
    Ich ging die schmale, ewig knarrende Treppe hinauf, an der Deko aus bunten Kronkorken entlang, die

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