Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flüstern in der Nacht

Flüstern in der Nacht

Titel: Flüstern in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
Kreisen, aber ganz habe ich die Verbindung nicht aufgegeben. Ich arbeite jede Woche fünfzehn bis zwanzig Stunden in einer Drogenberatungsstelle. Weil ich das Gefühl habe, es gibt dort irgendwie noch Schulden, die ich begleichen muß, verstehen Sie? Ich verbringe die Hälfte meiner Zeit mit den jungen Leuten und die andere damit, Informationen zu sammeln. Es gibt da eine Telefonnummer, die man anrufen kann. Nun, in unserer Gruppe warten wir nicht darauf, daß die Leute uns anrufen. Wir kämmen selbst die Viertel durch, in denen die Dealer tätig sind. Wir gehen von Tür zu Tür, reden mit Eltern und jungen Leuten, horchen sie aus. Wir sammeln Akten über Dealer, bis wir glauben, daß wir sie festnageln können, und dann geben wir das, was wir haben, der Polizei weiter. Wenn dieser Valdez also ein Dealer ist, dann besteht durchaus die Möglichkeit, daß ich einiges über ihn weiß.«
    »Ich muß Tony rechtgeben«, sagte Frank. »Sie sind wirklich ein erstaunlicher Mann.«
    »He, hören Sie zu. Für meine Arbeit in der Drogenberatung braucht mir wirklich keiner auf die Schulter zu klopfen. Ich hab' auch keine Gratulation verlangt. Ich hab' zu meiner Zeit 'ne ganze Menge Jugendlicher drogenabhängig gemacht, und wenn ich sie nicht auf den falschen Weg gebracht hätte, dann wäre denen das vielleicht erspart geblieben. Ich werd' 'ne ganze Zeit brauchen und jungen Leuten helfen, bis mein Konto ausgeglichen ist.« Frank nahm die Fotos aus dem Umschlag und reichte sie Tucker.
    Der Neger sah sich jede der drei Aufnahmen gründlich an. »Ich kenne den kleinen Schweinehund. Er ist einer von etwa dreißig Typen, über die wir gerade Material sammeln.« Tonys Herzschlag beschleunigte sich in Erwartung der bevorstehenden Jagd.
    »Nur den Namen Valdez benutzt er nicht«, meinte Tucker. »Juan Mazquezza?«
    »Auch nicht. Ich denke, er nennt sich Ortiz.« »Wissen Sie, wo wir ihn finden können?« Tucker stand auf. »Lassen Sie mich kurz telefonieren. Vielleicht hat man in der Drogenberatung seine Adresse.« »Großartig«, meinte Frank.
    Tucker stand auf und ging Richtung Küche, um das Telefon dort zu benutzen, blieb kurz stehen und wandte sich um. »Das dauert vielleicht ein paar Minuten. Wenn Sie sich unterdessen ein paar von meinen Entwürfen anschauen wollen, können Sie ja ins Arbeitszimmer gehen.« Er wies auf eine Doppeltür, die aus dem Wohnzimmer hinausführte. »Sicher«, meinte Tony. »Die würd' ich mir gern ansehen.« Er und Frank gingen ins Arbeitszimmer und stellten fest, daß es noch spärlicher möbliert war als das Wohnzimmer. Da stand ein großer, teurer Zeichentisch mit eigener Lampe. Vor dem Tisch stand ein Arbeitshocker mit gepolsterter Sitzfläche und daneben ein kleiner Rollschrank mit Malutensilien. An einem der Fenster posierte eine Schaufensterpuppe mit kokett zur Seite gelegtem Kopf und glänzenden Armen, die sie weit ausgestreckt hielt; zu Füßen der Puppe lagen ein paar Ballen buntes Tuch. Regale oder Schränke gab es nicht; Skizzen und Zeichenutensilien waren an einer Wand aufgestapelt. Offenbar war Eugene Tucker überzeugt, im Laufe der Zeit das ganze Haus mit ebenso exquisiten Stücken wie im Wohnzimmer ausstatten zu können; unterdessen begnügte er sich mit dem Nötigsten, ohne Geld für billiges provisorisches Mobiliar zu verschwenden.
    Typisch kalifornischer Optimismus, dachte Tony. An einer Wand hingen mit Reißzwecken befestigt ein paar Bleistiftskizzen und einige Aquarelle, Tuckers Arbeit. Seine Kleider und Blusen wirkten geschneidert und doch fließend feminin, aber keineswegs überladen. Er hatte einen ausgezeichneten Sinn für Farben und für einige wichtige Details, die dem Kleidungsstück seine besondere Note gaben. Auch ohne Fachmann zu sein, konnte man sein Talent erahnen. Tony fiel es immer noch schwer, sich vorzustellen, daß dieser hünenhafte, harte Neger sich seinen Lebensunterhalt mit dem Entwerfen von Frauenkleidung verdiente. Aber dann wurde ihm klar, daß der Unterschied zwischen ihm selbst und Tucker eigentlich gar nicht so groß war. Untertags war er Detektiv in der Mordabteilung und, aufgrund all der Gewalt, hart und gefühllos. Aber am Abend war er Künstler, der in seinem Studio über die Staffelei gebeugt malte, malte und malte. Auf seltsame Art verbanden ihn und Eugene ähnliche Neigungen.
    Als Tony und Frank sich noch die letzten Skizzen ansahen, kam Tucker aus der Küche zurück. »Nun, was meinen Sie?« »Wunderbar«, sagte Tony. »Sie haben ein großartiges

Weitere Kostenlose Bücher