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Flüstern in der Nacht

Flüstern in der Nacht

Titel: Flüstern in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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die er über Gebühr dem Frye-Nachlaß widmen müsse, sei verschwendet. Selbstverständlich würde er für seine juristischen Dienste ein beträchtliches Honorar erhalten, aber er besaß bereits mehr Geld, als er je ausgeben würde. Ihm gehörten beträchtliche Immobilien im Tal, darunter einige hundert Acres erstklassiges Weinland, das jemand für ihn verwaltete und die Trauben ausgezeichneter Qualität an zwei Betriebe lieferte, die nie genug davon bekommen konnten. Kurze Zeit spielte er sogar mit dem Gedanken, das Gericht darum zu bitten, ihn seiner Pflichten zu entheben; eine von Fryes Banken hätte den Auftrag mit dem größten Vergnügen übernommen. Er zog auch in Betracht, die Arbeit Ken Gavins und Roy Genelli zu übertragen, den zwei tüchtigen Anwälten, die er vor sieben Jahren als Partner aufgenommen hatte; aber sein ausgeprägtes Loyalitätsempfinden hielt ihn davon ab, diesen bequemen Ausweg zu suchen. Katherine Frye hatte ihm vor fünfunddreißig Jahren den Start als Anwalt im Napa-Tal ermöglicht; deshalb glaubte er, ihr einfach die Zeit jetzt schuldig zu sein und persönlich die ordnungsgemäße und würdevolle Auflösung des Frye-Familienimperiums zu leiten. Drei Wochen.
    Dann würde er wieder mehr Zeit für die Dinge haben, die ihm Freude bereiteten: das Lesen guter Bücher, Schwimmen, das Lenken seines Modellflugzeuges, Lernen, neue Gerichte zu kochen und sich gelegentlich ein Wochenende in Reno zu leisten. Ken und Roy erledigten bereits den Löwenanteil der Geschäfte seiner Sozietät und machten ihre Sache verdammt gut. Joshua hatte sich noch nicht ganz aus der aktiven Tätigkeit zurückgezogen, hockte aber irgendwie am Rande, ließ die Beine in einen großen Tümpel der Muße hängen und wünschte sich immer wieder, dafür noch zu Coras Lebzeiten mehr Zeit gefunden zu haben.
    Um 16.20 Uhr, mit den erzielten Fortschritten zufrieden und von dem herrlichen Anblick des herbstlichen Tales draußen vor dem Fenster beruhigt, erhob er sich aus seinem Sessel und ging ins Vorzimmer. Karen Farr hämmerte wie wild auf eine IBM Selectric II ein, die ebenso gute Arbeit leistete, würde man sie nur streicheln. Karen war ein zierliches Mädchen, blaß und blauäugig und mit einer leisen Stimme, aber was immer sie tat, betrieb sie mit einem Überschwang an Kraft und Energie.
    »Ich will mir einen kleinen Whiskey leisten«, erklärte Joshua. »Falls jemand anruft und mich sprechen möchte, dann sagen Sie, ich sei sinnlos betrunken und könnte nicht ans Telefon kommen.«
    »Worauf die antworten werden, ›Was? Sagen Sie das noch mal!‹«
    Joshua lachte. »Sie sind wirklich eine reizende junge Frau, Miss Farr. Schlagfertig, nett und so zierlich, daß Sie kaum Schatten werfen.«
    »Wie Sie nur als Nicht-Ire Ihren Mund so vollnehmen können. Gehen Sie und trinken Sie Ihren Whiskey. Ich werd' schon aufpassen.« Er ging in sein Büro zurück, klappte die Bar in der Ecke auf, tat Eis in ein Glas, goß einen tüchtigen Schuß Jack Daniel's Black Label darüber und hatte erst zweimal daran genippt, als jemand an seine Bürotür klopfte. »Herein.«
    Karen öffnete die Tür. »Da ist jemand am Telefon –« »Ich dachte, ich könnte meinen Drink in Ruhe nehmen.« »Seien Sie doch nicht so ekelhaft«, erwiderte sie. »Das gehört zu meinem Image.«
    »Ich hab' ihm gesagt, Sie wären nicht da. Aber als ich dann hörte, was er wollte, dachte ich, Sie sollten vielleicht doch mit ihm reden. Es handelt sich um eine seltsame Sache.« »Wer ist es denn?«
    »Ein Mr. Preston von der First Pacific United Bank in San Franzisko. Es geht um den Frye-Nachlaß.« »Was ist denn daran seltsam?«
    »Das lassen Sie sich besser von ihm selbst erklären«, meinte sie.
    Joshua seufzte. »Na, meinetwegen.« »Auf Leitung zwei.«
    Joshua ging an seinen Schreibtisch, setzte sich, nahm den Hörer ab und sagte: »Guten Tag, Mr. Preston.« »Mr. Rhinehart?«
    »Am Apparat. Was kann ich für Sie tun?« »Das Shade-Tree-Weingut hat mir mitgeteilt, daß Sie den Frye-Nachlaß verwalten.« »Das ist richtig.«
    »Ist Ihnen bekannt, daß Mr. Bruno Frye in unserem Hauptbüro hier in San Franzisko Konten unterhalten hat?« »Bei der First Pacific United? Nein, davon weiß ich nichts.« »Ein Sparkonto, ein Scheckkonto und einen Safe«, ergänzte Preston.
    »Er hatte mehrere Konten bei verschiedenen Banken. Es gibt eine Liste darüber. Aber Ihre Bank steht nicht auf dieser Liste. Ich bin auch nicht auf Sparbücher oder Auszüge Ihrer Bank

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