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Flüstern in der Nacht

Flüstern in der Nacht

Titel: Flüstern in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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den roten Schlußlichtern der Autos ab und studierte statt dessen von der Seite das Gesicht seines Partners. Frank spürte Tonys prüfenden Blick, seine Aufmerksamkeit konzentrierte sich aber ganz auf das Fahren. Er starrte gebannt in den quecksilberähnlichen Verkehrsfluß auf dem Wilshire Boulevard. Das grüne Leuchten der Armaturen unterstrich seine markanten Züge noch stärker. Er sah im klassischen Sinne wohl nicht so gut aus, wirkte aber auf seine ganz persönliche Art: breite Stirn, tiefliegende blaue Augen, eine etwas zu groß geratene, scharfgeschnittene Nase, ein gutgeformter, häufig jedoch grimmig zusammengepreßter Mund, der sein kantiges Kinn betonte. Das Gesicht strahlte zweifellos eine gewisse Attraktivität und Kraft aus – mehr als nur eine Andeutung von Entschlossenheit. Man konnte sich ausmalen, wie Frank nach Hause ging, sich jeden Abend hinsetzte und ausnahmslos in eine Trance verfiel, die bis acht Uhr am nächsten Morgen andauerte.
    Neben der Bereitschaft, den größten Teil ihrer Zeit dem Beruf zu widmen, verbanden Tony und Frank noch einige Gemeinsamkeiten. Viele Zivilfahnder hatten die alten Kleiderzwänge abgelegt und trugen jetzt Jeans oder Freizeitanzüge im Dienst – Tony und Frank dagegen bestanden darauf, Anzug und Krawatte zu tragen. Sie hielten sich für qualifizierte Fachleute, die einen Beruf ausübten, der eine spezielle Ausbildung und besondere Fähigkeiten verlangte, ebenso wie der Job eines Strafverteidigers, Lehrers oder Sozialarbeiters – tatsächlich noch anspruchsvoller war. Deshalb schienen Jeans nicht den angemessenen Rahmen zu bilden. Beide rauchten nicht und tranken während der Arbeitszeit keinen Alkohol. Und jeder erledigte seinen eigenen Papierkram auch selbst.
    Vielleicht klappt es doch mit uns beiden, dachte Tony. Vielleicht kann ich ihn mit der Zeit in Ruhe davon überzeugen, daß sich mehr Charme und weniger Gewalt bei Zeugenverhören lohnt. Vielleicht kann ich ihn doch noch für Filme und gutes Essen begeistern, wenn schon nicht für Bücher, Kunst und Theater. Wahrscheinlich fällt mir deshalb die Anpassung an ihn so schwer, weil meine Erwartungen viel zu hochgeschraubt sind. Herrgott, wenn er nur mehr reden würde, statt einfach nur wie ein Strohsack dazusitzen. Tony würde für den Rest seiner Laufbahn als Detektiv der Mordabteilung mehr von seinem Partner erwarten, da er fünf Jahre lang, bis 7. Mai vergangenen Jahres, mit einem fast perfekten Partner, Michael Savatino, zusammengearbeitet hatte. Er und Michael stammten beide aus italienischen Familien, teilten also gewisse ethnische Erinnerungen, Freuden und Schmerzen. Und sie setzten bei ihrer Polizeiarbeit ähnliche Methoden ein und erfreuten sich ähnlicher Freizeitaktivitäten. Michael galt als Leseratte, Filmfan und hervorragender Koch. Ihre Tage waren mit so manchen faszinierenden Gesprächen erfüllt gewesen.
     
    Letzten Februar fuhren Michael und seine Frau Paula übers Wochenende nach Las Vegas und schauten sich dort zwei Shows an. Sie aßen zweimal in Battista's Hole in the Wall zu Abend, dem besten Restaurant der Stadt. Sie füllten ein Dutzend Keno-Karten aus, gewannen aber nichts. Sie spielten Blackjack, zwei Dollar Einsatz pro Spiel, und verloren sechzig Kröten. Eine Stunde vor der geplanten Rückreise steckte Paula einen Silberdollar in einen Spielautomaten, zog den Handgriff und gewann etwas mehr als zweihundertzwanzigtausend Dollar.
     
    Die Arbeit bei der Polizei war nie Michaels Traumjob gewesen, er hatte lediglich, ähnlich wie Tony, die sichere Stellung geschätzt, zunächst die Polizeiakademie besucht und sich relativ schnell vom uniformierten Streifenpolizisten zum Detektiv hochgearbeitet, da die Beamtenlaufbahn eine mittelmäßige Sicherheit bot.
    Im März dann kündigte Michael und quittierte im Mai den Dienst. Sein ganzes Leben lang wollte er schon ein Restaurant besitzen. Vor fünf Wochen endlich eröffnete Savatino's, ein kleines, echt italienisches Ristorante am Santa Monica Boulevard, nicht weit vom Century-City-Komplex entfernt. Ein Traum war in Erfüllung gegangen. Wie wahrscheinlich würde sich wohl mein Traum erfüllen? fragte sich Tony, die nächtliche Stadt betrachtend, durch die sie fuhren. Wie groß ist die Chance, in Las Vegas zweihunderttausend Kröten zu gewinnen, die Polizeiarbeit aufzugeben und den Versuch zu unternehmen, als freier Künstler seinen Weg zu machen. Er brauchte die Frage nicht laut zu stellen, Frank Howards Meinung und Antwort kannte er.
    War

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