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Flüstern in der Nacht

Flüstern in der Nacht

Titel: Flüstern in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Welt wimmelt nur so von Arschlöchern, Junkies und Fanatikern mit Kanonen. Man muß mit seinem Partner so zusammenarbeiten, als wäre er ein Stück von einem, ein dritter Arm. Tut man das nicht, so ist die Wahrscheinlichkeit verdammt hoch, daß einer ins Gras beißt.«
    »Ich denke, wir sollten ernsthaft darüber nachdenken, ob wir zueinander passen.« »Yeah«, meinte Frank.
    Tony fing an, die Hausnummern der Gebäude, die sie passierten, zu überfliegen. »Wir müßten gleich da sein.« »Das da sieht danach aus«, Frank deutete mit dem Finger. Die Adresse auf Juan Mazquezzas WG-Lohnkarte führte zu einem Apartmentgebäude mit sechzehn Wohneinheiten und Garten in einem Häuserblock, der vorwiegend gewerblich genutzt wurde: Tankstellen, ein kleines Motel, ein Reifenladen und ein Tag und Nacht geöffneter Lebensmittelladen. Aus der Ferne wirkten die Apartments neu und beinahe teuer, aber bei näherem Hinsehen erkannte Tony Anzeichen des Verfalls und der Vernachlässigung. Die Außenwände brauchten einen neuen Verputz, der alte war stellenweise abgeblättert oder gesprungen. Holztreppen, Geländer und Türen schrien förmlich nach neuer Farbe. Eine Tafel am Eingang verkündete, daß sich hier die Las Palmeras Apartments befänden. Ein Wagen hatte die Tafel gerammt und beschädigt, aber sie war nicht ausgetauscht worden. Aus der Ferne sah Las Palmeras gut aus, weil eine Menge Büsche davorstanden, die einen Teil der Defekte vertuschten und die Spuren der Vernachlässigung kaschierten. Aber bei näherer Betrachtung der Gartenanlage wurde einem erneut bewußt, wie schäbig Las Palmeras war; die Sträucher hatte man schon geraume Zeit nicht mehr zurechtgestutzt, und die Bäume wirkten zottig. Man konnte den Eindruck mit einem Wort zusammenfassen: Durchgang. Die wenigen Fahrzeuge auf dem Parkplatz bestätigten diese Wertung. Es gab nur zwei neuere Autos der mittleren Preisklasse, die liebevoll gepflegt schienen; sie glänzten von der frischen Politur. Ohne Zweifel gehörten sie jungen optimistischen Leuten, waren ein Symbol dafür, daß sie etwas erreicht hatten. Ein zerbeulter, rostiger alter Ford hockte auf einem platten Reifen, unbenutzt, unbenutzbar. Neben dem Ford stand ein acht Jahre alter Mercedes, gewaschen und poliert, aber doch heruntergekommen. Der eine hintere Kotflügel wies eine rostige Beule auf. Vor einiger Zeit noch hatte sich der Besitzer ein Automobil um fünfundzwanzigtausend Dollar leisten können, heute konnte er nicht einmal die zweihundert Dollar Reparatur zahlen. Las Palmeras schien ein Ort für Leute auf dem Durchgang; für einige diente es als Zwischenstation auf dem Weg nach oben, für andere als unsichere Stelle auf der Klippe, der letzte respektable Halt vor dem traurigen, unvermeidlichen Sturz in den totalen Ruin. Frank parkte den Wagen vor dem Apartment des Verwalters, und Tony wurde klar, daß Las Palmeras eine Art Abklatsch von Los Angeles darstellte. Diese Stadt der Engel war vielleicht die Station der größten Chance weltweit. Unglaubliche Geldbeträge flossen hier durch; es gab tausend Möglichkeiten, um ein beträchtliches Vermögen zu erwerben. L.A. produzierte genügend Erfolg, um damit eine ganze Zeitung zu füllen. Aber jener wahrhaft erstaunliche Wohlstand erzeugte auch eine Menge Möglichkeiten der Selbstvernichtung, für jeden zugänglich. Man konnte in Los Angeles jedes nur denkbare Rauschgift leichter und schneller finden und kaufen als in Boston, New York, Chicago oder Detroit. Gras, Haschisch, Heroin, Kokain, Uppers, Downers, LSD, PCP... Die Stadt galt als reinster Supermarkt für Junkies. Auch Sex lief hier viel freizügiger. Die viktorianischen Prinzipien hatten sich in Los Angeles viel kürzer gehalten als im Rest des Landes, zum Teil, weil L.A. das Zentrum des Rock-Musik-Geschäftes darstellte und Sex eng damit zusammenhing. Aber es gab auch andere, viel wichtigere Faktoren, die die Libido des Durchschnitts-kaliforniers entfesselt hatten. Das hing mit dem Klima zusammen; die warmen, trockenen Tage, das subtropische Licht und die miteinander konkurrierenden Winde – Winde aus der Wüste und Winde vom Meer – bewirkten einen starken erotischen Einfluß. Das südländische Temperament der mexikanischen Einwanderer beeinflußte ebenfalls die gesamte Bevölkerung. Am allerwesentlichsten aber schien in Kalifornien jenes Gefühl vorherrschend zu sein, daß man sich am Rand der westlichen Hemisphäre befand, am Rand des Unbekannten, über einem Abgrund des Geheimnisvollen.

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