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Fluesterndes Gold

Fluesterndes Gold

Titel: Fluesterndes Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Jones
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»Du solltest dich von Ian fernhalten.«
    »Warum?«
    »Weiß nicht. Er benutzt andere … Er nutzt sie einfach aus.«
    »Er nutzt sie aus?«
    Wir donnern an den joggenden und singenden Mädchen vorbei.
    »Was meinst du damit?«, frage ich noch einmal.
    Wir flitzen an ein paar ungesund aussehenden Jungen vorbei, darunter ist auch der mit dem Zwiebelgeruch.
    Nick zieht die Luft ein. »Riecht, als würden sie es nicht schaffen.«
    Nicht schaffen. Wie mein Dad.
    Ich schlucke und wende den Kopf, um ihn anzuschauen. Er bemerkt es nicht. Das Gesicht meines Dads blitzt in meinem Kopf auf, die Wasserflasche auf dem Boden, das Gefühl, dass ich nichts tun kann, um ihm zu helfen. Es tut weh, es tut einfach nur weh, und das macht mich wütend. Ich fange an zu spurten. Eigentlich viel zu früh, aber ich muss an die Spitze kommen und ich muss wegkommen. Als ob ich irgendwie dem Tod entkommen könnte, als ob ich vor der Wirklichkeit weglaufen könnte.
    Nicht schaffen.
    Jeder einzelne Muskel rebelliert, aber ich ignoriere sie alle, ziehe an Nick vorbei und verringere in der letzten Runde die Entfernung zwischen Ian und mir. Ich renne an Leuten vorbei, aber ich bemerke gar nicht, an wem. Einige schreien, aber ich höre sie gar nicht. Mit jedem Schritt vergrößere ich den Abstand zwischen mir und Nick, zwischen mir und den schlechten Erinnerungen.
    Nicht schaffen.
    Renn einfach. Renn. Renn.
    Ich halbiere den Abstand zwischen Ian und mir. Ich viertle den Abstand.
    Ich glaube, die Leute schreien. Sie brüllen. Meine roten Laufschuhe sehen ganz verschwommen aus, so schnell bewegen sie sich über die körnige Bahn. Meine Arme schwingen kräftig durch. Ich sprinte mit voller Kraft und schließe so dicht auf, dass ich Ian riechen kann. Er ist kalt und eisig wie mein Auto heute Morgen. Er dreht sich um und sieht mich an.
    Er ist nicht einmal beunruhigt. Ein Läufer dreht sich nur um, wenn er sicher ist, dass er nicht geschlagen werden kann.
    Er lächelt freundlich, wahrscheinlich amüsiert, und legt einen Zahn zu. Kein bisschen Schweiß befleckt sein T-Shirt, keine einzige Schweißperle glitzert auf seiner Stirn. Nichts.
    Meine Güte, unglaublich, dass jemand so laufen kann.
    Er erreicht die Ziellinie drei Schritte vor mir und bleibt lächelnd stehen. Ich stolpere über die Ziellinie und falle nach Luft schnappend zu Boden. Die Hände an meinen verkrampften Magen gelegt unterdrücke ich den Drang, mich zu übergeben, was mir gelegentlich passiert, wenn ich schnell renne.
    »Du warst großartig.« Ian beugt sich über mich und streckt mir die Hand hin, um mir aufzuhelfen.
    Ich nehme seine Hand, schwanke ein wenig und die Welt um mich herum dreht sich. Ian legt den Arm um meine Taille und stützt mich. Mein Dad hat immer den Arm so um mich gelegt, und ich mochte das, vor allem das Gefühl der Geborgenheit. Etwas in mir bemerkt, dass Ians Arm nicht einmal warm ist, sondern kalt. Das ergibt keinen Sinn.
    »Du bist fantastisch«, sage ich zu ihm. »Ich habe noch nie jemanden gesehen, der so schnell ist.«
    »Ja, ist okay.«
    »Okay?«
    »Viel Training.«
    Mein Blick trifft den von Nick. Er ist nicht außer Atem, aber er schwitzt und riecht nach Moschus. Unter seinem finsteren Blick bin ich mir auf einmal Ians Arm um mich sehr bewusst.
    »Jeder hier läuft fantastisch«, hechle ich und beuge mich wieder vornüber. »Ich fasse es nicht, wie gut alle sind.«
    »Du aber auch«, sagt Ian. »Dir fehlt nur noch ein bisschen Maine-Training, das ist alles.«
    Der Sportlehrer klopft mir auf den Rücken. »Ich möchte dich in der Mannschaft haben. Diese Zeit! Eine Minute besser als der nationale Rekord bei den Mädchen in Maine. Ich kann’s kaum glauben.«
    Ich nicke lächelnd. Ich freue mich und mein Herz beruhigt sich langsam. Die Welt um mich herum bekommt wieder feste Konturen. Ian hängt immer noch an meiner Taille. Er sagt etwas, aber ich bin so müde, dass ich es nicht höre. Nick steht, die Hände in die Hüften gestützt, neben Devyn. Auf seiner Stirn ist ein bisschen Schweiß, und er wischt ihn mit der Hand weg. Dann brennt sein Blick sich in meinen hinein.
    Mehr braucht es nicht. Ich bin am Haken.
    Sitophobie
    Die Angst vor dem Essen
    Der Sportlehrer rechnet die einzelnen Zeiten zusammen und teilt sie uns mit. Nick und ich haben den Blick immer noch nicht von einander gelöst. Er formt noch einmal stumm »er nutzt andere aus«.
    Ich will gerade antworten, da dreht er mir den Rücken zu und geht weg.
    Ian macht ein finsteres Gesicht und zeigt

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