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Flug des Adlers

Titel: Flug des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. E. Knight
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wusste nicht mehr, was es sein könnte.
    »Er hat gesagt, wir könnten seinen Namen nicht aussprechen. Wir nennen ihn einfach ›Sir‹. Das ist einfach und kurz. Lassen Sie sich durch sein Äußeres nicht irritieren. Denken Sie immer daran, dass das nur Show ist«, sagte sie, als sie sich einem hauchdünnen Zelt näherten. Dann öffnete sie die Zeltklappe.

    »David Valentine ist hier, Sir«, sagte sie.
    Valentine sah eine haarige Masse und mehrere mit Laken überzogene Bodenmatten in dem Zelt.
    »Tritt ein, Gast«, sagte eine Stimme mit einem leichten Lispeln.
    Valentine ging in das Zelt. Die starken Glühlampen der Pflanzleuchten verbreiteten einen hellen Lichtschein, der durch den weißen Flor stark genug hereindrang, dass er sich vorkam wie in einer Art Gebärmutter aus Baumwolle.
    Die Kreatur in dem Zelt stand in einem krassen Kontrast zu dem Weiß und dem fahlen Grün der Laken auf den Matten am Boden. Der Weltenweber sah bis hin zu den dicken, haarigen Beinen, die er angelegt hatte wie eine Ziege, aus wie eine Mischung aus Dämon und Satyr. Übermäßig lange Finger und Zehen mit Nägeln, die schon fast als Klauen durchgingen, waren überzogen von kunstvoll gezeichneten, geheimnisvollen Symbolen. Die Ohren waren spitz, die Nase flach, die Augen schlitzförmig, und er hatte einen tonnenförmigen Leib, aber schmale Hüften, die von mattem, strähnig schmutzigem Haar bedeckt waren, und die eine oder andere Pestbeule an Leiste und Hals. Valentine konnte sich nicht entscheiden, ob das, was er vor sich sah, Legenden entsprungen war oder doch eher einem Alptraum.
    »Nimm Platz«, sagte es mit einer gezierten Bewegung seines Handgelenks und der überlangen Finger. Valentine musste daran denken, wie er nach seiner Rückkehr aus Nebraska eine Schau verfolgt hatte, in der ein Kampfkünstler den Umgang mit einem Kampffächer vorgeführt hatte. »Der Schneidersitz eignet sich am besten für deine Spezies.« Valentine setzte sich.
    Es legte sich bequem zurück auf eine der Matten. »Sprich freimütig, Gast.«

    »Warum sehen Sie so aus, Sir?«
    Die Sanitätsoffizierin brachte eine große, mit Wasser gefüllte Schüssel herein. Eine Kerze und ein paar Blüten schwammen in dem Wasser. Dann stellte sie eine kleine Tasse aus rostfreiem Stahl vor Valentine ab.
    »Das Metier. Es passt zum Metier. Krieg, Hunger, Krankheit und Tod. Das alles habe ich gesehen in diesen Tausenden von Jahren. Das ist alles, was von mir geblieben ist. Ich bin noch da, wie du siehst, aber andere sind nach den alten Schlachten aus der Zeit deiner Vorfahren gegangen. Ich bin geblieben und habe zugesehen, denn ich liebte und bewunderte euch. Aber ich fürchte, das hat mir ein wenig den Verstand geraubt.«
    Er lächelte und offenbarte dabei braune und grüne Zähne. »Walhalla wartet, wenn du genug Courage hast und deine Prüfung überlebst«, sagte Sir und reckte seine Arme vor, die dünner wurden, je weiter es sie ausstreckte. Valentine fühlte die schmierige Berührung der Hände, das Piksen der Klauen, als es seinen Kopf umfasste.
    »Du wirst sterben, Zerstörer der Welten«, flüsterte Sir ihm ins Ohr, obwohl sein Kopf noch immer auf der anderen Seite des Zelts war.
    Valentine riss sich aus Sirs Griff los. »Warten Sie. Ich glaube, da liegt ein Irrtum vor. Ich bin nicht gekommen, um ein Bär zu werden.«
    Die Arme zogen sich zurück. »Kein Bär?«
    »Nein. Ich brauche Ihre Hilfe. Ich komme vom Kommando Süd«, sagte Valentine hastig, während er sich fragte, wie viel die Sanitäterin hören konnte.
    »Einst ein Wolf, nun eine Katze, und da ist noch mehr in deinem Blut«, sagte Sir.
    Valentine fragte gar nicht erst nach dem Wie und Warum. »Wir brauchen die Hilfe der Dau’weem .«

    »Diesen Titel habe ich nie akzeptiert. Wir haben recht gedacht, nicht rückwärts«, sagte Sir. Seine Gestalt verschwamm und wurde wieder klar. »Kommando Süd, wo ist das noch? Argentinien?«
    »In den Ozarks, Texas, Teile von Oklahoma …«
    »Der Mississippi River, ach ja, natürlich. Louisiana-Purchase und all das. Einer der besseren Vertreter eurer Spezies, Jefferson, obwohl ich den nur vom Hörensagen kenne. Washington bin ich einmal begegnet. Ein guter Mann und so treu. Ihr kämpft wieder mit den Briten, richtig? Ihr müsst dieses Gezänk selbst beilegen, oder ihr werdet es als Volk nie weit bringen. Aber das ist natürlich alles Roms Schuld - wenn sie nur standgehalten hätten, statt sich von der Sklaverei abhängig zu machen. Das ist wie eine

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