Flug in den Weltraum
gelöst werden müssen, wenn Ihre Entdeckung fruchtbar werden soll. Für die nächsten Tage nimmt uns alle der Zusammenbau der Strahlturbine in Anspruch. Wenn die neue Maschine erst läuft, werden wir weiter über die Sache reden.«
Drei Tage harter Arbeit kamen und gingen, dann konnte Dr. Thiessen den Sperrhebel der Turbine lösen. Erst langsam, dann schnell und immer schneller drehte sich das große Flügelrad, und zusammen mit ihm rotierte auch der Anker der mit der Strahlturbine gekuppelten Dynamomaschine. Elektrischen Strom lieferte die Maschine, der sich in zehntausend Lampen ergoß und sie hell aufleuchten ließ. Zu nutzbringender Arbeit war durch die neue Konstruktion der in den Atomen des Strahlstoffes vor sich gehende Zerfall gezwungen, nach menschlichem Willen mußte atomare Energie leuchten oder wärmen, mußte überall dort dienstbar sein, wohin sie durch den Draht geschickt wurde.
Lange standen Professor Lüdinghausen und Chefingenieur Grabbe vor der neuen Strahlturbine, sahen zu, wie Thiessen damit manövrierte, sie bald stärker, bald schwächer belastete, und steckten dann die Köpfe zusammen. Über die Frage, ob man schon Patente anmelden und über die Art dieser Patente flogen Rede und Gegenrede zwischen ihnen hin und her, ohne daß sie zu einem Entschluß zu kommen vermochten.
»Es ist vielleicht noch zu früh«, meinte Lüdinghausen. »Aber wenn uns irgendein anderer zuvorkäme«, warf Grabbe ein, der in diesem Augenblick an Hidetawa und seine Lichtmühle dachte. »Wir wollen Doktor Thiessen hören«, entschied Lüdinghausen und winkte ihn heran. Zu dritt verließen sie die Halle und gingen nach dem Direktionsgebäude hinüber.
»Der Hohe Rat zieht sich zu einem Konsilium zurück.« Hegemüller, der ihnen durch ein Fenster nachschaute, sagte es zu Dr. Stiegel. »Ich glaube, die Herren werden über die Patentfrage sprechen«, meinte der.
»Dann wird es voraussichtlich eine lange Sitzung werden.
Ich schlage vor, Kollege Stiegel, wir benutzen die Zeit und gehen frühstücken. Kommen Sie mit ins Kasino?«
Eine halbe Stunde mochte vergangen sein, als Dr. Stiegel auf die Uhr blickte und Hegemüller ermahnte: »Es wird Zeit, wieder an unsere Arbeit zu gehen.«
»Ach was, wir haben noch Zeit«, lehnte der die Aufforderung ab. »Für die nächste Stunde sitzt Thiessen noch bei der Direction.«
Hegemüller schickte sich eben an, eine Zigarette anzuzünden, als das Telefon neben dem Tisch klingelte. Er griff nach dem Apparat, hörte einen Moment, deckte ihn dann mit der Hand ab und flüsterte zu Stiegel:
»Den Teufel auch! Lüdinghausen will mich sprechen. Woher weiß der schon wieder, daß wir hier im Kasino sitzen?«
Bevor Dr. Stiegel etwas antworten konnte, sprach Hegemüller schon wieder in den Apparat.
»Jawohl, Herr Professor, ich komme sofort.«
Was kann der Alte von mir wollen? ging’s Hegemüller durch den Kopf, während er den Hörer wieder auf die Gabel legte.
Einen ähnlichen Gedanken mochte auch Stiegel hegen, der dem Davoneilenden noch nachrief: »Na, was wird’s geben? Einen Lobstrich oder einen Tadelstrich?«
Hegemüller hörte die letzten Worte nicht mehr, doch Stiegel spann den Gedankengang für sich allein weiter, indem er Vergleiche zwischen sich und Hegemüller anstellte. Er selbst, das Zeugnis durfte er sich mit gutem Recht ausstellen, fleißig und gewissenhaft, stets bemüht, sich an die Vorschriften zu halten und unerwünschte Zwischenfälle zu vermeiden, die sich bei der Art ihrer Arbeiten nur allzu leicht einstellen konnten. Der andere ein Quirlkopf, stets neuen Ideen nachjagend, draufgängerisch.
Öfter als einmal hatte der bei seinen Versuchen ganz gehörig Scherben gemacht. Dr. Stiegel entsann sich eines Falles vor Jahresfrist, wo die Stellung seines Kollegen im Institut nach einem solchen Vorfall fast unhaltbar geworden zu sein schien. Aber immer wieder war er mit einem blauen Auge davongekommen. Mit einer unbegreiflichen Nachsicht war Professor Lüdinghausen über die Dinge hinweggegangen, für die, nach seiner, Stiegels Meinung, zum mindesten ein scharfer Verweis, wenn nicht die Entlassung am Platze gewesen wäre. War jetzt die Geduld des Professors vielleicht doch zu Ende? Würde er Hegemüller in eine andere Abteilung stecken, in der er weniger Gelegenheit hatte, Unheil anzurichten? Nach einigen Äußerungen Thiessens schien es Dr. Stiegel nicht ausgeschlossen zu sein. Während er die Möglichkeit in Betracht zog, bedauerte er sie auch schon, denn es kam
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