Flug in Die Nacht
Fahrer des Generals, der junge Sergeant Meers, hatte das Piepsen gehört und ließ sofort den Motor seines ganz in der Nähe geparkten Dienstwagens an. Dicht hinter Tyler kam sein Doppelpartner: Generalmajor Richard ›Rat‹ Stone, der letzte Kommandeur der auf den Philippinen stationierten Thirteenth Air Force, der in Kürze Tylers Stellvertretender Stabschef für Einsätze im Pazifikraum werden sollte.
Sachkenner behaupteten, der CINCSAC – der Oberbefehlshaber des Strategie Air Command – sei ein Gefangener seines Jobs, und in gewisser Weise stimmte das auch: Funkgerät, Dienstwagen und uniformierter Fahrer waren seine ständigen Begleiter. Aber der sechsundfünfzigjährige Tyler, ein ehemaliger Quarterback des Notre-Dame-Footballteams, war entschlossen, sich sein Leben nicht durch seine schwere Verantwortung ruinieren zu lassen.
General Tyler trug die Verantwortung für die verkleinerte, aber weiterhin schlagkräftige Atomstreitmacht der Vereinigten Staaten: neunzig Bomber B-1B Excalibur, zweihundert Bomber B-52G Stratofortress, zehn Stealth-Bomber B-2A Black Knight, sechshundert Interkontinentalraketen Minuteman III, hundert Interkontinentalraketen Peacekeeper auf Eisenbahnwagen, fünfzig Interkontinentalraketen MGM-134A Mustang auf LKW-Tiefladern, achthundert Marschflugkörper AGM-129A und tausend Kurzstreckenraketen AGM-131A.
Außerdem befehligte Tyler mehrere hundert Tankflugzeuge, strategische Aufklärer, fliegende Gefechtsstände, Stabsreiseflugzeuge und insgesamt rund achtzigtausend Männer und Frauen – Soldaten und Zivilisten – in aller Welt.
Zu seinem Job gehörte es auch, Tag und Nacht Verbindung mit jeder einzelnen seiner sechzig aktiven oder zur Reserve gehörenden Einheiten zu halten.
Auf dem Weg zu seinem Funkgerät sah Tyler, daß die orangeroten Blinkleuchten an der nächsten Straßenkreuzung eingeschaltet waren. Das SAC-Kommandozentrum hatte ihre Alarmbesatzungen verständigt, und die Blinkleuchten warnten andere Verkehrsteilnehmer vor ihren zum Stützpunkt rasenden Fahrzeugen. Im Alarmfall wurden auf der Offutt Air Force Base auch vier Tanker KC-135 startklar gemacht, um die dort stationierten fliegenden Gefechtsstände sowie Aufklärer und Einsatzmaschinen in der Luft betanken zu können.
Ihre Besatzungen wurde in unregelmäßigen Abständen alarmiert, damit sichergestellt war, daß ihre Reaktionszeit stets innerhalb bestimmter Höchstgrenzen blieb. Aber Tyler kannte alle Alarmpläne, vor allem die für E-4- und EC-135-Besatzungen – bei einem feindlichen Angriff wäre er selbst mit einem fliegenden Gefechtsstand EC-135 gestartet –, und wußte, daß dies keine planmäßige Übung war. Sein Herz jagte, als er nach dem Funkgerät griff; seine Tennispartner spürten seine plötzliche Besorgnis, sahen die orangeroten Blinklichter und machten sich sofort auf den Weg zu ihren eigenen Dienstwagen.
Während Stone diskret Abstand hielt – er durfte streng geheime Vorgänge erfahren, hatte aber nach seiner Rückkehr von den Philippinen noch keine Einweisung in den Strategischen Integrierten Operationsplan (SIOP) erhalten – drückte Tyler auf die Sprechtaste, um den Rufton auszuschalten, and sagte:»Alpha, was gibt’s?«
»Oberst Dunigan, Kommandozentrale, Sir«, meldete sich die Wachleiterin. Oberst Audrey Dunigan, die beim SAC als Pilotin eines Tankers KC-135 angefangen hatte, war als erste Frau in diese verantwortungsvolle Position aufgestiegen. Jetzt leitete sie in der Kommandozentrale die Schicht, die am meisten Arbeit hatte, stand mit dem Pentagon und sämtlichen SAC-Einheiten in aller Welt in direkter Verbindung und schien ihren Laden im Griff zu haben wie noch keiner vor ihr. »Zero-Tango in zehn Minuten, Ende.«
»Alpha verstanden, Ende«, antwortete Tyler. Er drehte sich um und nickte Stone zu. »Sie können gleich mitkommen, Rats, sagte er. »In meinem Wagen. Wir wollen diese Gelegenheit für eine praktische Einweisung nützen.« Sergeant Meers hatte die Autotüren bereits geöffnet und fuhr an, sobald die beiden Generale eingestiegen waren.
»Wir haben eine Zero-Tango-Aufforderung bekommen«,sagte Tyler unterwegs zu Stone. »Du weißt ja, was das heißt: eine direkte Benachrichtigung von National Command Authority oder Space Command, dann eine Telefonkonferenz mit dem Präsidenten oder dem Verteidigungsminister, den Vereinten Stabschefs, den Oberbefehlshabern der Teilstreitkräfte, namentlich benannten Kommandeuren und so weiter.«
»Ich hab’ erst eine erlebt«,
Weitere Kostenlose Bücher