Flug in Die Nacht
wissen, was vorgefallen ist?«
Tylers grimmiger Gesichtsausdruck war Antwort genug.
Der Wachposten am äußeren Tor des Sicherheitszauns hielt sein M-16 in der rechten Hand und reckte vier Finger der linken Hand hoch. Nachdem Meers ihm fünf Finger und noch einen sechsten gezeigt hatte, ließ der Posten sie passieren.
Hätte Meers ihm nicht sechs Finger gezeigt, die mit denen des Postens zehn ergeben, was der Geheimzahl entsprach, die Dunigan Tyler vorhin über Funk durchgegeben hatte, wären ihre Reifen von den gut ausgebildeten Wachposten zerschossen worden – und sie selbst hätten sich sehr schnell mit der Nase auf dem Asphalt liegend wiedergefunden. Bevor sie das Gebäude erreichten, mußten sie das zweite Tor passieren, aber diesmal zeigte der Posten Meers freundlicherweise acht Finger, so daß der Sergeant nur zwei zu heben brauchte.
Meers hielt vor einem Nebeneingang, der von einem einzelnen Sicherheitsbeamten bewacht wurde. Tyler und Stone liefen an ihm vorbei, ohne sich die Zeit zu nehmen, seinen Gruß zu erwidern, und Tyler blieb vor dem elektronischen Schloß der Stahltür stehen, um seinen persönlichen Code einzugeben. Als ein Summer ertönte, zog er die schwere Stahltür auf, zeigte dem in einer Pförtnerloge hinter Panzerglas sitzenden Wachposten seinen Sicherheitsausweis und trabte mit Stone zu dem Lift, der sie vier Stockwerke tiefer in die Kommandozentrale bringen würde. Wieder ein Posten hinter Panzerglas, der ihre Ausweise kontrollierte, durch einen Metalldetektor, an einem weiteren Posten vorbei, durch zwei massive Stahltüren und an der Wetterstation der Kommandozentrale vorbei, dann waren sie in der SAC-Kommandozentrale.
Die unterirdische Kommandozentrale bestand aus drei durch schalldichte Glaswände mit ferngesteuerten Jalousien getrennten Bereichen. Tylers Gefechtsstab saß vorn im Saal, das Einsatzkommando hatte seine Plätze im rückwärtigen Teil, und der Unterstützungsstab war auf dem Balkon über dem Saal untergebracht. Die drei Bereiche konnten das »Big Board« – achteinhalb mal zwei Meter große Bildschirme an der Stirnwand der Kommandozentrale – sehen, aber je nachdem, wie geheim ein zu besprechendes Thema war, konnte der Wachleiter jeden Teilbereich optisch und akustisch isolieren.
Tyler warf einen Blick auf die Anzeigetafel gegenüber dem Eingang, auf der rote Blinkleuchten zeigten, daß in den Bereichen »Gefechtsstab« und »Einsatzkommando« streng geheime Besprechungen stattfanden. Er deutete auf die Tür rechts neben ihnen. »Sie gehen rauf zum Unterstützungsstab, Rat«,sagte er. »Dort bekommen Sie einen Platz angewiesen.«
Stone nickte wortlos und ging durch die Tür, die automatisch hinter ihm verriegelt wurde. Über die Treppe gelangte er in den verglasten Bereich über dem Gefechtsstab, wo ein Techniker ihm einen Beobachterplatz anwies und einen Kopfhörer gab.
Die Jalousien blieben geöffnet, so daß er zwar die Großbildwand sehen, aber nicht hören konnte, was unten gesprochen wurde.
Der Bereich des Gefechtsstabs unter ihm glich einem kleinen Theater mit vierzig Sitzen in drei übereinander angeordneten halbkreisförmigen Reihen vor der Großbildwand an der Stirnseite der Kommandozentrale. Tyler nahm seinen Platz in der Mitte der ersten Reihe hinter einer Computerkonsole mit zwei Telefonen, einer Tastatur und vier Farbbildschirmen ein. Neben ihm saß bereits Generalleutnant Michael Stanczek, der stellvertretende SAC-Oberbefehlshaber.
Um sie herum waren die schon vor General Tylers Rückkehr vom Tennisplatz eingetroffenen stellvertretenden Chefs der einzelnen Stäbe gruppiert. Zur Ausstattung jedes Arbeitsplatzes gehörten zwei Farbbildschirme, ein Telefon, eine Tastatur und ein Mikrofon.
Sobald Tyler seinen Platz eingenommen hatte, warf er einen Blick auf die Digitaluhren über den Bildschirmen. Die in der oberen Reihe zeigten, wie spät es in Washington, Omaha, Honolulu, Guam, Tokio, Moskau und London war. Die Londoner Uhr war mit »Zulu« markiert und zeigte die für sämtliche SAC-Aktivitäten gültige Greenwich-Zeit. Darunter waren drei elektronische Stoppuhren angeordnet, von denen eine bereits aktiviert war – sie zeigte 00:15:23 an. Die Countdown-Uhren der dritten Reihe standen zum Glück noch auf Null: Sie hätten angezeigt, wann amerikanische Atomwaffen eingesetzt werden würden. Zwei dieser Uhren – für die L-Zeit und die A-Zeit – hätte Tyler selbst gestellt, aber die dritte mit der Zeitspanne bis zur Auslösung des Atomschlags
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