Flug in Die Nacht
meinen Offizieren zusammen bin und mir von ihnen Bericht über meine Schiffe und Besatzungen erstatten lassen kann«, sagte Yin abwehrend. Dieser Satz war offenbar zu kompliziert für Teguina, der den Kopf schüttelte, so daß Yin Korvettenkapitän Tran ein Zeichen machte, er solle das Gesagte übersetzen.
»Sie bekommen alles, was Sie wünschen, Admiral Yin«, versprach Teguina ihm. Seine Zähne blitzten weiß, als er lächelte.»Danach reden wir über die Zukunft der Philippinen – und unsere Zukunft.«
6
Konferenzraum der Vereinten Stabschefs im Pentagon
Mittwoch, 28. September 1994, 07.30 Uhr Ortszeit
General Wilbur Curtis und die übrigen Mitglieder der Vereinten Stabschefs saßen im Pentagon an ihrem dreieckigen Konferenztisch und hörten zu, während Kapitän zur See Rebecca Rodgers den morgendlichen Lagebericht erstattete.
Seit der Detonation einer Atomwaffe war die Lage unübersichtlich geblieben. Abgesehen von der Tatsache, daß wenigstens keine weiteren Atomwaffen eingesetzt worden waren, hatte sie sich eher noch verschlechtert.
»Die chinesische Regierung bestreitet nach wie vor, Kenntnis von der Atomexplosion zu haben, und lehnt jegliche Verantwortung dafür ab«, berichtete Rodgers. »Nach offizieller Darstellung aus Peking sind chinesische Kriegsschiffe grundlos von philippinischen Schiffen und Flugzeugen angegriffen worden, wobei eine F-4E das chinesische Flaggschiff vor der Detonation in der Nähe des Nullpunkts angegriffen hat. Ministerpräsident Cheung bestreitet, daß chinesische Kriegsschiffe Nuklearwaffen an Bord haben, und macht darauf aufmerksam, daß auf mehreren damals amerikanischen Stützpunkten auf den Philippinen Atomwaffen gelagert sind … «
»Unsinn!« sagte Luftwaffengeneral Falmouth laut. »Die haben wir schon vor Jahren abtransportiert.«
»Ich weiß, Bill, ich weiß«, bestätigte Curtis. »Das können wir durch Inspektionsberichte der Vereinten Nationen und eines START-Teams der Russen belegen, und der Präsident wird die Berichte bald zur Veröffentlichung freigeben. Lassen Sie Kapitän Rodgers ausreden.«
Rebecca Rodgers fuhr fort. »Die ASEAN, die Association of South East Asian Nations, mit den Philippinen, Brunei, Thailand, Indonesien, Singapur, Malaysia und seit neuestem auch Vietnam – in Wirklichkeit ein ökonomisch-militärisches Bündnis gegen China – hat sich noch nicht zu der Katastrophe geäußert. Aber für morgen ist eine Dringlichkeitssitzung nach Singapur einberufen worden, auf der diese Frage erörtert werden soll.«
Die Vereinten Stabschefs waren nicht überrascht, daß China rundweg bestritt, eine Atomwaffe eingesetzt zu haben, aber sie staunten darüber, wie bereitwillig andere – in erster Linie der Präsident und seine Berater – sich vorerst damit abzufinden schienen.
Kapitän Rodgers berichtete weiter. Sie teilte den Vereinten Stabschefs mit, daß die GUS im Rahmen des 1991 geschlossenen START-Vertrags als Reaktion auf die Ausrufung der Verteidigungsstufe drei in den Vereinigten Staaten in Zentralasien sechs mobile ICBM-Bataillone aktiviert hatte. Außerdem hatte die GUS an den Grenzen zu China und zur Mongolei vier Raketenbataillone mit insgesamt vierzig Raketen mobilisiert und drei Atombomberstützpunkte in Alarmbereitschaft versetzt. Trotzdem deutete nichts darauf hin, daß die GUS eine großangelegte Gegenoffensive vorbereitete – zumindest nicht mit Interkontinentalraketen.
Rodgers schaltete auf eine große Chinakarte um. »Die seit achtundvierzig Stunden anhaltenden Spannungen entstehen weiterhin durch die Verstärkung der chinesischen Truppen an den Grenzen zur Mongolei und zu Rußland«, berichtete sie.»Nach chinesischer Darstellung reagiert Peking damit lediglich auf den russischen Aufmarsch.«
General Curtis und die anderen hörten zu, als Kapitän Rodgers die chinesischen Verstärkungen aufzählte: neunzehn aktive Divisionen, vier Reservedivisionen, vierhunderttausend Mann in einem dreitausend Kilometer langen Grenzabschnitt in den nördlichen Provinzen. Dort stationiert waren nun einundzwanzig Infanteriedivisionen, sieben Panzerdivisionen, eine Lenkwaffendivision, vier Luftabwehrdivisionen..
Den Vereinten Stabschefs war bei diesen Zahlen sichtlich unbehaglich zumute. Kapitän Rodgers sprach von Heeresverbänden, die fast so stark waren wie die amerikanischen und russischen gemeinsam.
General Curtis schüttelte den Kopf. Dreiunddreißig Divisionen – über die Hälfte des chinesischen Heeres, ein Drittel der gesamten
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