Flug in Die Nacht
Wandregalen für seine riesige Bibliothek. In dieser schlichten Umgebung konnte er am besten arbeiten. Seht ihn euch bloß an! dachte Teguina. Ein alter Mann, der so tut, als halte er die Zügel in der Hand. Darüber hätte Teguina am liebsten laut gelacht. Nach der Atomexplosion in der Palawan-Straße war eine Panikwelle über die Inseln hinweggebrandet. Hier in Manila waren Unruhen ausgebrochen, die das Militär kaum unterdrücken konnte, und der Präsidentenpalast war von Tausenden von Bürgern und rebellierenden Truppenteilen, die Teguina treu ergeben waren, belagert worden. Nein, der alte Mann hielt die Zügel längst nicht mehr in der Hand, und Daniel Teguina war entschlossen, das schon ausgebrochene Chaos noch zu vergrößern.
»Was haben Sie zu berichten, Daniel?« fragte der Präsident schließlich. Teguina musterte den Alten mit zusammengekniffenen Augen und fühlte Wut und Neid in sich aufsteigen. Am Revers seiner braunen Anzugjacke trug Mikaso die kleine Ausführung des philippinischen Ehrenzeichens. Teguina wußte, daß viele seiner Landsleute beeindruckt waren, wenn sie im Fernsehen diesen Orden – die höchste militärische Auszeichnung für einen Zivilisten – an seinem Revers erkannten. Er selbst war bisher nicht einmal dafür vorgeschlagen worden.»Ich habe nichts zu berichten«, antwortete er verlegen.
»Sie sind zwei Tage in Palawan gewesen und haben sich in dieser Zeit so gut wie nie mit meinem Stab in Verbindung gesetzt«, stellte Mikaso fest. »Trotzdem sehe ich Leitartikel und Zeitungsmeldungen, in denen die Vereinigten Staaten und das Militär für die Atomexplosion verantwortlich gemacht werden und die chinesische Kriegsmarine für ihre Rettungsmaßnahmen gelobt wird. Offiziell habe ich davon noch nichts erfahren – die Nachrichtenverbindungen nach Palawan sind weiterhin unterbrochen. Was haben Sie mir also zu berichten?«
»Ich habe nicht gewußt, daß ich … «
»Ich habe erfahren, daß Sie dem Militärpersonal in Puerta Princesa befohlen haben, sich der Provinzpolizei zu ergeben, und die Schließung der Flugplätze Puerta Princesa und Buenavista angeordnet haben«, unterbrach Mikaso ihn. »Mir lagen Berichte vor, daß chinesische Vorpostenboote in Puerta Princesa, Buenavista, Teneguiban und Araceli gesehen worden sind und chinesische Kriegsschiffe die Cuyo-West-Passage und sogar die Mindoro-Straße kontrollieren. Ich höre den Pöbel auf der Straße rufen, daß Sie mir vorwerfen, unser Land verraten zu haben. Stimmt das alles ?«
»Unsere Kriegsmarine ist schwer dezimiert«, sagte Teguina mit ernster Miene. »Die chinesischen Vorpostenboote sind der Provinzpolizei freundlicherweise zur Verfügung gestellt worden, damit in Palawan Ruhe und Ordnung wiederhergestellt werden können … «
»Wird die Provinzpolizei dabei von unseren Streitkräften unterstützt?«
»Im Augenblick nicht«, gab Teguina zu. »Wie meine Recherchen mit Hilfe von Fachleuten ergeben haben, ist vor Palawan eine amerikanische Atombombe B-43 detonierte, behauptete er. »Die chinesischen Schiffe sind von einem Jagdbomber F-4E unserer Luftwaffe überraschend mit dieser amerikanischen Bombe angegriffen worden. Die im Sold der amerikanischen CIA stehende Jabo-Besatzung hat mit dem heimtückischen Überfall ein chinesisches und mehrere eigene Kriegsschiffe vernichtet.
Da noch nicht genau feststeht, wer für diesen Angriff auf eine chinesische Flottille verantwortlich ist, habe ich’s für besser gehalten, sämtliche Polizei- und Militäraufgaben der Provinzpolizei zu übertragen und alle militärischen Operationen einstellen zu lassen, bis die Ermittlungen in dieser Sache abgeschlossen sind.«
»General de Silva befehligt jetzt alle bewaffneten Kräfte auf Palawan?« fragte Mikaso erstaunt. Er lehnte sich zurück und musterte Teguina. »Ich verstehe«, sagte er dann. »Hat’s Widerstand gegeben, als der Luftwaffenstützpunkt von Provinzpolizei und chinesischen Truppen besetzt werden sollte?«
Teguina bekam große Augen, als Mikaso den Einsatz chinesischer Truppen bei diesem Unternehmen ansprach; dann wurde ihm klar, daß es ein Fehler gewesen war, sich seine Überraschung anmerken zu lassen. Ob Mikaso darüber aus erster Hand informiert gewesen war oder diese Tatsache nur vermutet hatte, spielte keine Rolle mehr – jetzt wußte er’s jedenfalls.
»Die Verräter haben kurz Widerstand geleistet, sind dann aber geflüchtet, wie es Feiglinge immer tun, wenn ihnen legitime Kräfte gegenüberstehen«, antwortete
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