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Flug ins Feuer

Flug ins Feuer

Titel: Flug ins Feuer
Autoren: Shalvis Jill
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weiter und schneller um die Kante, als er erwartet hatte.
    »Mist«, schimpfte er und folgte ihr. »Langsam, verdammt noch mal...«
    Aber sie hörte nicht auf ihn und hatte inzwischen die ganze Felsnase umrundet, so dass er ihr folgen musste.

    Direkt auf den instabilen Hang zu. Herrgott. » Lyndie, bleib stehen. Es ist nicht stabil, du wirst...«
    Sie kam ein wenig ins Rutschen und schnappte nach Luft.
    Fiel. Das Herz schlug ihm bis zum Hals, als er sich über den rutschigen Hang kämpfte, um sie zu fassen zu kriegen, und er spürte den Unterschied im Halt sofort.
    Durch ihr Gewicht und die Bewegung hatten sich mehrere Steine gelöst, über wie hinter ihnen, und hunderte kleiner Kiesel prasselten auf sie herunter.
    Einer traf Lyndie an der Schulter, und sie zuckte zusammen, als er gerade einen heftigen Stoß vor die Brust erhielt. »Lyndie...« Er griff nach ihr, aber bevor er sie greifen konnte, stieß sie ein kurzes Uff aus und verlor den Halt.
    Er kriegte gerade noch ihr Handgelenk zu fassen. »Nicht bewegen.« Mit der anderen Hand klammerte er sich an einen Stein und spürte, dass auch dieser kurz davor war, nachzugeben, und sein Herz hämmerte wie verrückt. »Lyndie, hör zu«, sagte er drängend und beäugte den etwas sanfteren Hang unter ihnen an seiner Seite der Felswand. Gott sei Dank. »Ich lasse dich jetzt los.«
    Sie gab eine gepresste Antwort von sich, die er nicht verstand.
    Wahrscheinlich auch besser so. »Es ist okay«, sagte er so ruhig wie möglich. »Hier ist mehr Sand, und es ist auch nicht so steil, sondern ein sanfterer Hang. Du wirst gleiten«, sagte er in ihre erschreckten Augen.
    Bei dem letzten Feuer, das er bekämpft hatte, dieses Höllenfeuer, das er jede Nacht erneut durchlebte, hatte er Greg in die Augen gesehen und gebrüllt »Lauf!«. Griffin war losgerannt,
und erst viel zu spät hatte er gemerkt, dass Greg für wenige Augenblicke vor Schock erstarrt war. Ein unheilvoller Fehler.
    Aber diese Frau erstarrte nicht und wurde nicht hysterisch, sie wappnete sich schlicht innerlich und nickte ihm knapp zu.
    Aber er konnte sie nicht loslassen, er konnte es einfach nicht. Er blickte lange in ihre wunderbaren grünen Augen, länger, als er es hätte tun sollte, und sie ruckte wieder mit dem Kopf, ungeduldig dieses Mal.
    Er begriff die Botschaft – sie wusste, was sie zu tun hatte, und vertraute seiner Entscheidung.
    Sie vertraute ihm. Ein toller Zeitpunkt, sich der Last der Verantwortung klarzuwerden. Ein letztes Mal sah er ihr in die Augen.
    Und dann ließ er sie los.
    Er ließ auch seinen eigenen gefährlichen Halt los und folgte ihr, wobei er verzweifelt versuchte, sie nicht zu treten oder auf sie zu fallen.
    Dreck geriet in seine Nase. Er hörte sie aufschreien, als er gerade mit der Hüfte gegen einen Stein prallte. Ein Zweig schrammte über sein Gesicht.
    Und immer noch glitt er weiter.
    Er konnte den Rauch riechen, er presste ihm die Luft ab. Noch mehr Dreck überall an seinem Körper. Er spürte die Hitze von unten, aber es war das Geräusch des plötzlich spürbaren, schrecklich heißen Windes, der ihm Angst einjagte, weil hinter ihm das unheilvolle Knistern der Flammen zu hören war.
    Sie schlitterten den Weg, den sie gekommen waren, in westlicher Richtung hinunter, und dem Geräusch und dem Gefühl nach rutschten sie direkt ins Feuer.

    »Lyndie!«, schrie er, aber er hörte nur das Geräusch, wie ihm die Luft aus den Lungen entwich.
    Und in diesem Moment kam ihm die Erkenntnis.
    Alle Brände, die er bekämpft hatte, hatte er überlebt.
    Das gesamte vergangene Jahr, in dem er vor Trauer außer sich gewesen war, hatte er überlebt, auch wenn er es gar nicht gewollt hatte.
    Aber jetzt, mitten im Nirgendwo, in Gesellschaft einer merkwürdig kratzbürstigen, merkwürdig unwiderstehlichen Frau, würde er sterben.

6
    Lyndies unelegante Rutschpartie wurde von einem netten Gebüsch gestoppt. Leider war ihr Gewicht unangemessen für das Gewächs, so dass sie es durchpflügte, wieder durch die Luft segelte, ihre Knie heftige Stöße abbekamen, ebenso ihre Rippen, und sie eine Ewigkeit später mit einem Platsch landete.
    Keuchend – weil ihre Lungen sich wie eingepanzert fühlten – saß sie in einem Fluss, dessen Bett ungefähr zehn Meter breit war und dessen Wasser ihr bis zum Gürtel reichte. Hinter ihr lagen die zerklüftete Felswand und der sandige Abhang, den sie gerade heruntergerutscht war.
    Auf der anderen Seite des Flusses wütete die Feuerwand, die ein heftiger Wind
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