Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flug ins Feuer

Flug ins Feuer

Titel: Flug ins Feuer
Autoren: Shalvis Jill
Vom Netzwerk:
studierte ihn eingehend, dann ließ sie die Ärmel herunter. »Ich auch.«
    »Ist das wahr?«
    »Ja. Also pass auf.«
    Das hatte er vor. Er würde darauf und auf sie aufpassen, während sie weiter die Feuergrenze entlang wanderten und er sich gelegentlich Notizen machte. Manchmal kamen sie den Flammen so nahe, dass sie die Hitze auf ihrer ungeschützten Haut spürten, manchmal waren sie so weit entfernt, dass nur schwer zu glauben war, dass der Berghang überhaupt brannte. Es gab die nächste halbe Meile keinen nennenswerten Pfad, und sie mussten sich durch das Gebüsch schlagen.
    Dann erreichten sie plötzlich wundersamerweise eine Felswand – die nördliche Grenze des Feuers. Griffin beäugte die Wand. In einer Höhe von vielleicht zehn, zwölf Metern befand sich eine Felsnase, von der aus er vermutlich einen exzellenten Ausblick hätte. Der Brand befand sich jetzt hinter ihnen in südlicher und westlicher Richtung. »Von dort oben könnte ich alles überblicken.«
    Lyndie reckte ebenfalls ihren Hals. »Stimmt.« Sie blickte zurück zum Gebüsch. Sie konnte zwar die Flammen nicht sehen, aber sie konnte sie hören, hörte das Knistern und Knacken, begleitet von dem pfeifenden Wind in der be ängstigenden unnatürlichen Dunkelheit des Tages.
    Unsicherheit flackerte über ihr Gesicht, das erste Zeichen, dass sie vielleicht doch nicht ganz so taff war, wie sie ihn glauben machen wollte. »Bleib in meiner Nähe«, sagte er und zog sie dicht an sich heran.
    »Ja.« Mit ihrer freien Hand rieb sie sich über die Brust, als schmerzten ihre Lungen. Das taten sie auf jeden Fall. »So dicht, dass du dich fragen wirst, ob ich an dir hänge.«
    Sie begannen zu klettern. Sie gleich neben ihm, ihre Schultern berührten sich, ihre Beine berührten sich. Ihm kam dummerweise der Gedanke, dass sie roch... zart. Die schiere Konzentration, kämpfte diese Frau sich die Felswand hoch, als täte sie dies jeden Tag, rutschte gelegentlich ab, folgte ihm aber Zentimeter für Zentimeter.
    Diese Kletterei war nicht für Anfänger. Blanker Felsen, durchsetzt mit trockenem, hartem, kratzigem Bewuchs, der sich beim Klettern an ihren Armen und Beinen und ihren ungeschützten Gesichtern verfing.
    Höher und höher.
    »Hier.« Er wies sie auf eine Stelle hin, wo ihr Fuß Halt finden konnte, als sie ins Rutschen kam. Bückte sich zu ihrem Fußgelenk hinunter, um dem Fuß die richtige Drehung zu geben.
    Ihr Blick flog überrascht zu ihm hoch, als wäre sie es nicht gewohnt, sich helfen zu lassen.
    Er nahm die Hand von ihrem Fußgelenk und packte ihr Handgelenk. »Fass hierhin...«
    »Ich hab’s.« Sie drehte ihren Kopf um, um zu sehen, wohin sie trat, und ihr Haar kitzelte seine Nase.
    »Halte dich hier fest...«
    »Wirklich«, sagte sie knapp. »Ich hab’s.«
    Er sah sie an, wie sie da hingen, ungefähr zehn Meter über dem Boden. »Jemandem zu vertrauen ist wohl nicht dein Ding, was?«
    Sie hing da mit schierer Willenskraft und sah ihn stirnrunzelnd an, ihre Brust hob und senkte sich. »Ich muss dir nicht vertrauen. Ich bin nur hier, um zu übersetzen.«
    »Ja.« Er rückte eher noch näher. Unter ihnen und nach Westen hin ein Flammenmeer. Über ihnen noch mehr Felsen. Sie war rechts von ihm, und rechts von ihr war die
Felsnase, die ihnen die Sicht auf die andere Seite versperrte. »Wie du ungefähr hundertmal oder mehr betont hast«, sagte er und dachte bei sich, dass sie unbedingt von dieser Felsnase fernbleiben müssten, unter der der Hang bröckeliger und sandiger und gefährlich zu besteigen wäre.
    Sie kniff die Augen zusammen. »Was soll das heißen, wie ich betont habe?«
    »Es heißt, dass ich glauben soll, du seist nur hier, weil du hier sein müsstest. Also, das kaufe ich dir nicht ab.«
    »Vielen Dank, Dr. Griffin. Wollen wir jetzt dich analysieren?«
    »Ich will nur, dass du nicht abstürzt, Lyndie.«
    »Ich stürze nicht.«
    Nicht wenn es nur von purem Willen abhing. Aber hier ging es um die Elemente und die Erschöpfung, die sich auf ihrem Gesicht abzeichnete. Er war für sie hier draußen verantwortlich, und er würde verdammt noch mal keine einzige weitere Person verlieren, für die er verantwortlich war. Nie wieder.
    Sie bewegte sich seitwärts, weg von ihm auf den gefährlichen Felsvorsprung zu.
    Genau dahin, wohin sie keinesfalls gehen sollten. »Lyndie …«
    »He«, rief sie ihm zu. »Auf dieser Seite sind die Felsen viel besser, viel glatter...«
    »Nein – warte.« Er streckte die Hand aus, um sie zu packen, aber sie glitt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher