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Flug ins Gestern

Flug ins Gestern

Titel: Flug ins Gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Bertram Chandler
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untersuchen. So würde Grimes die Unbekannten beobachten können, ohne selbst gesehen zu werden. Und selbst, wenn die Seefahrer ihn entdeckten, was bedeutete das schon? Das Beiboot würde in die lange Liste schrecklicher Seeungeheuer eingereiht werden – das war alles.
    Der Kommodore verließ die Zentrale und machte sich zusammen mit Sonja und Mayhew auf den Weg zum Hangar.
     
    Mit der nötigen Vorsicht schleuste Grimes das Boot aus und ließ das Mutterschiff schnell über sich zurück. Ein Blick auf die Schirme zeigte, daß die Quest dicht unter einer Wolkenbank am Himmel hing. Er hatte gehofft, daß das matte Silber ihrer Hülle sich mit dem hellen Grau der Wolken vermischen würde, aber jetzt sah er, daß sie sich immer noch deutlich vom Hintergrund abhob, viel zu deutlich. Zwar schien es unwahrscheinlich, daß einer der Seefahrer zufällig genau zu dieser Stelle am Himmel emporblickte und sie sah, aber es war immerhin möglich. Der Kommodore wies Williams über Funk an, das Schiff bis in die Wolken steigen zu lassen. Sekunden später brüllte der Inertial-Antrieb auf. Dann war die Quest verschwunden.
    Grimes flog einen weiten Bogen, um achtern und leewärts des primitiven Schiffs ins Meer einzutauchen. Es war kaum zu erwarten, daß einer der Seeleute sich gerade in diesem Augenblick nach hinten umdrehte. Während des Anflugs überdachte Grimes die Lage. Es sah ganz so aus, als ob die Männer an Bord des Schiffes in argen Schwierigkeiten steckten. Der Mast ragte schräg aus dem Deck – er mußte aus der Halterung gebrochen sein. Am Rahnock flatterten Fetzen des Segeltuchs im Wind. Wind? Es war ein heftiger Sturm, der die Wellen gegen das Schiff peitschte. Das Segel mußte in Stücke gerissen worden sein, noch bevor man es hatte herunterholen können.
    Und was tat der Kapitän?
    Grimes versuchte, sich in seine Lage zu versetzen. Der Seemann versuchte sicher sein bestes, um das Schiff auf Kurs zu halten. Mit starken Maschinen hätte er es auch ohne weiteres schaffen können – aber mit einer Handvoll erschöpfter Ruderer?
    Grimes spürte, wie sich die Gurte des Sessels tief in seinen Körper schnitten, als das Beiboot das Wasser berührte und von einer mächtigen Woge erfaßt und vorwärtsgeschleudert wurde. Sie mußten tauchen. Einige Meter unter der Wasseroberfläche war es bestimmt ruhiger. Das Winseln der Pumpen übertönte den Inertial, als das Wasser in die Ballasttanks gesogen wurde. Die Bildschirme fielen für kurze Augenblicke aus, als schäumendes Wasser gegen die Außenoptiken spritzte. Dann zeigten sie ein fahles Grünblau. Das heftige Schlingern wich einem sanften Schaukeln.
    Grimes fuhr das Periskop aus. Ein Monitor flammte auf und zeigte zuerst die bewegte Oberfläche des Meeres, dann das kleine Schiff. Es wurde von der aufgebrachten See von einer Seite auf die andere geworfen.
    Um nichts auf der Welt möchte ich jetzt dort drüben sein! dachte Grimes. Je länger er die Nußschale betrachtete, desto schlechter wurde seine Stimmung. Kannte dieser verdammte Kapitän überhaupt die elementarsten Regeln jeder Seefahrt? Möglicherweise hatten die Raumfahrer eines der ersten Schiffe vor sich, das sich über die Meere wagte, aber es mußte lange vorher erste Versuche gegeben haben, und wenn nur von einer Insel zur anderen. Dabei mußten die Seeleute Erfahrungen gesammelt und gelernt haben, wie sie sich in Stürmen und aussichtslosen Situationen wie dieser zu verhalten hatten. Grimes murmelte etwas von Leuten, die unfähig waren, eine Plastikente durch ihre Badewanne zu navigieren.
    »Und was macht er deiner Meinung nach falsch, großer Meister?« fragte Sonja, die die Gedanken ihres Mannes zu lesen schien.
    »Es geht nicht darum, was er macht, sondern um das, was er nicht macht«, knurrte Grimes.
    »Na schön, du bist der Experte. Was sollte er also tun?«
    »Sie sind in Schwierigkeiten«, sagte der Kommodore.
    »Darauf wäre ich nie gekommen.«
    »Laß mich doch ausreden. Sie sind in Seenot, und aus eigener Kraft kriegen sie den Kahn nie wieder flott.«
    »Ich bin zwar kein Seemann, mein Lieber, aber das sehe ich selbst.«
    »Schön. Die Ruderer können das Schiff nicht mehr länger auf Kurs halten, und wenn es nicht mehr ganz genau mit dem Bug gegen den Sturm steht, ist Feierabend für sie. Aber es gibt eine Möglichkeit für den Kapitän, den Kurs zu halten, ohne daß seine Leute einer nach dem anderen tot umfallen. Ich glaubte immer, das Verfahren wäre so alt wie die Seefahrt überhaupt, aber ich

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