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Flugasche

Flugasche

Titel: Flugasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Maron
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Geschlechts, auf ihrer Natur, wie sie es nennt, und sagte, als man sie zur Rede stellte, den Sozialismus hätte sie sich anders vorgestellt. Im Sozialismus, hätte sie gedacht, darf Mutter sein, wer es sein will. Die Einfalt, Frauen, ist reaktionär. Denkt diese Frau im Ernst, der Kampf, in dem Millionen starben, hätte nur das eine simple Ziel gehabt, daß Frauen ihre Kinder küssen können den ganzen Tag, statt zu beweisen, daß sie nützlich sind wie ihre Männer?
    Nun, Frauen, noch zu einem dritten Thema, das, wie ich zugebe, heikel ist. Die Männer reden in der letzten Zeit viel von der Freiheit unserer Körper und von der entdeckten Sexualität der Frau. Ich seh euch lächeln, und ich lächle auch, wenn sie sich in den Zeitungen von ihren aufgeklärten Brüdern das Ding im Querschnitt und im Längsschnitt zeichnen lassen mit einem Pfeil auf jene kleine Stelle, die sie an uns so enthusiatisch suchen, statt uns zu fragen, denn wir wissen’s alle seit unserm dritten oder vierten Jahr. Doch ist ihr rührendes Bemühen an uns, ihr kindlich gieriges Lächeln, wenn sie auf die Bestätigung dessen warten, was sie gelesen haben, ja, selbst der Unmut auf ihren Gesichtern, wenn wir erstarren unter so viel Emsigkeit und sie, wie sie es grad gelehrt bekamen, uns als frigid und anorgastisch einsortieren, nicht nur ein Grund zu lächeln, Frauen. Nur ein paar Flugstunden von hier, da schneidet man’s den Frauen weg, daß sie nicht Lust bekommen, fremdzugehn. Das machen unsre Männer nicht. Im Gegenteil, sie gönnen uns den Spaß und sich. Wir sollten ihnen ihr Entgegenkommen danken und sie nicht hochmütig belächeln. Denn wenn sie morgen in dem Höchsten Rat beschließen, sie schneiden es uns auch weg, sind wir dran. Die eine Frau im Rat kann uns dann auch nicht retten. Schon darum, Frauen, solltet ihr vernünftig sein und anerkennen, was geleistet wurde. Es fehlt den Männern oft der Sinn fürs Kleine, wie sollten sie ihn haben bei dem Körperbau. Wir aber sollten die Größe erkennen ihres Verdienstes und sollten nicht die Augen verschließen vor der epochalen Wende, denn an uns ist begonnen worden die klitoridale Epoche. Dank unsern Männern.
    Noch etwas gibt es, was mir Sorgen macht. Man hört oft unter Frauen eine Frage, die anfangs zwar berechtigt scheint, doch spart ihr nicht mit Scharfsinn, Frauen, werdet ihr alleine merken, daß ungerechter Sinn die Frage euch diktierte. Ihr fragt, warum ihr immer jung sein müßt und schön, für jedes graue Haar euch schämen sollt, während die Männer graue Schläfen als Ausdruck ihrer Manneswürde tragen. Ihr fordert gleiches Maß für Fett und Falten, und so gerecht die Forderung auch klingt, ist sie doch ungerecht, ich werd’s beweisen. Was uns die Schönheit ist, das ist dem Mann die Kraft. Sie schwindet mit den Jahren wie uns das feste Fleisch und glatte Haut. Mit Furcht verfolgt der Mann jedes Versagen, das nach dem Schnaps sich einstellt oder wenn er krank ist. Schon in der Jugend schrecken ihn Visionen, wie er einst kraftlos, ohne Rühren in den Lenden Frauen betrachten wird, statt sie zu vögeln. Diese Ängste kennen Frauen nicht. Was ist gerechter, als für dieses Unrecht besagten Ausgleich nun zu schaffen, der auch der Lust der Frauen Einhalt bietet, die, wenn sie alt sind, zwar noch können, doch nicht dürfen, weil ihre Schönheit schwand wie die Kraft den Männern. Und auch die Ängste sind gerecht verteilt, denn was sollten wir sonst fürchten, Frauen, wenn nicht das welke Fleisch an Bauch und Schenkeln und die Runzeln unter unsren Augen. Wir sind sogar im Vorteil, denn wir können die Haare färben und die Brüste schnüren, wenn das nicht hilft, dann helfen die Chirurgen, die unsre Häute abnähn wie zu weite Kleider. Gerechter könnte es nicht zugehn. Hört auf zu zetern, denn ihr richtet Schlimmes an mit solcherlei Geschrei. Schon mühn sich Männer, von der Kritik der Fraun beeindruckt, um flache Bäuche und enthaarte Brüste, sie rennen zur Kosmetik, färben ihre Bärte, ziehn buntgeblümte Blusen an, als wär’n sie Weiber. Noch schlimmer ist: Die Weichen unter ihnen, mit wenig ausgeprägtem männlichen Bewußtsein, betrachten Frauen jetzt schon fast wie Männer. Sie sehn auf ihre Leistung, dann erst auf die Beine. Das könnt ihr nicht gewollt hab’n, Frauen, daß zu dem einen Zwang der andre kommt. Wenn ihr so weiterschreit nach Gleichberechtigung, dann nehmen sie uns eines Tages noch in die Regierung, dann wären wir gefangen und müßten mitspieln

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