Flugrausch
gesellte sich im Wohnzimmer dazu, Donna hockte schon auf dem Sofa und zündete sich eine Zigarette an, Lisa saß neben ihr und blätterte durch einen Versandhauskatalog. Offensichtlich hatte ihnen niemand gute Manieren beigebracht, und Pike spürte, wie die Verärgerung ihn wie ein Blitz durchfuhr.
Er schluckte sie runter. »Kann ich mir ’ne Kippe von dir schnorren?«
Donna zuckte mit den Schultern, ließ die Schachtel aber auf dem Glastischchen liegen, also bediente er sich. Sie streckte ihre Hand nicht aus, um die seine wegzuschlagen, das war ja immerhin schon ein Fortschritt. Vor ein paar Wochen hätten sie ihn nicht mal durch die Tür gelassen.
»Is Dwayne da?«
Wieder dieses Schulterzucken. Lisa ignorierte ihn und nickte mit dem Kopf plötzlich in Richtung Katalog. »Null Prozent Zins für die ersten sechs Monate«, sagte sie.
»Für was?«, fragte Donna, die endlich den Mund aufmachte.
»DVD und Fernseher zusammen«, sagte Lisa.
»Lass mal sehen«, sagte Pike, der es auch wissen wollte, und kauerte sich neben sie. Der Teppich klebte. Sein Arm streifte den ihren. Sie zuckte vor der Berührung nicht zurück. Gemeinsam schauten sie in den Katalog, und er sagte: »Wenn du willst, kauf ich ’n dir.«
Er pustete den Qualm aus dem Mundwinkel und traute sich, Lisa ins Gesicht zu schauen. Ihre Gesichtszüge wurden weicher. »Ach Brad, das ist so süß«, sagte sie.
Brad Pike grinste. Mit Speck fängt man Mäuse.
Er wusste nicht, wovon er das hätte bezahlen sollen. Er wusste nicht mal, ob er das überhaupt musste. Er stand mit Lisa wieder auf gutem Fuß, und wenn sie von Fernseher und DVD anfing, konnte er ihre Gedanken immer wieder auf etwas anderes lenken.
Als Ellen an diesem Abend nach Hause kam, war Skip Lister ebenfalls da. Das war schon das dritte Mal seit Ostern. Offenbar waren Skip und Larrayne um sechzehn Uhr im Kino in Rosebud gewesen.
Ellen schaute ihm wie jedes Mal genau ins Gesicht, beobachtete seine Bewegungen und hörte genau hin. Sie wusste nicht, ob er an dem Abend von Larraynes Party bis oben hin zugedröhnt gewesen war oder vielleicht nur betrunken, aber seitdem war er sauber.
»Hallo, Mrs. Destry.«
»Hallo, Skip.«
Larrayne hing an Skips Arm. Glücklicherweise wirkte diese Geste nicht kitschig, albern oder rührend, also grinste Ellen die beiden an und sagte, sie wolle schnell was zu essen zusammenschustern.
»Sparen Sie sich die Mühe, Mrs. Destry«, sagte Skip. »Ist schon alles fertig.«
»Du hast gekocht?«
»Ja«, antwortete er stolz.
Er trug einen dritten Ring im Ohr. Ellen fragte sich, wann er sich den hatte stechen lassen. »Das ist sehr nett von dir.« Sie schnüffelte.
»Ich hatte gleich den Eindruck, hier würde es lecker riechen, als ich reinkam.«
»Kannst gleich essen, Ma«, sagte Larrayne, und Ellen sah die beiden in all ihrer unaffektierten Liebe und Jugendlichkeit und fragte sich, was wohl geschehen würde, wenn sich herausstellte, dass Skips Vater Dreck am Stecken hatte, und sie ihn verhaften musste.
Scobie Sutton kam noch rechtzeitig nach Hause, um Roslyn vor dem Schlafengehen zu baden. Weich und duftend machte sie es sich hinterher im Schlafanzug auf seinem Schoß bequem. Scobie war überwältigt: Es gierte ihn nach dieser Nähe, und er ertappte sich dabei, wie er seine Nase in den Spalt zwischen Kragen und Hals steckte, ihren Duft einatmete und die makellosen Windungen in ihrem Ohr begutachtete. Als Nächstes suchten sie sich gegenseitig die Finger nach Splittern ab; glücklicherweise hatte er tatsächlich einen im rechten Daumen, den er sich bei der Suche nach Ian Munros Marihuanaplantage geholt hatte, und Roslyn holte eine Pinzette und zog ihn raus. Dann war es Zeit für die Gutenachtgeschichte, und schließlich ließ er sich aufs Sofa fallen, Abendbrot auf dem Schoß, ein Glas Bier auf dem Beistelltischchen.
»Du siehst müde aus«, stellte seine Frau mit ein paar Stecknadeln im Mund fest.
Sie saß in ihrem Lehnsessel, und eine Schwanenhalslampe warf einen grellen Lichtkegel auf einen Schoß voller durchgescheuerter Säume. Scobie erkannte ein paar von Roslyns Kleidern und seine alte Kordhose.
»Bin ich auch«, erwiderte er. »Es sind diese Morde«, und er berichtete ihr von seinem Arbeitstag. Er erzählte ihr alles. Das hatte er schon immer getan. Eine Vorschrift besagte, dass man seinen Angehörigen nichts erzählen sollte, denn es gab geschwätzige Angehörige und verständnislose Angehörige; Scobie Suttons Frau war weder das eine
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