Flugrausch
sein. Weiß nicht.«
»Haben sie irgendwas davon gesagt, sie würden an einen der Strände fahren?«
»An einen der Strände?« Aileen war völlig perplex. »Zum Fischen, meinen Sie?«
»Oder zum Spazierengehen oder so was.«
Aileen schüttelte verblüfft den Kopf. »Ich habe Ian noch nie in Rufweite eines Strandes gesehen.«
»Hat Ian jemals Botengänge für Lister erledigt oder Sachen für ihn abgeholt?«
Aileen legte ihr Gesicht in zweiflerische Falten und schaute ungläubig. »Nee.«
»Sie haben ihn nie mit irgendwelchen Päckchen gesehen?«
»Nein.«
»Hat Ian Drogen genommen?«
Aileen richtete sich auf, so als würde die Frage ein schlechtes Licht auf sie selbst oder die Entscheidungen werfen, die sie in ihrem Leben getroffen hatte. »Niemals.«
»Aileen, wo ist Ian jetzt?«, fragte Ellen.
»Ich hab nicht die leiseste Ahnung.«
»Ist er bei Mr. Lister? Versteckt Mr. Lister ihn?«
»Das müssen Sie ihn selber fragen.«
»Was wollte Lister gestern von Ihnen?«, fragte Challis.
»Er kam vorbei, um zu sehen, wie ich zurechtkomme.«
Sie sahen sie an, wollten, ja erwarteten mehr und wurden belohnt, als Aileen in das Schweigen hinein sagte: »Hat mich nach Ihnen beiden ausgefragt.«
Challis lehnte sich zurück und schaute sie halb lächelnd, aber fest an. »Fragte er Sie rein interessehalber, oder war da mehr dran?«
Aileen dachte darüber nach. »Er kam mir ein wenig besorgt vor.«
»Besorgt? Wegen was genau?«
»Er stellte genau die Art von Fragen wie Sie auch. Ob ich von dem Marihuana gewusst habe. Ob ich gewusst habe, was Ian ausheckt. Ob ich der Polizei irgendwas erzählt habe. Ich fand ihn fürchterlich neugierig.«
Dann murmelte sie etwas und lief rot an.
Challis setzte nach. »Ich habe Sie nicht verstanden, Aileen.«
Sie sah ihn trotzig an. »Er hat mir Geld gegeben.«
»Wie viel?«
»Hundert Dollar.«
Ein paar hundert, nahm Challis an. »Hat er gesagt wofür?«
»Für den Fall, dass ich was brauche. Sonst hat Ian immer alles mit der Bank geregelt und so.«
»Hat er an den Kredit irgendwelche Bedingungen geknüpft?«
»War kein Kredit!«
»War das Schweigegeld, will der Inspector wissen«, sagte Ellen. »Anders gesagt, hat er Sie gebeten, der Polizei von gewissen Dingen nichts zu erzählen?«
»Er sagte, die Polizei muss ja nicht alles über meine dreckige Wäsche wissen«, sagte Aileen Munro mürrisch. Dann fügte sie hinzu: »Muss ich das Geld zurückgeben?«
Challis schüttelte den Kopf. »Behalten Sie es.«
»Gut, ich kanns brauchen. Für die Rechnungen und all das.«
Hinterher im Wagen sagte Ellen: »Sie haben zusammen Marihuana angebaut, oder Munro hat es für Lister angebaut. Dann taucht das Luftbild auf, und sie vernichten eiligst die Ernte, oder aber sie ernten und bringen alles irgendwohin zum Trocknen, wenn die Pflanzen denn schon groß genug dafür waren.«
»Und jetzt können sie eine zweite Anpflanzung nicht riskieren«, nahm Challis den Faden auf.
»Also gehen sie zu was anderem über: Ecstasy, Kokain, Heroin, Amphetamine, die auf See abgeworfen werden.«
»Doch das Wetter ist schlecht, und eine der Lieferungen wird fortgespült oder vernichtet.«
Sie verfielen in Schweigen.
Scobie, der am Steuer saß, hakte nach: »Aber seit wann machen sie das? War es das erste Mal? Und was das Zeug angeht, ist es fortgespült worden, oder wurde die Ware von jemand anderem gefunden?«
Challis stellte sich Tessa Kane auf ihrem Osterspaziergang vor, wie sie an einem einsamen Strand entlangwandert. Der kräftige Wind bläst ihr Sand in die Augen. Ein Toyota-Pick-up taucht auf, Munro und Lister sitzen drin und sind offenkundig sauer und befürchten, dass ihre Drogenlieferung gestohlen worden ist.
War ihnen die Marihuanaernte auch gestohlen worden?
Hatte Kitty Casement das Marihuana erkannt, und hatte sie dann die Pflanzen im Schutz der Dunkelheit geerntet? Hatte sie Munros und Listers weitere Schritte überwacht und war so als Erste bei der Schiffsfracht eingetroffen?
Challis war durchaus nicht überrascht, als er Ellen fragen hörte: »Haben wir es mit einem Revierkampf zu tun?«
Auch nicht, als Sutton fragte: »Wissen wir irgendwas über Kitty Casements Mann?«
»Der Geruch«, sagte Ellen plötzlich.
»Was für ein Geruch?«, fragte Challis, obwohl ihm bereits die Haut kribbelte und die Haare im Nacken zu Berge standen.
»Rund um Listers Haus liegt ein deutlicher Geruch nach Chemikalien in der Luft.«
Challis hatte noch immer das Kribbeln auf seiner Haut. »Sie
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