Flugrausch
haben Recht, das ist mir auch aufgefallen.«
»Ein Labor?«, fragte Scobie. »Kocht er in einem Geheimlabor Speed auf?«
»Irgendwas braut er jedenfalls zusammen«, sagte Ellen.
Sie waren an der High Street und dem Kreisverkehr angekommen.
»Aber wo ist das Labor? Ich habe neulich keinerlei Scheunen gesehen«, sagte Challis.
»Wenn man am Zaun entlanggeht«, sagte Ellen, »kann man einen Teil des hinteren Grundstücks einsehen. Das ist wohl terrassiert worden, und es gibt Betonbauten, die in den Boden eingelassen sind. Ich hatte erst angenommen, dass es sich um Stützmauern handelt oder unterirdische Regentanks, aber es könnte auch ein Laboratorium drinstecken.«
Scobie Sutton dachte darüber nach, als er den Wagen einparkte.
»Die klauen gern Grippetabletten und bereiten sie im Labor auf.«
Challis nickte. Sie überquerten die Asphaltfläche zum Hintereingang des Reviers.
»Wollte Lister also das fertige Produkt abholen lassen«, fuhr Sutton fort, »oder bekam er gerade eine Lieferung Grippetabletten?«
»Das werden wir wohl nie erfahren, Scobie«, sagte Ellen. Manchmal hatte sie Sutton wirklich satt.
Challis blieb unvermittelt stehen. Die anderen rempelten ihn an.
»Hal?«, fragte Ellen und hielt sich mit einer Hand an seinem Oberarm fest.
»Der Strand.«
»Was ist damit?«
»Kilometerlange Küste«, sagte Challis, »aber abgesucht haben wir noch nichts davon. Wir haben am falschen Ort nach Munro gesucht.«
40
»Du frierst dir die Titten ab hier draußen«, sagte Tankard und zog gegen den eisigen Wind die Schultern hoch. Halb fünf nachmittags an einem warmen Herbsttag; warum war es dann hier am Strand so kalt?
Er stapfte zusammen mit Pam Murphy weiter, sah auf ihre Brust, um vielleicht einen Blick auf ihre steifen Brustwarzen zu erhaschen – zu viele Klamotten an –, und dann in ihr Gesicht, um festzustellen, wie sie seine Bemerkung aufnahm. Nicht das kleinste Grinsen. Sie suchte unermüdlich die Teebäume nach Spuren von Ian Munro ab. Vielleicht hatte er ja im Buschland ein Zelt aufgeschlagen? Tankard hatte nach seinem tränenreichen Besuch bei ihr neulich gehofft, sie würde es heute mit ihm ein wenig ruhiger angehen lassen. Noch immer konnte er ihren tröstenden Arm um seine Schultern spüren und das Puder in ihrem Morgenmantel riechen, bevor sie Jeans und Windjacke angezogen hatte.
Und nun steckte sie in einer Uniform, die so steif, unpraktisch und fehl am Platze war wie seine eigene, stapfte weiter, bekam ab und zu Sand in die Schuhe, fluchte gelegentlich und kümmerte sich nicht um ihn. Aus heiterem Himmel dachte er: Was muss ich tun, damit du dich in mich verliebst?
Liebe? Jetzt gehst du aber ’n bisschen weit, Kumpel.
Also zog Tankard die Schulter noch ein wenig höher, vergrub die Hände in den Taschen und versuchte dem Seegras und dem Hundedreck auszuweichen. Er war noch nie ein Strandmensch gewesen, und den Strandabschnitt hier hatte er noch nie gesehen. Penzance Beach schien fließend in Myers Point überzugehen, aber auf der Landkarte waren es zwei verschiedene Orte. Auf den Klippen stand eine Hand voll teurer Ferienhäuser, doch die meiste Zeit sah er nur die flachen Bereiche dazwischen, wo in kleinen Teebaumhainen winzige Holzhütten direkt am Strand standen.
Ihre Aufgabe bestand darin, überall anzuklopfen und nach Lebenszeichen oder Einbruchsversuchen in den offenkundig leeren Häusern zu suchen, alle Höhlen in den Klippen abzuklappern, an denen sie vorbeikamen, den Jachtclub zu überprüfen, nachzuschauen, ob jemand campte, mit den Leuten zu reden. Andere uniformierte Einheiten suchten die leeren Küstenstreifen bis nach Point Leo in der einen und dem Marinestützpunkt in der anderen Richtung ab. Sergeant van Alphen hatte bei der Einweisung gesagt, das CIB habe Special Operations gebeten, die Küste abzusuchen, doch das war schulterzuckend abgelehnt worden, also war die Polizei von Waterloo auf sich gestellt. Die Rückendeckung bestand aus zwei Streifenwagen, die in Funkkontakt miteinander standen.
Es war Herbst, ein eisiger Wind wehte von der Bucht herein, und die Gegend war praktisch menschenleer. Alle Ferienhäuser waren verrammelt, im Jachtclub flickte ein alter Mann ein zerrissenes Segel, das Gestrüpp der Teebäume war undurchdringlich, ein, zwei Rentner führten ihre Hunde spazieren, das war schon alles.
»Die Leute haben alle mehr Verstand als wir, heute am Strand herumzuspazieren«, sagte Tankard. »Ziemlich weit hergeholt, wenn du mich fragst.«
Pam
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