Flurfunk (German Edition)
dafür gesorgt. Nachdem Lena sich ihren Ring gekauft und von Ina verabschiedet hatte, machten wir uns auf den Heimweg.
Wie gern hätte ich Justus angerufen und seine Stimme gehört, verbat es mir jedoch. Schließlich hatte ich erst nachmittags angerufen, und jetzt war er an der Reihe.
Als ich wenig später im Bett lag und noch las, hörte ich plötzlich einen mir bekannten Ton. Justus hatte eine SMS geschickt, die besagte, dass er sich auf Samstag freue und es kaum abwarten könne. Er hatte mir Adresse und Uhrzeit mitgeschickt. Beruhigt schlief ich ein.
zehn »Hallo, mein Name ist Charlotte Rosenzweig. Ich bin mit Justus Staufen verabredet.« Es war Samstag. Aufgedonnert und tierisch nervös, war ich mit dem Auto vor die bewachte Schranke gefahren, wo man mich nicht durchlassen wollte, da ich keinen Passierschein für meinen Wagen hatte.
»Parken Sie bitte da hinten, und kommen Sie dann wieder«, gebot mir ein finster dreinblickender, durchtrainierter Typ mit rasierten Haaren, ganz in Schwarz gekleidet und mit dem gelben Schriftzug »Security« auf der Brust. Er gehörte zu der Sorte Aufpasser, mit der man sich besser nicht anlegte, hatte einen Body und einen Ohrring, auf die selbst Meister Proper neidisch gewesen wäre, und wenn hinter ihm spontan der Indianer von Village People hervorgesprungen wäre, hätte mich das auch nicht gewundert. Ich tat, wie mir geheißen wurde, und stand einige Minuten später noch aufgeregter an der Schranke. Zu allen Seiten hin hielt ich nach Justus Ausschau, schließlich hatte er gesagt, er würde mich abholen. Heute würden wir uns also zum ersten Mal in der Öffentlichkeit treffen, und ich war mehr als unsicher. Wie würde er mich vorstellen? Würde er mich küssen oder mich nur wie eine gute Freundin behandeln? Lena hatte mir eingeschärft, mich auf keinen Fall nervös machen zu lassen, und mir einen beruhigenden Bergkristall in die Tasche gesteckt.
»Lotte, und wenn er dir nicht gleich vor der gesamten Mannschaft um den Hals fällt und dich als die Liebe seines Lebens vorstellt, heißt das nicht, dass er dich nicht mehr will, okay? Hast du dir das vergegenwärtigt?«
Natürlich hatte ich das. Ob es allerdings etwas nutzte, würde sich zeigen.
Während Lena immer langsamer und ruhiger gesprochen hatte –
sie hatte sich einen Wochenend- und Sonnenscheinjoint gebastelt – ,war ich zu einem reinen Nervenbündel mutiert.
»Du solltest definitiv mit Kiffen anfangen, dein Nervenkostüm und Solarplexus scheinen dein Leben alleine nicht zu bewältigen.«
»Und du solltest bitte den Kühlschrank wieder füllen, wenn deine kiffbedingte Heißhungerattacke wieder vorbei ist, wir haben nämlich fast gar nichts Essbares mehr im Haus.«
Wenn meine Eltern wüssten, dass Lena in ihrer Wohnung regelmäßig kiffte, hätten sie bereits den Bundesgrenzschutz eingeschaltet. Hasch war für meine Eltern das, was Schwule für Papst Johannes Paul waren, nämlich Sodom und Gomorrha. In ihrer Vorstellung waren Kiffer im schwerstkriminellen Milieu angesiedelt, die sich à la Christiane F. bevorzugt in Bahnhofsgegenden rumtrieben und in ihrer freien Zeit, wenn sie nicht gerade mit Dealen oder Klauen beschäftigt waren, als Freizeitterroristen Molotowcocktails bastelten und planten, damit Atomkraftwerke außer Gefecht zu setzen.
Da Justus immer noch nicht auftauchte, wandte ich mich noch mal an den Meister-Proper-Verschnitt, der mich an eine aufgetakelte, Versace tragende Pressereferentin mit genervt schnippischem Gesichtsausdruck verwies, die alle Journalisten betreute. Was ich bei ihr sollte, war mir zwar nicht klar, aber vielleicht lief das so beim Film.
Die Pressetante fragte mich ungeduldig nach meinem Namen.
Was waren die alle sympathisch hier!
Bereitwillig wiederholte ich.
»Mein Name ist Charlotte Rosenzweig, ich bin mit Justus Staufen verabredet, und zwar privat, deshalb werden Sie mich auch nicht auf Ihrer Liste finden.«
Zu meinem Erstaunen wusste sie jedoch sofort, wer ich war.
»Sie sind von TV -plus . Ich weiß Bescheid.« Das war ja mal gut organisiert! Justus hatte sich wohl um alles gekümmert. Wo aber steckte er nur? Wieso begrüßte er mich nicht?
Plötzlich tauchte ein blonder, sympathisch aussehender Mann Anfang dreißig auf und kam direkt auf mich zu.
»Du musst Charlotte sein. Ich bin Kai Hubertus und werde dich ein wenig herumführen. Justus ist noch beschäftigt.«
Das nennt man Service! Kai machte einen sehr netten Eindruck. In welchem Verhältnis er wohl zu Justus
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