Flurfunk (German Edition)
Annabelle-Leiniger-Interview vorbereitet?«, rief Felix aus seinem Büro.
Natürlich hatte ich das, obwohl noch fast zwei Wochen Zeit war. Wieso fragte Felix jetzt schon danach? War doch massig Luft! Er winkte mich zu sich in sein Büro.
Fragend sah ich ihn an.
»Es geht gar nicht um das Interview! Ich wollte dich nur unauffällig hierher lotsen. Weißt du, was mit Mimi los ist? Sie gefällt mir überhaupt nicht! Hat sie dir etwas gesagt?«
Es war kein Geheimnis, dass Felix für Mimi schwärmte. Sie schien es aber nicht zu merken oder ging einfach nicht darauf ein. Wäre vielleicht auch etwas viel verlangt bei den Horden von Verehrern! Ich musste schmunzeln. Felix, der supercoole Producer mit tätowiertem Oberkörper und Augenbrauenpiercing, der aus Überzeugung Punkrock hörte und auch ansonsten nicht gerade zimperlich mit Sprüchen war, war ein richtiges Seelchen! Erst hatte er sich rührend um mich, dann um Imka gekümmert, und nun sorgte er sich um seine angebetete Mimi. Natürlich alles immer auf eine abgeklärte Art, aber gleichzeitig liebevoll.
»Keine Ahnung, Felix. Tim und ich haben uns auch schon gefragt, weshalb sie so neben der Spur ist, aber Mimi kann ja sehr verschlossen sein.«
Felix nickte zustimmend.
»Allerdings. Tu mir ’nen Gefallen, Lotte, wirf ein Auge auf sie und lenk sie ein wenig ab, ja?«
»Mach ich doch eh.«
Allerdings fiel es mir schwer, Mimi abzulenken, da ich selbst dringend Ablenkung gebraucht hätte, denn von Justus kam erst mal kein Lebenszeichen. Und ich würde mich garantiert nicht melden, schließlich war er dran, und mein Stolz verbat mir, eine SMS zu schicken. Natürlich wusste ich, wie hektisch es auf einer Promotour sein konnte. Immer war man von Managern, Presseleuten, Eventmanagern etc. umgeben, die Termine waren mehr als eng geplant, die Überlappungen kamen zwangsläufig, und damit rannte man von Interview zu Fototermin, um den Zeitplan noch einigermaßen einzuhalten. Da war oft für gar nichts Zeit, nicht einmal für essen. Man musste sich das vor Augen führen, wie anstrengend ein Leben auf Tour, sei es Promotour oder Konzerttour, sein konnte. Jetlagged , fern der Heimat, fern von irgendeinem vertrauten Gesicht, in Ländern, die ungewöhnliche Toiletten hatten und wo die Wasserhähne nach einer anderen Technik funktionierten, und dann reden, lachen, flirten ohne Unterlass. Natürlich gab es dafür viel Geld, aber das vergaß man auf so einer Tour, wenn man einfach nur mal seine Ruhe haben wollte – es war einem in dem Moment auch ziemlich gleichgültig. Okay, das rechtfertigte nicht Forderungen nach acht Wochen alten Hundewelpen als Hintergrundkulisse für ein Interview oder dass der gesamte Flur menschenleer sein musste, wenn der Star von seiner Umkleide ins Studio ging. Auf solche Aktionen konnte man gern verzichten. Aber das Showbiz wäre ohne die Spleens und Extrawünsche der Promis nicht annähernd so spannend, bunt und schillernd!
Nein, auch wenn bei TV -plus solche Geschichten gern kopfschüttelnd weitergereicht wurden, war es doch genau das, was alle erleben wollten, oder wollte mir einer ernsthaft versichern, ihn habe schon immer interessiert, wie so ein Satellitenlink technisch eigentlich funktionierte, und das sei der Grund, weshalb er beim Fernsehen sei?
Nein, wir alle wollten, wie kürzlich geschehen, als komplettes Team von der generösen, manisch-depressiven Diva nach einem Dreh spontan nach Paris eingeladen, im Privatjet und mit eigener Limousine herumkutschiert werden und auf eine exzessive Party gehen, die Robbies Come-Undone-Videoversion wie Kinderfasching wirken ließ.
»Lotte, dein Handy klingelt!«
Als ginge es um mein Leben, rannte ich zu meinem Platz, nur um Zeuge zu werden, wie das Klingeln verstummte! Ich schaute auf das Display: ein Anruf in Abwesenheit. Mist! Keine Nummer!
Was, wenn Justus gerade versucht hatte, mich von irgendeinem Telefon aus zu erreichen?
Wie sollte ich dieses Martyrium bis Mittwochabend durchstehen?
fünfzehn »Lena, was ziehe ich nur an?« Ich riss ein Kleidungsstück nach dem anderen aus dem Schrank. »Was ist, wenn er überhaupt nicht kommt? Was ist, wenn es aus ist und ich nie mehr über ihn hinwegkomme?«
Es war offensichtlich: In meinem Kopf lief mal wieder eines meiner Kleist’schen Katastrophenplanspiele ab. Kein Wunder! Es war bereits Mittwochabend, ich hatte seit Sonntag nichts mehr von Justus gehört! Einmal war ich schwach geworden und hatte ihn angerufen. Aber seine Mailbox war
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